1 Haftung nach der Abgabenordnung
1.1 Haftung des gesetzlichen Vertreters
Gesetzliche Vertreter haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen erfolgten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.
Die Nichtabführung einzubehaltender und anzumeldender Lohnsteuer zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten begründet regelmäßig eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH. Das gilt auch im Fall der nachträglichen Pauschalierung der Lohnsteuer. Bei der pauschalierten Lohnsteuer handelt es sich nicht um eine Unternehmenssteuer eigener Art, sondern um die durch die Tatbestandsverwirklichung des Arbeitnehmers entstandene und vom Arbeitgeber lediglich übernommene Lohnsteuer.
Haftungsinanspruchnahme des Strohmann-Geschäftsführers einer GmbH
Wer die Stellung eines GmbH-Geschäftsführers übernommen hat, haftet nach § 69 AO grundsätzlich auch dann, wenn er nicht befähigt oder aus sonstigen Gründen nicht in der Lage ist, seinen Überwachungsaufgaben und seiner Pflicht, die Person sorgfältig auszuwählen, der er die Erledigung steuerlicher Angelegenheiten der GmbH und damit die Erfüllung seiner eigenen Pflichten überlässt, nachzukommen. Auf sein eigenes Unvermögen, seinen Aufgaben als Geschäftsführer nachzukommen, kann sich niemand berufen.
Als gesetzliche Vertreter gelten auch die
- Geschäftsführer von Personengesellschaften und Gemeinschaften und, soweit ein Geschäftsführer nicht vorhanden ist, deren Gesellschafter oder Mitglieder.
- Vermögensverwalter, z. B. Insolvenzverwalter und Testamentsvollstrecker.
- Verfügungsberechtigten, z. B. Prokuristen, Treuhänder.
Haftung des Prokuristen
Der Prokurist kann als Haftender nur in Anspruch genommen werden, wenn zu seinem Pflichtkreis auch die Wahrnehmung der steuerlichen Pflichten des Geschäftsherrn gehört oder wenn er tatsächlich die steuerlichen Angelegenheiten erledigt.
In der Praxis am häufigsten ist die Haftung des Geschäftsführers. Dies zeigt sich vor allem auch im Insolvenzfall der Gesellschaften.
Die Pflichtverletzung des gesetzlichen Vertreters muss vorsätzlich oder grob fahrlässig sein. Sie muss ursächlich dafür sein, dass
- eine Steuer nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder
- eine festgesetzte Steuer nicht oder nicht rechtzeitig entrichtet wird.
Zahlungen anderer Schuldner verhindern Haftungsbescheid nicht zwingend
Zahlungen anderer Gesamtschuldner auf die Steuerschuld kann die Finanzbehörde bei der Entscheidung über einen Haftungsbescheid dann außer Acht lassen, wenn der Zahlende den gegen ihn ergangenen Bescheid angefochten hat und das Rechtsschutzverfahren noch nicht beendet ist.
Der Geschäftsführer einer Gesellschaft haftet auch persönlich für die Lohnsteuerschulden der Gesellschaft, wenn er diese nicht rechtzeitig anmeldet und abführt. Ggf. dürfen die Löhne nur mit der entsprechenden Kürzung ausgezahlt werden. Aus den übrig gebliebenen Mitteln muss die darauf entfallende Lohnsteuer an das Finanzamt abgeführt werden.
GmbH-Geschäftsführer muss immer vorrangig die Lohnsteuer zahlen
Allein der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens befreit den GmbH-Geschäftsführer nicht von der Haftung wegen Nichtabführung der einbehaltenen Lohnsteuer. Sind im Zeitpunkt der Lohnsteuer-Fälligkeit noch liquide Mittel zur Zahlung der Lohnsteuer vorhanden, besteht die Verpflichtung des Geschäftsführers zu deren Abführung so lange, bis ihm durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verfügungsbefugnis entzogen wird.
Die Einsetzung eines "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalters i. S. v. § 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Halbs. InsO führt nicht dazu, dass der GmbH-Geschäftsführer dann von der Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH i. S. v. § 34 Abs. 1 AO befreit ist.
Reichen die der Gesellschaft zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Tilgung anderer Steuerschulden, z. B. Umsatzsteuer, aus, muss der Geschäftsführer diese Steuerschulden grundsätzlich im selben Verhältnis tilgen wie die übrigen Schulden. Der Geschäftsführer einer GmbH muss Vorsorge dafür treffen, dass die mit den geschäftlichen Aktivitäten der Gesellschaft im unmittelbaren Zusammenhang stehende (erhebliche) und absehbar am 10. des Folgemonats fällig werdende Umsatzsteuer wenigstens anteilig bezahlt werden kann. Der Geschäftsführer ist bei der Berechnung der Haftungssumme zur Mitwirkung verpflichtet. Bei der Ermittlung der Haftungsquote für die Umsatzsteuer werden die im Haftungszeitraum getilgten Lohnsteuern weder bei den Gesamtverbindlichkeiten noch bei den geleisteten Zahlungen berücksichtigt.
Geschäftsführer muss der Forderungsfeststellung im Insolvenzverfahren widersprechen
Der Geschäftsführer einer GmbH kann als Haftungsschuldner gem. § 166 AO keine Einwendungen gegen die Höhe der seiner Haftungsinanspruchnahme zugrunde liegenden Steuerschulden erheben, wenn er versäumt hat, im Insolvenzverfahren der Feststellung der entsprechenden Forderungen des Finanzamts zur Insol...