Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Der beschränkte Kostenabzug für ein häusliches Arbeitszimmer setzt voraus, dass für die ausgeübte Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Das Niedersächsische FG ging nun der Frage nach, wann es an einem solchen Alternativarbeitsplatz fehlt.
Sachverhalt
Die Gesellschafter A, B und C betrieben ein Dyskalkulie-Therapie-Zentrum in Form einer GbR; sie hatten hierzu Standorte in Bremen und Hannover angemietet. Im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung machte jeder Gesellschafter für die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers jeweils 1.250 EUR als Sonderbetriebsausgaben geltend (beschränkter Kostenabzug). Das Finanzamt erkannte die Ausgaben jedoch nicht an und erklärte, dass am Standort in Bremen ein gewerblich genutzter Raum für Bürotätigkeiten vorhanden sei. Somit verfügten die Gesellschafter über einen "anderen Arbeitsplatz" i. S. d. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG, sodass die Kosten der häuslichen Arbeitszimmer nicht (beschränkt) abzugsfähig seien.
Entscheidung
Das FG entschied, dass die Gesellschafter die Kosten beschränkt mit 1.250 EUR pro Jahr als Sonderbetriebsausgaben abziehen können. Das Gericht prüfte sämtliche in Betracht kommende Alternativarbeitsplätze und kam zu dem Ergebnis, dass den Gesellschaftern kein anderer Arbeitsplatz i. S. d. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG zur Verfügung stand. Am Standort Hannover wurden 4 Räume als Therapieräume genutzt, diese waren nach den eingereichten Fotografien nicht büromäßig mit PC, Ablagemöglichkeiten, Telefon etc. ausgestattet und wurden zudem zu Therapiezwecken genutzt, sodass eine Nutzung für Verwaltungsarbeiten nicht möglich war. Das Wartezimmer, der Kopierraum und der Pausenraum an diesem Standort waren für Verwaltungsarbeiten zudem ungeeignet. Der angemietete Raum am Standort Bremen war nur mit einem Tisch, 2 Stühlen und diversen Aktenschränken ausgestattet, nicht jedoch mit Telefon und Computer. Das FG sah in diesem Raum wegen der fehlenden büromäßigen Ausstattung ebenfalls keinen Alternativarbeitsplatz, sondern einen Lagerraum für Akten und Unterlagen.
Das FG führte aus, dass ein Alternativarbeitsplatz nach dem Gesetzeswortlaut nicht schon dann vorliegt, wenn nur die bloße Möglichkeit besteht, einen Arbeitsplatz in einem Raum einzurichten. Diese Sichtweise - die vorliegend das beklagte Finanzamt vertrat - würde dazu führen, dass schon ein freier Tisch und ein freier Stuhl in einem Raum zur Annahme eines Alternativarbeitsplatzes ausreicht, da sich ein Arbeitsplatz leicht mit tragbarer EDV-Ausstattung einrichten lässt. Nach Auffassung des FG setzt die Annahme eines Alternativarbeitsplatzes vielmehr voraus, dass ein Arbeitsplatz tatsächlich vorhanden ist.
Hinweis
Neben dem beschränkten Abzug von Arbeitszimmeraufwand mit bis zu 1.250 EUR pro Jahr in Fällen mit fehlendem Alternativarbeitsplatz lässt das EStG noch einen Komplettabzug der Kosten zu, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 3 2. Halbsatz EStG). Diese Abzugsvariante kam im Streitfall jedoch nicht in Betracht. Das Urteil ist rechtskräftig.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 14.05.2013, 13 K 230/11