FinMin Brandenburg, Erlaß v. 22.02.1995, 32 - S 3219a - 5/94
Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der neuen Länder vertreten zu verschiedenen Zweifelsfragen im o. g. Zusammenhang folgende Auffassung:
1. Grundsteuerpflicht der Treuhandanstalt (THA) bzw. ihrer Rechtsnachfolger
Die Treuhandanstalt bzw. ihre Rechtsnachfolger sind nach den allgemeinen Vorschriften des Grundsteuergesetzes zur Grundsteuer heranzuziehen. Eine Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrStG kommt nicht aus dem Grund in Betracht, dass ein gesetzlicher Auftrag der THA bzw. ihrer Rechtsnachfolger im öffentlichen Interesse besteht; vielmehr stellt § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrStG auf den konkreten Zweck oder Gebrauch des Grundbesitzes ab.
Die THA war in der Regel nicht selbst Eigentümerin der von ihr verwalteten Grundstücke. Wer nach Inkrafttreten des EV Eigentümer geworden ist, entscheidet sich vielmehr nach den allgemeinen Verteilungsregeln, z. B. nach Art. 21 und 22 EV, § 11 Abs. 2 TreuhG und den zu diesem Gesetz ergangenen Durchführungsverordnungen.
Ein Vermögensübergang auf die THA hat nach diesen Vorschriften insbesondere stattgefunden
- hinsichtlich des Vermögens des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit (MfS/AfNS), soweit es in der Zeit vom 1. Oktober 1989 bis 30. September 1990 nicht neuen sozialen oder öffentlichen Zwecken zugeführt wurde;
- bei ehemals volkseigenen land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen. War ein volkseigenes Grundstück bereits am 3. Oktober 1990 nicht mehr land- und forstwirtschaftlich genutzt, so gelten die allgemeinen Verteilungsregeln der Art. 21 und 22 EV. Soweit Verwaltungsvermögen vorliegt, ist es der entsprechenden Gebietskörperschaft zuzurechnen.
- bei Grundstücken, die die THA bei Privatisierungen von Betrieben entweder zurückbehalten oder durch Kauf vom Erwerber des Betriebs erworben hat. Es handelt sich dabei regelmäßig um nicht betriebsnotwendige Grundstücke. Sofern die Grundstücke im Wege der Spaltung usw. in das Vermögen anderer Kapitalgesellschaften gelangt sind, sind sie diesen zuzurechnen.
Die THA ist mit Ablauf des Jahres 1994 aufgelöst worden. Rechtsnachfolgerin ist grundsätzlich die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BVS). Das Grundstückseigentum an nicht land- und forstwirtschaftlichen Flächen ist auf die Liegenschaftsgesellschaft der Treuhandanstalt (TLG) übergegangen. Diese hat regelmäßig Geschäftsbesorgungsverträge mit verschiedenen Verwaltern geschlossen, die auch die steuerlichen Aufgaben erfüllen. Solange diese Verwalter den Finanzämtern nicht bekannt werden, sind Einheitswert- und Grundsteuermessbescheide an die zuständigen TLG-Geschäftsstellen zu richten.
Das Eigentum an land- und fortwirtschaftlichen Nutzflächen i. S. d. Dritten DVO zum TreuhG verblieb gem. § 1 Abs. 2 der Treuhandliegenschaftsverordnung vom 20. Dezember 1994 bei der THA, ist also zum Jahreswechsel 1994/1995 auf die BVS übergegangen. Diese hat die Verwaltung der Grundstücke auf die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) übertragen. Soweit die Flächen zum Feststellungszeitpunkt mangels Zugehörigkeit zu einer land- und forstwirtschaftlichen Nutzungseinheit nicht dem Nutzerprinzip (§§ 125 ff. BewG) unterliegen, sind Grundsteuermessbescheide an die BVVG unter Zurechnung auf die BVS zu richten.
2. Grundsteuerpflicht der Bundesrepublik Deutschland
Die Bundesrepublik ist mangels persönlicher Befreiung grundsteuerpflichtig nach den allgemeinen Vorschriften des GrStG. Das nach Art. 21 Abs. 1, 2 und 3, 1. Halbsatz EV ihr zugefallene Verwaltungsvermögen kann aber nach § 3 Abs. 1 GrStG je nach seiner Nutzung sachlich steuerbefreit sein.
In das Vermögen der Bundesrepublik ist nach den einigungsvertraglichen Bestimmungen auch das frühere Reichsvermögen übergegangen (Art. 21 Abs. 3, 2. Halbsatz und Art. 22 Abs. 1 Satz 7 EV).
Ebenfalls in das Vermögen des Bundes gefallen ist nach Art. 22 EV das Finanzvermögen, d. h., das öffentliche Vermögen, das nicht unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben diente. Soweit Art. 22 hier von Treuhandverwaltung des Bundes spricht, ist dies dahingehend zu verstehen, dass der Bund treuhänderischer Eigentümer der in die Treuhandverwaltung fallenden Vermögenswerte ist. Da diese Stellung auch die Befugnis einschließt, Verfügungen über das Vermögen zu treffen, ist der entsprechende Grundbesitz dem Bund als Grundsteuerschuldner zuzurechnen.
Ausnahmen von dieser Regel der Zurechnung des Finanzvermögens auf den Bund stellen das Finanzvermögen der Sozialversicherung, das ehemals für MfS/AfNS-Zwecke genutzte Finanzvermögen und das kommunale Finanzvermögen nach § 1 Abs. 1 S. 2 und 3 TreuhG dar.
Schließlich fallen in das Vermögen des Bundes diejenigen ehemals volkseigenen Grundstücke, hinsichtlich deren die politischen Parteien oder die mit ihnen verbundenen Organisationen, juristischen Personen oder Massenorganisationen der DDR Rechtsträger (nicht: Eigentümer) waren. Auch hier erschöpft sich die Rechtsposition des Bundes nicht in einer schlichten Verwa...