3.1 Grundsatz
Eine weitere Haftungsnorm nach dem EStG besteht für die abzuführende Kapitalertragsteuer. Die Regelung ähnelt von ihrer Grundstruktur der Haftung des Arbeitgebers für die Lohnsteuer nach § 42d EStG, da auch bei der Kapitalertragsteuer eine Steuer an das Finanzamt für einen Dritten abzuführen ist. Grundsätzlich sind dabei der Schuldner der Kapitalerträge, die den Verkaufsauftrag ausführende Stelle oder die die Kapitalerträge auszahlende Stelle der Haftende, nur in Ausnahmefällen wird der Gläubiger der Kapitalerträge für die Kapitalertragsteuer in Haftung genommen.
3.2 Primärhaftung
Gemäß § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG haften primär der Schuldner der Kapitalerträge, die den Verkaufsauftrag ausführende Stelle oder die die Kapitalerträge auszahlende Stelle für die einzubehaltende und abzuführende Kapitalertragsteuer. Nur ausnahmsweise wird nach § 44 Abs. 5 Satz 2 EStG der Gläubiger der Kapitalerträge in Haftung genommen. Keine Haftung besteht nach dieser Bestimmung für überhöht einbehaltene, nicht abgeführte Kapitalertragsteuer.
Die Pflicht und das Verfahren zur Einbehaltung und Abführung der Kapitalertragsteuer sind in §§ 43 ff. EStG geregelt. Wird gegen die dort normierten Pflichten verstoßen, besteht grundsätzlich eine Haftung des Verpflichteten. Weitere Voraussetzung ist, dass der Haftungsanspruch nicht erloschen ist, insbesondere durch Verjährung oder der Steueranspruch nicht seinerseits erloschen ist. Ein Verschulden ist für das Entstehen des Haftungsanspruchs nicht erforderlich.
Allerdings ist anders als bei anderen Haftungsnomen eine Exculpationsmöglichkeit gegeben. Der potenzielle Haftungsschuldner kann nämlich nachweisen, dass er die ihm obliegenden Pflichten weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. Deshalb begründen etwa Flüchtigkeitsfehler oder ein Schreibfehler keine Haftung.
Die Haftung wird grundsätzlich nach den allgemeinen Bestimmungen mittels eines Haftungsbescheids geltend gemacht. Kein Haftungsbescheid ist bei einer Inanspruchnahme erforderlich, wenn der Schuldner oder eine der anderen Stellen die einzubehaltende Kapitalertragsteuer richtig angemeldet hat oder soweit die Zahlungspflicht gegenüber dem Finanzamt oder dem Prüfungsbeamten des Finanzamts schriftlich anerkannt wird.
3.3 Haftung des Gläubigers der Kapitalerträge
Ausnahmsweise kommt nach § 44 Abs. 5 Satz 2 EStG eine Haftung des Gläubigers der Kapitalerträge in Betracht, wenn:
- der Schuldner der Kapitalerträge oder eine andere der in § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG genannten Stellen die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat,
- der Gläubiger weiß, dass der Schuldner oder eine andere der in § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG genannten Stellen die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitgeteilt hat,
- das die Kapitalerträge auszahlende inländische Kreditinstitut die Kapitalerträge zu Unrecht ohne Abzug der Kapitalertragsteuer ausgezahlt hat.
Diese Bestimmung ermöglicht unter den dort genannten Voraussetzungen die Nachforderung nicht abgeführter Kapitalertragsteuer beim Gläubiger.