OFD Hannover, Verfügung v. 15.8.2006, S 7109 - 10 - StO 171
Bei der Übertragung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstücks (Betriebsgrundstück) auf einen Angehörigen sind verschiedene Gestaltungen bekannt geworden. Ergänzend zu Abschn. 24b Abs. 6 UStR ist die umsatzsteuerliche Beurteilung aller Beteiligten dargestellt. Dabei sind die ab 1.7.2004 geltenden Grundsätze berücksichtigt, die sich aus der Rechtsprechung des EuGH im Fall Seeling (Urteil vom 8.5.2003, Rs. C-269/00, BStBl 2004 II S. 378) und des nachfolgenden BFH (Urteil vom 24.7.2003, BStBl 2004 II S. 371) ergeben.
In den folgenden Sachverhalten war der Unternehmer bei Herstellung oder Erwerb des Betriebsgrundstücks zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt.
Sachverhalt 1
Ein Unternehmer überträgt seiner Tochter unentgeltlich ein Betriebsgrundstück. Aufgrund eines mit der Tochter geschlossenen Pachtvertrages verwendet der Unternehmer das Grundstück weiterhin für Zwecke seines Unternehmens.
Rechtliche Beurteilung beim Unternehmer
Der Unternehmer entnimmt das Grundstück aus seinem Unternehmen. Mit der Übertragung auf die Tochter endet die rechtliche Bindung des Grundstücks an den Unternehmer, so dass auch die Zuordnung des Grundstücks zu seinem unternehmerischen Bereich endet. An dieser Beurteilung ändert nichts, dass der Unternehmer das Grundstück weiterhin für Zwecke des Unternehmens verwendet. Denn diese Verwendung beruht nicht mehr auf der Zuordnungsentscheidung des Unternehmers, sondern auf der Entscheidung der Tochter, ihrem Vater das Grundstück zu verpachten, sowie auf der Entscheidung des Unternehmers, das Grundstück nunmehr im Rahmen eines schuldrechtlichen Nutzungsverhältnisses für sein Unternehmen zu verwenden. Die unentgeltliche Wertabgabe durch Entnahme ist steuerfrei (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG). Die Schenkung an die Tochter ist ein unter das Grunderwerbsteuergesetz fallender Vorgang. Der Unternehmer kann nicht nach § 9 UStG auf die Steuerfreiheit verzichten. Bei der unentgeltlichen Wertabgabe führt der Unternehmer keine Lieferung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen aus. Vielmehr ist die Entnahme eine vom Willen des Unternehmers gesteuerte Wertabgabe aus seinem Unternehmen. Damit haben sich die Verhältnisse geändert, die beim Erwerb des Grundstücks durch den Unternehmer für den Vorsteuerabzug maßgebend waren. Der Vorsteuerabzug ist ggf. nach § 15a UStG zu berichtigen (Abschn. 215 Abs. 8 Nr. 3 Buchst. a UStR 2005).
Rechtliche Beurteilung bei der Tochter
Die Tochter erbringt mit der Verpachtung des Grundstücks eine steuerbare und nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreie sonstige Leistung. Auf die Steuerfreiheit kann die Tochter unter den Voraussetzungen des § 9 UStG verzichten. Sie ist dann berechtigt, in den Pachtzinsabrechnungen Umsatzsteuer gesondert auszuweisen und ihr in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen.
Sachverhalt 2
Ein Unternehmer überträgt seiner Ehefrau unentgeltlich einen Miteigentumsanteil an einem steuerpflichtig vermieteten Betriebsgrundstück. Er verwendet das Grundstück aufgrund einer Vereinbarung mit der Ehefrau weiterhin für seine unternehmerischen Zwecke.
Rechtliche Beurteilung beim Ehemann
Der Ehemann entnimmt den auf die Ehefrau übertragenen Miteigentumsanteil am Grundstück seinem Unternehmen. Die unentgeltliche Wertabgabe durch Entnahme ist steuerfrei (Sachverhalt 1) und führt ggfs. zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs (Abschn. 215 Abs. 8 Nr. 3 Buchst. c UStR 2005). Hinsichtlich des dem Ehemann verbliebenen Miteigentumsanteils liegt keine unentgeltliche Wertabgabe vor. Er verwendet diesen Anteil weiterhin aufgrund seines Eigentumsrechts für unternehmerische Zwecke.
Rechtliche Beurteilung bei der Ehefrau
Überlässt die Ehefrau ihren Miteigentumsanteil entgeltlich an den Ehemann, erbringt sie eine steuerbare sonstige Leistung, die je nach Sachverhalt nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei sein kann. Auf die Steuerfreiheit kann die Ehefrau unter den Voraussetzungen des § 9 UStG verzichten und ist dann auch zum Vorsteuerabzug der ihr in Rechnung gestellten Umsatzsteuer berechtigt.
Bei einer unentgeltlichen Überlassung wird die Ehefrau nicht unternehmerisch tätig. Ihr steht kein Vorsteuerabzug aus den bei ihr anfallenden Kosten des Grundstücks zu.
Sachverhalt 3
Ein Unternehmer überträgt seiner Ehefrau unentgeltlich einen Miteigentumsanteil an einem steuerpflichtig vermieteten Betriebsgrundstück. Der Unternehmer und seine Ehefrau überlassen ihre Miteigentumsanteile unentgeltlich der Ehegattengemeinschaft. Diese vermietet das Grundstück steuerpflichtig.
Rechtliche Beurteilung beim Ehemann
Der Ehemann entnimmt den auf die Ehefrau übertragenen Miteigentumsanteil (s. Sachverhalt 2). Den ihm verbliebenen Miteigentumsanteil verwendet er durch die unentgeltliche Überlassung an die Ehegattengemeinschaft für Zwecke außerhalb seines Unternehmens. Das Grundstück wird zwar weiterhin steuerpflichtig vermietet. Vermieter ist jetzt jedoch die Ehegattengemeinschaft. Die unentgeltliche Wertabgabe durch ...