Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
3.1 Reinertragsminderung bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft
Der Gesetzgeber setzt für den Erlass nach § 33 GrStG voraus, dass die in den Anlagen 27 – 32 zum BewG normierten – standardisierten – Reinerträge anhand der tatsächlichen Umstände vermindert sind. Dies folgt aus dem Gesetzesfolgenverweis in § 33 Abs. 1 Satz 3 GrStG auf § 236 Abs. 3 Satz 1 – 2 GrStG. Die tatsächliche Minderung der Ertragslage wird insoweit auf die für den Hauptfeststellungszeitraum maßgebenden Reinerträge übertragen.
Das Ausmaß der Reinertragsminderung ergibt sich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem
- tatsächlichen – standardisierten – Reinertrag und
- dem betriebsindividuellen tatsächlichen Reinertrag unter Berücksichtigung der tatsächlich geminderten Ertragslage
im Wirtschaftsjahr (= Erlasszeitraum).
Die Minderung des Reinertrags ist in einem %-Satz des tatsächlichen Reinertrags anzugeben.
Nachweispflicht
Die Nachweispflicht einer Reinertragsminderung gegenüber der Gemeinde obliegt dem Grundstückseigentümer.
3.2 Rohertragsminderung bei bebauten Grundstücken
Die Minderung des normalen Rohertrags ergibt sich aus dem Unterschiedsbetrag aus dem
- normalen Rohertrag zu Beginn des Erlasszeitraums, d. h. der nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzten üblichen Jahresrohmiete, und
- dem im Erlasszeitraum tatsächlich erzielten Rohertrag.
Die Minderung des Rohertrags ist in einem Prozentsatz des normalen Rohertrags anzugeben.
Zum tatsächlichen Rohertrag gehören grundsätzlich alle Entgelte, die der Mieter für die Benutzung des bebauten Grundstücks im Erlasszeitraum entrichtet hat. Neben der sog. Grundmiete gehören hierzu insbesondere auch Mieteinnahmen für Nebengebäude (z. B. Garagen), Stellplätze, Untermietzuschläge sowie Baukostenzuschüsse und Mietvorauszahlungen, soweit sie auf die Miete anzurechnen sind.
Einnahmen aus der Überlassung von Betriebsvorrichtungen und Einrichtungsgegenständen (z. B. bei der Vermietung möblierter Wohnungen) sowie die zur Deckung der Betriebskosten gezahlten Umlagen sind hingegen nicht in den Rohertrag einzubeziehen.
Rohertragsminderung für gesamtes Objekt zu ermitteln
Bei der Ermittlung des Ausmaßes der Rohertragsminderung ist nicht nur auf einzelne vermietete Wohnungen abzustellen, sondern stets auf das gesamte Objekt. Für eigengenutzte Gebäudeteile, die nicht eigengewerblich genutzt werden, ist daher dem tatsächlichen Rohertrag ein fiktiver Rohertrag des eigengenutzten Teils des bebauten Grundstücks hinzuzurechnen. Dieser fiktive Rohertrag ist in Anlehnung an die Jahresrohmiete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird.
Um einen Anspruch auf Erlass der Grundsteuer i. H. v. 25 % – erste Billigkeitsstufe – zu begründen, muss der normale Rohertrag um mehr als 50 % gemindert sein.
50 %-Grenze überschritten
Für ein Grundstück mit 1.500 qm Nutzfläche beträgt die übliche Jahresrohmiete 7 EUR/qm monatlich (s. o.). Der normale Rohertrag beträgt damit 126.000 EUR pro Jahr. Das Grundstück ist aber nur mit einer Teilfläche von 600 qm (= 40 %) vermietet; die Nicht-Vermietung der restlichen Teilfläche von 900 qm (= 60 %) hat der Steuerpflichtige nicht zu vertreten.
Die anteilige Vermietung führt zu Mieteinnahmen von 50.400 EUR. Die Ertragsminderung beträgt 75.600 EUR, d. h. 60 % des normalen Rohertrags. Die Wesentlichkeitsgrenze von 50 % ist damit überschritten; die Grundsteuer ist auf Antrag um 25 % zu erlassen.
Der normale Rohertrag muss um 100 % gemindert sein, um einen Anspruch auf Erlass der Grundsteuer i. H. v. 50 % – zweite Billigkeitsstufe – zu begründen.
Grundstück ganzjährig ertragslos
Der normale Rohertrag für ein 1.000 qm großes Grundstück beträgt 84.000 EUR (s. o.). Es werden ganzjährig keine Mieterträge erzielt und der Steuerpflichtige hat dies auch nicht zu vertreten, da er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um den Leerstand zu vermeiden bzw. zu beseitigen.
Da die Ertragsminderung 100 % beträgt, ist die Grundsteuer auf Antrag um 50 % zu erlassen.