Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
1.4.4.1 Schenkung und vorweggenommene Erbfolge
Wird ein Erbteil verschenkt und gehört zum Nachlass nur Privatvermögen, findet § 11d Abs. 1 EStDV Anwendung. Durch den unentgeltlichen Erwerb des Erbteils ist der Beschenkte in die Rechtsstellung des Schenkers eingetreten, die dieser innerhalb der Erbengemeinschaft innegehabt hat. Die anteilige AfA, die dem Beschenkten an den zum Nachlass gehörenden Wirtschaftsgütern des Privatvermögens zusteht, bemisst sich demzufolge (weil der Schenker ebenfalls unentgeltlich erworben hat) nach der AfA-Bemessungsgrundlage der Erbengemeinschaft. Der Beschenkte kann – anteilmäßig – nur noch das nicht bereits verbrauchte AfA-Volumen abschreiben.
1.4.4.2 Veräußerung eines Erbteils
Jeder Miterbe kann durch notariellen Vertrag seinen Erbteil verkaufen. In Erfüllung der Kaufverpflichtung kann der Miterbe über seinen Anteil am Nachlass ebenfalls durch notariellen Vertrag selbstständig verfügen. Der Erwerber tritt im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in die Stellung des Veräußerers innerhalb der Erbengemeinschaft ein und ist bei der Verwaltung, Auseinandersetzung und Ausgleichung wie ein Miterbe zu behandeln. Die anderen Erben können die Beteiligung eines fremden Erbschaftskäufers am Nachlass durch die Ausübung ihres Vorkaufsrechts verhindern.
Verkauft ein Miterbe seinen Erbteil und gehören zum Nachlass nur Gebäude des Privatvermögens, ist § 11d Abs. 1 EStDV nicht anwendbar. Der Erwerber muss seine AfA ausgehend von seinen Anschaffungskosten im Regelfall nach § 7 Abs. 4 EStG bemessen.
Wird ein Erbteil entgeltlich erworben und gehören mehrere Wirtschaftsgüter zum Nachlass, ist für die Aufteilung der Anschaffungskosten des Erbteils einer nach außen hin erkennbaren Zuordnung der Anschaffungskosten durch die Erben zu folgen, soweit die Aufteilung nicht zu einer unangemessenen wertmäßigen Berücksichtigung der einzelnen Wirtschaftsgüter führt.
Verkauft ein Miterbe seinen Erbanteil (Gebäude), ist ein Veräußerungsgewinn nur steuerpflichtig, wenn die Voraussetzungen des § 23 EStG vorliegen.
AfA-Splitting aufgrund Veräußerung eines Erbteils
E wird von seinen Söhnen A, B und C zu je 1/3 beerbt. Zum Nachlass gehört nur ein privates Mietwohngrundstück, das E für 1,25 Mio. EUR (Anteil Gebäude 1 Mio. EUR) erworben hatte. C veräußert seinen Erbteil zum 1.1.2023 für 350.000 EUR an D. Hiervon entfallen 280.000 EUR auf das Gebäude und 70.000 EUR auf den Grund und Boden. Im Zeitpunkt der Veräußerung hatte das Gebäude einen Restwert von 600.000 EUR.
Die AfA für das immer noch zum Nachlass gehörende Gebäude kann nicht mehr einheitlich vorgenommen werden. A und B haben als Miterben ihre Anteile an dem Grundstück unentgeltlich erworben. Sie müssen die AfA der Erbengemeinschaft anteilig fortführen. A und B können jährlich je 6.667 EUR (je 1/3 von 20.000 EUR) für den verbleibenden AfA-Zeitraum von 30 Jahren absetzen. D hat entgeltlich erworben. Die anteilige AfA des D bemisst sich nach seinen Anschaffungskosten. D muss seinen Gebäudeteil mit 2 % von 280.000 EUR, also mit jährlich 5.600 EUR, über 50 Jahre abschreiben, es sei denn, D weist eine kürzere Nutzungsdauer nach.