Leitsatz
Das Halbabzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG ist mit dem GG vereinbar.
Normenkette
§ 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Die Kläger wurden im Streitjahr 2002 als Eheleute zusammen zur ESt veranlagt. Der Kläger finanzierte seine Beteiligung von 25 % an der X-GmbH mit vier Fremddarlehen. Für das Geschäftsjahr 2001 floss dem Kläger 2002 eine Gewinnausschüttung von 59.186 € zu. Für die Finanzierung des Geschäftsanteils hatte er Schuldzinsen von 10.445 € zu entrichten.
Die gegen die nur hälftige Berücksichtigung der Einnahmen und Aufwendungen eingelegten Rechtsbehelfe hatten keinen Erfolg (EFG 2006, 1404). Auch der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.
Entscheidung
Das HAV sei bezüglich der im Streitjahr 2002 angefallenen Werbungskosten nach § 52 Abs. 4b Satz 1 Nr. 1 EStG, § 34 Abs. 10a Satz 1 Nr. 1 KStG zu Recht angewendet worden. Das HEV gelte erstmals für offene Ausschüttungen, die dem Gesellschafter im Jahr 2002 zugeflossen seien. Dementsprechend bestehe ein auch die Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG eröffnender wirtschaftlicher Zusammenhang i.S.v. § 52 Abs. 8a EStG für damit im Zusammenhang stehende, ebenfalls im Jahr 2002 geleistete Ausgaben. Das HAV des § 3c Abs. 2 EStG sei mit dem GG vereinbar. Die systematische Grundentscheidung des HEV, Veräußerungsvorgänge den laufenden Gewinnausschüttungen gleichzustellen, bilde die Rechtfertigung dafür, auch die entsprechenden Aufwendungen einheitlich zu behandeln und in allen Fällen nur den Halbabzug einkommensteuer zuzulassen.
Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung sei auch nicht gegeben, wenn die Regelung für Körperschaften als AE in § 8b KStG gegenüber gestellt werde. Für die im Streitjahr geltende Fassung des § 8b KStG gelte das schon deshalb, weil Betriebsausgaben, die mit nach § 8b KStG steuerfreien Dividenden oder Veräußerungsgewinnen aus Inlandsbeteiligungen zusammenhingen, nach § 3c Abs. 1 EStG in vollem Umfang nicht abziehbar gewesen seien. Auch im Vergleich mit der ab 2004 geltenden Neufassung des § 8b KStG, nach der für Kapitalgesellschaften als AE in- und ausländische Dividenden und Veräußerungsgewinne nur zu 95 % steuerbefreit seien und § 3c Abs. 1 EStG nicht mehr anwendbar sei, begegne § 3c Abs. 2 EStG bezüglich natürlicher Personen als AE keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es handle sich um den gesonderten Regelungsbereich der Konzernbesteuerung.
Ebenso wenig ergäben sich gleichheitsrechtliche Bedenken bei einem Vergleich mit der vollen Abziehbarkeit von Zinsen zur Finanzierung von Beteiligungen an Personengesellschaften; denn der Gewinn auf der Ebene der Gesellschaft werde nur bei den Gesellschaftern einkommensteuerlich erfasst.
Hinweis
1. Der Gesetzgeber sah sich aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen veranlasst, das Anrechnungsverfahren durch das sog. Halbeinkünfteverfahren (HEV) zu ersetzen (BT-Drucks. 14/2683, S. 94 f.).
2. Nach § 3 Nr. 40 EStG sind die dort genannten Einnahmen und Vermögensmehrungen hälftig steuerfrei. Die Regelung bezweckt, die Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne mit KSt und ESt so zu mildern, dass sich zusammen mit der steuerlichen Vorbelastung durch die KSt eine Gesamtbelastung ergibt, die typisierend der ESt-Belastung für andere Einkünfte entspricht; Prinzip der Einmalbesteuerung ausgeschütteter Gewinne.
3. Anders als das Anrechnungsverfahren, welches stets eine genaue Senkung der Gesamtbelastung auf die individuelle ESt-Belastung des Anteilseigners (AE) gewährleistete, führt das HEV nur zu einer pauschalen typisierenden Entlastung, die die individuelle ESt-Belastung des AE nur bei einem individuellen Steuersatz von 40 % genau erreicht.
4. Während der Gesetzgeber bezüglich der steuerlichen Belastung der Einnahmen des AE jedoch die Körperschaft und den AE wirtschaftlich als Einheit betrachtet und eine Mehrfachbelastung mit KSt und ESt durch das HEV verhindern will, hat er beim Abzug der damit zusammenhängenden Ausgaben des AE die wirtschaftliche Einheitsbetrachtung aufgegeben und stattdessen entsprechend dem sog. Trennungsprinzip rein rechtstechnisch darauf abgestellt, dass Körperschaft und AE je verschiedene Steuersubjekte sind. Die körperschaftsteuerliche Vorbelastung wird dabei unberücksichtigt gelassen und die Regelung in § 3 Nr. 40 EStG als Steuervergünstigung verstanden, die das HAV des § 3c Abs. 2 EStG bedingt.
5. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich frei, diejenigen Sachverhalte tatbestandlich zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert. Diese Gestaltungsfreiheit wird indes für das ESt-Recht vor allem durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit begrenzt (BVerfG, Beschluss vom 4.12.2002, 2 BvR 400/98; 1735/00, BStBl II 2003, 534, 540).
6. Im Interesse der verfassungsrechtlich gebotenen Lastengleichheit (BVerfG, Urteil vom 7.12.1999, 2 BvR 301/98, BStBl II 2000, 162, 166) hat sich der Gesetzgeber grundsätzlich dafür entschieden, die objektive finanzielle...