Die haftungs- und strafrechtliche Verantwortung des Geschäftsführers ist in Zeiten der Krisen der Gesellschaft besonders virulent. Die wichtigsten Themen sind die Haftung für Sozialversicherungsbeiträge und die Frage der Insolvenzverschleppung.
2.1 Haftungsgefahr: Die Haftung für Sozialversicherungsbeiträge
Gerät die Gesellschaft in die Krise und kann ihren Verbindlichkeiten nicht oder nicht mehr im vollen Umfang nachkommen, kommt der Geschäftsführer in eine schwierige Situation. Einerseits möchte er ggf. "nicht sofort das Handtuch werfen", andererseits löst er durch seine weitere Tätigkeit möglicherweise straf- und haftungsrechtliche Verantwortlichkeiten aus.
So muss dem Geschäftsführer klar sein, dass die Abgabenordnung eine persönliche Verantwortung des Geschäftsführers für grob fahrlässig nicht bezahlte Steuerschulden der Gesellschaft vorsieht (§ 69 AO). Kommt es zu Rückständen im Bereich von Sozialversicherungsbeiträgen, läuft er Gefahr, sich haft- und strafbar zu machen (§ 823 II BGB i. V. m. § 266a StGB). Es ist nicht nur strafbar, vorsätzlich Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung vorzuenthalten. Dies gilt auch für Arbeitgeberbeiträge. Hier genügt allerdings nicht nur das Vorenthalten der Beiträge. Vielmehr müssen den zuständigen Stellen, d. h. den Krankenkassen, zusätzlich unrichtige und unvollständige Angaben gemacht worden sein.
Sozialversicherungsbeiträge sind – im Gegensatz zur Lohnsteuer – auch dann abzuführen, wenn die Nettolöhne nicht ausbezahlt werden. Das Gesetz sieht auch schwere Fälle des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen vor. In schweren Fällen können Freiheitsstrafen zwischen 6 Monaten und 10 Jahren verhängt werden.
Ein besonders schwerer Fall liegt vor, wenn der Täter
- aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält oder
- nachgemachte oder verfälschte Belege einsetzt oder
- mit Hilfe eines Amtsträgers, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht, Beiträge vorenthält.
Arbeitnehmerbeiträge sind pünktlich zu zahlen
Der Geschäftsführer macht sich strafbar, wenn er bei Fälligkeit die Arbeitnehmerbeiträge vorenthält. Die Beiträge zur Sozialversicherung sind am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats zu entrichten.
Bei einer haftungsrechtlichen Verurteilung wegen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen kann dem Geschäftsführer im Falle einer persönlichen Insolvenz die Restschuldbefreiung für diese Verbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung verweigert werden. Dies ist dann der Fall, wenn der Gläubiger (hier die zuständige Krankenkasse) die entsprechende Forderung unter Angabe des Rechtsgrunds (Anspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung) im Insolvenzverfahren, angemeldet hat. § 266a Abs. 1 StGB ist ein echtes Unterlassungsdelikt! Der Geschäftsführer wird dafür bestraft, weil er die Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt hat. Dies setzt allerdings eine Handlungsfähigkeit und -möglichkeit des Geschäftsführers voraus. Bei tatsächlicher Zahlungsunfähigkeit der GmbH entfällt damit die Strafbarkeit des Geschäftsführers.
In der Praxis ist es aber häufig so, dass die Geschäfte der Gesellschaft fortgesetzt werden und auch Zahlungsverkehr erfolgt. Nur gegenüber den Sozialversicherungsträgern werden die Zahlungen mangels ausreichender Liquidität zurückgehalten. In diesem Fall macht sich der Geschäftsführer strafbar.
Der Geschäftsführer macht sich nicht strafbar, wenn zum Fälligkeitszeitpunkt keine Mittel vorhanden sind, um die Beiträge zu entrichten. Er haftet dann auch nicht. Aber Vorsicht! Der BGH verlangt nämlich vom Geschäftsführer, dass er im Vorfeld Rücklagen bildet, damit zum Fälligkeitszeitpunkt die notwendigen Mittel bereitstehen, um die Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen. Notfalls sind die Nettolöhne zu kürzen.
Nettolöhne kürzen, um Sozialversicherungsbeiträge zu sichern
Ein Geschäftsführer zahlte für den Monat Februar den Nettolohn aus, konnte jedoch den hierauf entfallenden Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung nicht mehr abführen. Der Geschäftsführer beglich die Schuld auch dann nicht, als etwas später eine nennenswerte Zahlung bei der GmbH einging. Der Geschäftsführer konnte in diesem Fall nicht darlegen, dass die Gesellschaft generell zahlungsunfähig war. Daher hatte der BGH ihn persönlich zur Zahlung verurteilt. Sofern sich dem Geschäftsführer aufgrund der finanziellen Situation Zweifel aufdrängen, ob zum Fälligkeitszeitpunkt ausreichend Zahlungsmittel vorhanden sind, muss er ggf. die Nettolöhne kürzen, um sicherzustellen, dass Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung fristgerecht in voller Höhe entrichtet werden können.
2.2 Haftungsgefahr: Das Risiko der Insolvenzverschleppung
Ein weiteres haftungsträchtiges Feld betrifft die Insolvenzverschleppung. Ist die Gesellschaft insolvenzreif, muss der Geschäftsführer unverzüglich – spätestens innerhalb von 3 Wochen bei Zahlungsunfähigkeit bzw. 6 Wochen bei Überschuldung (§ 15a I 2 InsO) – den Insolvenzantrag stelle...