Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Wird ein Arbeitnehmer nebenberuflich auf selbständiger Basis für seinen Arbeitgeber in einem zu seiner häuslichen Sphäre gehörenden Raum tätig, gehört die mit seinem Arbeitgeber vereinbarte Raummiete zu den gewerblichen Einkünften, wenn die Vermietung des Büros und die gewerbliche Tätigkeit unlösbar miteinander verbunden sind.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige war als Chefsekretärin in einem Klinikum nichtselbständig tätig. Daneben übte sie eine selbständige Nebentätigkeit aus, indem sie für ihren Chef die von diesem im Rahmen einer Nebentätigkeit erstellten Gutachten schrieb, die Abrechnung der Nebentätigkeit wahrnahm und den Zahlungseingang für die in Rechnung gestellten Gutachten kontrollierte. Im Rahmen ihrer Tätigkeit vermietete sie ihr häusliches Arbeitszimmer an ihren Chef für monatlich 100 EUR. Das Arbeitszimmer ist zu drei Seiten mit festen Mauern ohne Türen abgegrenzt. Die vierte Seite grenzt an den Treppenaufgang und den Flur und besteht aus einer 3,44 m langen Steinwand, einer 1,36 m langen Glasverkleidung zum Treppenaufgang/Flur und einer 1,95 m breiten Öffnung, durch die das Zimmer vom Flur aus betreten werden kann. Über den Flur sind das Bad, der Dachboden sowie ein weiterer Wohnraum erreichbar.
Das Finanzamt rechnete die Mieteinnahmen den gewerblichen Einkünften und nicht - wie von der Steuerpflichtigen erklärt - den Vermietungseinkünften zu und versagte den Betriebsausgabenabzug der Arbeitszimmerkosten, weil es sich um ein Durchgangszimmer und damit um ein in nicht unerheblichem Maße auch privat genutztes Zimmer handele.
Entscheidung
Das FG wies die eingelegte Klage ab und gab dem Finanzamt recht. Die Mieteinnahmen bezüglich des häuslichen Arbeitszimmers sind nicht den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern den gewerblichen Einkünften zuzurechnen, da sich das Vermieten des Büros und die Tätigkeit der Steuerpflichtigen für ihren Chef gegenseitig unlösbar bedingen. Denn die Tätigkeit hätte weder ohne den Büroraum ausgeübt werden können, noch wäre das Arbeitszimmer ohne diese Tätigkeit vermietet worden. Mit dem Mietvertrag sollte dem Mieter auch keine Mieterrechte eingeräumt, sondern lediglich der Aufwand für die Bereitstellung eines entsprechenden Büroraums (teilweise) ausgeglichen werden.
Die durch die Nutzung des Arbeitszimmers angefallenen Kosten sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar, da das Arbeitszimmer nicht gegenüber dem Flur im Obergeschoss abgeschlossen und die private Nutzung des Flurs nicht von untergeordneter Bedeutung war. Insoweit steht das Aufteilungs - und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG dem Betriebsausgabenabzug entgegen, da ein einzelner Raum nicht in einen dem Betriebsvermögen und einen dem Privatvermögen zuzuordnenden Teil zerlegt werden kann. Im Streitfall ergab sich die ins Gewicht fallende private Nutzung aus dem Umstand, dass der aus Arbeitsplatz und Flur bestehende Raum als Durchgangsraum für die Nutzung des gesamten Hauses unverzichtbar war, weil nur durch ihn eine Nutzung des Badezimmers und des weiteren Wohnraums erfolgen kann.
Hinweis
Die Frage der ggf. möglichen anteiligen Berücksichtigung eines Raumes als häusliches Arbeitszimmers und die damit einhergehende Frage, ob und nach welchen Maßstäben eine Aufteilung von Kosten für ein auch privat genutztes Arbeitszimmer erfolgen kann, wird in der FG - Rechtsprechung zwischenzeitlich unterschiedlich gesehen. Nach Auffassung des FG Köln, Urteil v. 19.5.2011, 10 K 4126/09 ist eine Aufteilung aufgrund der geänderten BFH - Rechtsprechung zur Anwendung des Aufteilungs - und Abzugsverbots des § 12 Nr. 1 EStG durchaus möglich. Da gegen diese Entscheidung Revision eingelegt wurde (Anhängiges Verfahren beim BFH, X R 32/11), hat auch das FG im Streitfall die Revision zugelassen. Betroffene Steuerpflichtige sollten daher gegen entsprechende Steuerbescheide Einspruch einlegen und unter Hinweis auf das anhängige Revisionsverfahren Verfahrensruhe (§ 363 Abs. 2 AO) beantragen.
Link zur Entscheidung
Sächsisches FG, Urteil vom 24.05.2012, 1 K 1474/10