Dr. Björn-Axel Dißars, Dr. Ulf-Christian Dißars
Leitsatz
Eine Aufgabenverteilung zwischen mehreren Geschäftsführern hat schriftlich und im Vorwege zu erfolgen.
Sachverhalt
Der Kläger war neben einer anderen Person Geschäftsführer einer GmbH, die Komplementärin einer GmbH & Co. KG war. Bei seinem Eintritt in die Gesellschaft wurde ihm zugesichert, dass bestehende Lohnsteuerschulden der Gesellschaft ausgeglichen werden würden. Im November 2010 wurde für die KG der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Wegen ausstehender Lohnsteuer wurde der Kläger in Haftung genommen. Hiergegen wandte er sich mit dem Hinweis darauf, dass ihn kein Verschulden getroffen habe. Er sei selber Opfer verbrecherischer Machenschaften gewesen. Auch habe eine Zuständigkeitsvereinbarung dahingehend bestanden, dass steuerliche Angelegenheiten in den Zuständigkeitsbereich des anderen Geschäftsführers gefallen seien. Das Finanzamt wies den Einspruch zurück, sodass Klage gegen den Haftungsbescheid erhoben wurde.
Entscheidung
Die Klage wurde als unbegründet zurückgewiesen. Nach Ansicht des FG Rheinland-Pfalz sei die Haftungsinanspruchnahme nicht zu beanstanden. Der Kläger hafte nämlich als gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person gem. § 69 AO i. V. m. § 34 AO, da er steuerliche Pflichten - nämlich die Abführung von Lohnsteuer - in grob fahrlässiger Weise verletzt habe. Sind mehrere Vertreter der juristischen Person vorhanden, treffe grundsätzlich jeden die Haftung in vollem Umfang. Zwar könne im Einzelfall eine Verteilung von Kompetenzen erfolgen, doch sei hierfür eine im Vorhinein eindeutige, schriftliche Klarstellung erforderlich, die hier nicht gegeben sei. Doch selbst bei Vorliegen einer solchen Vereinbarung müsse der grundsätzlich nicht zuständige Geschäftsführer dann eingreifen, wenn eine wirtschaftliche Krisensituation der Gesellschaft gegeben sei. Von einem Verschulden des Klägers sei hier auszugehen.
Hinweis
Das Haftungsrisiko, welches für einen Geschäftsführer einer Gesellschaft nach § 69 AO i. V. m. § 34 AO wegen der Verletzung einer steuerlichen Verpflichtung besteht, ist erheblich. Eine der wenigen Möglichkeiten, sich einer Inanspruchnahme zu entziehen, wenn ein Pflichtenverstoß zu einem steuerlichen Schaden geführt hat, ist der Verweis darauf, dass die Erfüllung steuerlichen Pflichten nicht zum Aufgabenkreis des in Haftung genommenen gesetzlichen Vertreters gehört hat. Dies brachte auch im Streitfall der Kläger vor. Der BFH hat jedoch bereits in 1984 entschieden, dass ein solches Vorbringen nur dann eine Haftung ausschließt, wenn die eindeutige Geschäftsverteilung schriftlich und im Vorwege erfolgt (BFH, Urteil v. 24.4.1984, V R 128/79, BStBl 1984 II S. 785). Für eine entsprechende Vereinbarung ist somit stets Sorge zu tragen, wenn sich die Arbeitsbereiche von Geschäftsführern oder Vorständen klar voneinander abgrenzen lassen. Darüber hinaus ist auch stets zu beachten, dass eine solche Vereinbarung keine Wirkung entfaltet, wenn die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft den eigentlich nicht zuständigen Geschäftsführer oder Vorstand hierfür Anlass bietet. Alles in allem erscheint das Urteil damit zutreffend. Das Urteil ist rechtskräftig.
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.12.2013, 3 K 1632/12