Für die Beurteilung der Frage, ob eine gewährte Steuervergünstigung nachträglich zu versagen ist, ist von Bedeutung,

  • ob es sich um eine homogene, z. B. der Formwechsel einer OHG in eine KG, oder heterogene (Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft) formwechselnde Umwandlung handelt und
  • ob die grundstückserwerbende oder grundstücksübertragende Gesamthand umgewandelt wird.

5.3.1 Formwechselnde Umwandlung der grundstückserwerbenden Gesamthand

5.3.1.1 Homogene formwechselnde Umwandlung

Die homogene formwechselnde Umwandlung der grundstückserwerbenden Gesamthand in eine andere Gesamthand lässt die gesamthänderische Mitberechtigung unberührt. Der Tatbestand des § 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG ist nicht erfüllt und der formgewechselte Rechtsträger führt eine bereits laufende Überwachungsfrist von 10 Jahren fort.

5.3.1.2 Heterogene formwechselnde Umwandlung

Die heterogene formwech­selnde Umwandlung der grund­stück­s­er­wer­benden Gesamthand in eine Kapital­ge­sell­schaft führt zu einer rückwir­kenden Versagung der Steuer­ver­güns­tigung, da die Beteiligung am Vermögen der Gesamthand entfällt.

 
Praxis-Beispiel

Umwandlung einer OHG in eine GmbH[1]

A überträgt ein Grundstück auf eine OHG, an deren Vermögen er und B zu jeweils 50 % beteiligt sind. Innerhalb von 10 Jahren wird die OHG in eine GmbH formwechselnd umgewandelt.

Die Steuer für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung wird nach § 5 Abs. 2 GrEStG (zunächst) i. H. v. 50 % nicht erhoben. Durch die formwechselnde Umwandlung geht die Beteiligung am Vermögen der Gesamthand verloren. Die Steuervergünstigung ist rückwirkend zu versagen.[2] Die Steuerfestsetzung ist wegen des Eintritts eines rückwirkenden Ereignisses zu ändern.[3]

5.3.2 Formwechselnde Umwandlung des grundstücksübertragenden Gesamthänders

5.3.2.1 Homogene formwechselnde Umwandlung

Die homogene formwechselnde Umwandlung des grundstücksübertragenden Gesamthänders führt nicht zur Anwendung des § 5 Abs. 3 Satz 1 bzw. des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG. Der formgewechselte Rechtsträger führt eine laufende 10-Jahresfrist fort. Nachfolgende mittelbare Gesellschafterwechsel sind nur bei doppelstöckigen Personengesellschaften von Bedeutung.

 
Praxis-Beispiel

Formwechselnde Umwandlung der übertragenden Gesellschaft

Eine GbR, an deren Vermögen die Gesellschafter A mit 20 %, B mit 30 % und C mit 50 % beteiligt sind, überträgt im Jahr 01 ein Grundstück auf eine KG. Am Vermögen der KG sind Z mit 10 % und die GbR mit 90 % beteiligt. Im Jahr 03 erfolgt eine formwechselnde Umwandlung der GbR in eine OHG. Im Jahr 04 überträgt C seinen Anteil an der OHG auf D.

Schaubild

Quelle: BStBl 2015 I S. 1092 Rz. 7.3.2.1

Lösung:

  • Jahr 03:

    Die homogene formwechselnde Umwandlung des übertragenden Rechtsträgers (GbR) führt nicht zur Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG. Der formgewechselte Rechtsträger (OHG) führt die bereits laufende 10-Jahresfrist fort.

  • Jahr 04:

    Das Ausscheiden des C innerhalb des 10-Jahreszeitraums führt zu einer rückwirkenden Versagung der Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG i. H. v. 45 % (50 % von 90 %). Die Steuerfestsetzung ist zu ändern.[1]

    Die Überwachung der Festsetzung ist in Bezug auf die unveränderte Beteiligung i. H. v. 45 % (für A und B) bis zum Ablauf des 10-Jahreszeitraums fortzusetzen.

 
Praxis-Beispiel

Formwechselnde Umwandlung der übertragenden Gesellschaft

Eine GbR, an deren Vermögen die Gesellschafter A mit 20 %, B mit 30 % und C mit 50 % beteiligt sind, überträgt im Jahr 01 ein Grundstück auf eine KG. Am Vermögen der KG sind A mit 10 % und die GbR mit 90 % beteiligt. Im Jahr 03 erfolgt eine formwechselnde Umwandlung der GbR in eine OHG. Im Jahr 04 überträgt C seinen Anteil an der OHG auf D.

Schaubild

Lösung:

  • Jahr 01:

    Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Grund­stücks­über­tragung wird die Steuer nach § 6 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG i. H. v. 92 % nicht erhoben, weil insoweit die Gesamt­händer der GbR und der KG identisch sind und ihre Betei­li­gungshöhe überein­stimmt. Danach berechnet sich die Höhe der Vergüns­tigung wie folgt:

     

    Berechnung der Vergünstigung

      Beteiligt an

    Vergünstigung nach § 6 Abs. 3 GrEStG,

    soweit Beteiligungshöhe identisch
    GbR KG
    A 20 % 28 % (10 % + [20 % von 90 %]) 20 %
    B 30 % 27 % (30 % von 90 %) 27 %
    C 50 % 45 % (50 % von 90 %) 45 %
    Summe 100 % 100 % 92 %
  • Jahr 03:

    Die formwech­selnde Umwandlung des übertra­genden Rechts­trägers (GbR) führt nicht zur Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG. Der formge­wech­selte Rechts­träger (OHG) führt die berei...

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