Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
1. Der Tatbestand des § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG ist grundstücksätzlich für jede einzelne vermietete Immobilie gesondert zu prüfen.
2. Vermietet ein Steuerpflichtiger aufgrund einheitlichen Mietvertrags ein bebautes zusammen mit einem unbebauten Grundstück, so gilt die § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zugrunde liegende Typisierung der Einkünfteerzielungsabsicht bei auf Dauer angelegter Vermietungstätigkeit grundsätzlich nicht für die Vermietung des unbebauten Grundstücks (Ergänzung zum BFH-Urteil vom 28.11.2007, IX R 9/06, BFH/NV 2008, 641, BFH/PR 2008, 191).
Normenkette
§ 9 Abs. 1, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1. EStG
Sachverhalt
Herr K. hatte zwei Grundstücke erworben und den Kaufpreis voll fremdfinanziert. Er hatte – wie sich bereits unter Nr. 1 der Praxishinweise ergibt – diese beiden Grundstücke (ein unbebautes und ein mit einem Einfamilienhaus bebautes) durch einen Mietvertrag zur Nutzung überlassen. Im Fall einer Bebauung sollte der Mieter auf die Nutzung des unbebauten Grundstücks verzichten. Das FA erkannte die auf das unbebaute Grundstück entfallenden Zinsen mangels Einkünfteerzielungsabsicht nicht als Werbungskosten an.
Auch das FG folgte dem Begehren des K nicht, die Vermietungstätigkeit auf beide Grundstücke zu beziehen (FG München, Urteil vom 13.09.2006, 11 K 1802/02, Haufe-Index 1839481, EFG 2008, 207).
Entscheidung
Der BFH bestätigte dem FG: Danach konnte die Einkünfteerzielungsabsicht nur hinsichtlich des bebauten Grundstücks ungeprüft angenommen werden, während sie in Bezug auf das unbebaute Grundstück zu prüfen war. Eine Abweichung vom Grundsatz der objektbezogenen Prüfung war hier nicht angezeigt. Im Gegenteil: Nach dem Mietvertrag war die Beendigung des Mietverhältnisses für das unbebaute Grundstück (nicht für das bebaute Grundstück) im Fall einer Bebauung vorgesehen. So gehen selbst die Vertragsparteien von zwei verschiedenen Objekten aus.
Hinweis
1. Vermietet jemand zwei nebeneinander liegende Grundstücke, von denen eines mit einem Einfamilienhaus bebaut ist, durch einheitlichen Mietvertrag, so stellt sich die Frage, ob er auf beide Grundstücke bezogene Finanzierungsaufwendungen ohne Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht abziehen kann.
2. Den objektiven Tatbestand des § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG erfüllt, wer ein bestimmtes Objekt (Grundstück, Gebäude oder Gebäudeteil) vermietet. Neben einem Rechtsverhältnis (Mietvertrag) verlangt das Gesetz ein bestimmtes Objekt, auf das sich die Vermietungstätigkeit bezieht. Vermietet der Steuerpflichtige mehrere Grundstücke, so vermietet er mehrere Objekte, und jede Tätigkeit ist grundsätzlich für sich zu beurteilen. Das gilt auch, wenn er mehrere Immobilien aufgrund eines einheitlichen Mietvertrags überlässt.
3. Was ein Grundstück i.S.d. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG ist, gibt das Bürgerliche Recht vor: Es ist ein abgetrennter Teil der Erdoberfläche, der im Grundbuch als solcher geführt wird.
4. Was für den objektiven Tatbestand gilt, gilt auch für den subjektiven Tatbestand: Auch hier muss die Einkünfteerzielungsabsicht grundsätzlich objektbezogen beurteilt werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 26.11.2008 – IX R 67/07