Leitsatz
Widerspricht ein Geschäftsführer im Prüfungstermin einer Steuerforderung nicht, muss er eine Festsetzung auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen sich gelten lassen.
Sachverhalt
Der Kläger war Geschäftsführer einer GmbH, über deren Vermögen im Juli 2011 ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Im August 2012 wurde der Kläger wegen ausstehender Steuerforderungen in Haftung genommen. Die dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Steuern und Nebenleistungen meldete das Finanzamt im Rahmen des Insolvenzverfahrens zur Tabelle an. Die Forderungen wurden festgestellt, den Forderungen wurde nicht widersprochen. Der Kläger vertrat nunmehr die Ansicht, er könne für die Steuerforderungen nicht in Haftung genommen werden, die sich nicht aus den mittlerweile eingereichten Steuererklärungen, die auch veranlagt worden war, ergaben.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg, da insbesondere die Einwendungen des Klägers nach § 166 AO ausgeschlossen seien. Es sei hierbei unstrittig, dass bei dem Kläger den Tatbestand des § 69 AO erfüllt sei. Als gesetzlicher Vertreter der GmbH habe der die steuerlichen Pflichten verletzt. Bei der Durchsetzung des Haftungsanspruchs sei hierbei § 166 AO zu berücksichtigen. Hiernach sei dem Haftungsanspruch die Steuerforderung zugrunde zu legen, der der Kläger im Prüfungstermin nicht widersprochen habe. Es bestehe insofern eine Bindungswirkung. Nach dieser Norm müsse nämlich auch derjenige die unanfechtbare Wirkung einer Steuer gegen sich gelten lassen, der in der Lage gewesen wäre, den Bescheid anzufechten. Dies gelte für den Geschäftsführer einer GmbH auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, da die Organstellung des Geschäftsführers nicht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ende.
Hinweis
Die Entscheidung liegt auf der Linie der Urteile anderer Finanzgericht (FG Köln, Urteil v. 18.1.2017, 10 K 3671/14, EFG 2017 S. 625; FG München, Urteil v. 10.3.2016, 14 K 2710/13, EFG 2016 S. 1931) und auch des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil v. 27.9.2017, XI R 9/16, BFH/NV 2018 S. 75; BFH, Urteil v. 16.5.2017, VII R 25/16, BStBl 2017 II S. 934). Insofern kommt die Entscheidung nicht überraschend. Betroffene Geschäftsführer müssen deshalb in entsprechenden Fällen dringend handeln. Ob die Rechtsprechung allerdings richtig ist, erscheint durchaus fraglich. Zwar ist es zutreffend, dass der Geschäftsführer einer GmbH nicht seine Stellung als Organ der Gesellschaft verliert, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wird; die tatsächliche Verwaltungsbefugnis geht aber auf den Insolvenzverwalter über, wenngleich dem Geschäftsführer die Befugnis zum Widerspruch in einem Prüfungstermin verbleibt. Es stellt sich jedoch die Frage, inwieweit einem Geschäftsführer nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens immer alle Informationen vorliegen, damit er auch handeln kann.
Die Revision wurde nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.
Link zur Entscheidung
Sächsisches FG, Urteil vom 21.06.2017, 1 K 892/14