Leitsatz
Obwohl der BFH die Frage, ob eingetragene Lebenspartner zusammen zur ESt zu veranlagen sind, bereits entschieden hat, wird die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, da gegen entsprechende BFH-Urteile nicht von vornherein aussichtslose Verfassungsbeschwerden erhoben wurden, sodass die Frage noch nicht endgültig geklärt ist.
Normenkette
§ 26b EStG, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO
Sachverhalt
Der Kläger lebt mit seinem Partner in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Er wendet sich gegen die Einzelveranlagung und erstrebt die Zusammenveranlagung mit seinem Partner. Das FG wies die Klage ab und ließ die Revision nicht zu (FG München, Urteil vom 13.12.2006, 1 K 4023/05, Haufe-Index 1699093, EFG 2007, 684).
Entscheidung
Der BFH hebt hervor, dass er nach wie vor nicht von der Verfassungswidrigkeit der geltenden Rechtslage überzeugt ist, und verweist auf seine ablehnende Auffassung in drei aktuellen Entscheidungen (BFH, Urteile vom 26.01.2006, III R 51/05, BFH/NV 2006, 1192, BFH/PR 2006, 230; vom 20.07.2006, III R 8/04, BFH/NV 2006, 1966, BFH/PR 2006, 433 und vom 19.10.2006, III R 29/06, BFH/NV 2007, 663). Gleichwohl ließ er im Hinblick auf die gegen zwei dieser Urteile eingelegten Verfassungsbeschwerden die Revision zu. Diese sind nach Auffassung des BFH nicht von vornherein aussichtslos (Az. BVerfG, 2 BvR 909/06; 2 BvR 288/07).
Hinweis
1. Entgegen mancher Äußerung handelt es sich bei dem Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht um eine vage Generalklausel, die die Entscheidung in das Belieben des FG – oder bei Nichtzulassung durch das FG – des BFH stellt und ein freies Zulassungs- bzw. Annahmeermessen einräumt.
Das Gesetz verwendet vielmehr einen überkommenen, hinreichend eingrenzbaren und durch die Rechtsprechung in den verschiedenen Gerichtszweigen konturierten Rechtsbegriff, dessen Voraussetzungen im Einzelnen vorliegen und vom FG und BFH geprüft bzw. zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde dargelegt werden müssen. Grundsätzliche Bedeutung setzt danach insbesondere voraus:
- Klärungsfähigkeit; die Rechtsfrage muss entscheidungserheblich sein, d.h. die Ausführungen des FG müssen seine Entscheidung tragen und die Frage muss voraussichtlich in dem nachfolgenden Revisionsverfahren vom BFH entschieden werden.
- Klärungsbedürftigkeit; die Bedeutung der Sache muss über den konkreten Einzelfall hinausgehen und in dem Sinn ungeklärt sein, dass sie von der Rechtsprechung, im Fachschrifttum oder von der Verwaltung unterschiedlich beantwortet wird.
2. Klärungsbedarf ist regelmäßig zu verneinen, wenn die Rechtsfrage in der Rechtsprechung des BFH bereits geklärt ist und in der Beschwerdebegründung keine neuen – nicht abwegigen – Gesichtspunkte vorgetragen werden (z.B. BFH, Beschluss vom 05.10.2007, IV B 125/06, BFH/NV 2008, 353). Deshalb rechtfertigt allein der Umstand, dass die Rechtsauffassung des BFH in Parallelverfahren mit Verfassungsbeschwerden angegriffen wird, nach der bisherigen Rechtsprechung generell nicht die Zulassung der Revision (z.B. BFH, Beschluss vom 20.12.2006, I B 141/05, BFH/NV 2007, 928).
3. Neuerdings anerkennt der BFH gleichwohl weiteren Klärungsbedarf im Hinblick auf anhängige Verfassungsbeschwerden. Auch wenn die mit der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Rechtsfrage vom BFH bereits eindeutig und sogar mehrfach abschlägig entschieden wurde und er keine Veranlassung sieht, von dieser Auffassung abzuweichen, ist die Revision gleichwohl wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, wenn die eingelegten Verfassungsbeschwerden nicht von vornherein als aussichtslos erscheinen.
Der Kläger hat in einem solchen Fall einen Anspruch entweder auf eine weitere Entscheidung des BFH, damit er selbst Verfassungsbeschwerde erheben kann, oder auf eine Aussetzung des Revisionsverfahrens bis zur Entscheidung des BVerfG über die in den Parallelverfahren anhängigen Verfassungsbeschwerden.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 14.12.2007, III B 25/07