BMF, Schreiben v. 27.4.2001, IV A 6 - S 2174 - 15/01
Das BMF-Schreiben vom 14.11.2000, BStBl 2000 I S. 1514) zur Bilanzierung und Bewertung von halbfertigen Bauten auf fremdem Grund und Boden hat auch Auswirkung auf die Bewertung und Bilanzierung von halbfertigen Erzeugnissen. Dies ist das Ergebnis einer Besprechung der Thematik mit den Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder vom 27. bis 29.9.2000.
Die allgemeinen Bewertungsgrundsätze des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Sätze 1 und 2 EStG i.V.m. R 35a, R 36 Abs. 1 und 2 EStR sowie die dazu ergangene BFH-Rechtsprechung gelten auch für unfertige Erzeugnisse als Bestände des Umlaufvermögens, die zur Erfüllung eines schwebenden Geschäfts vorrätig gehalten werden. Danach sind Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Statt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten kann der niedrigere Teilwert angesetzt werden. Bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens entspricht der Teilwert grundsätzlich den Wiederbeschaffungskosten.
Nach dem BFH-Urteil vom 29.4.1999, IV R 14/98 (BStBl 1999 II S. 681) hängt der Teilwert von zum Absatz bestimmten Waren nicht nur von ihren Wiederbeschaffungskosten, sondern auch von ihrem voraussichtlichen Veräußerungserlös ab. Deckt dieser Preis nicht mehr die Selbstkosten der Waren zuzüglich eines durchschnittlichen Unternehmergewinns, so sind die Anschaffungskosten um den Fehlbetrag zu mindern. Ist dies der Fall, so ist eine Teilwertabschreibung auch ohne Preisherabsetzung zulässig.
In Anwendung dieser Grundsätze vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass der (niedrigere) Teilwert der Bestände von unfertigen und fertigen Erzeugnissen, die der Erfüllung eines verlustbehafteten schwebenden Geschäfts dienen, sowohl auf Basis des Beschaffungsmarktes als auch auf Basis des Absatzmarktes zu ermitteln ist. Auf Grund des so genannten doppelten Niedrigstwertprinzips ist der jeweils niedrigere von beiden Werten anzusetzen. Daneben ist bei der Bewertung der unfertigen und fertigen Erzeugnisse das Einzelbewertungsprinzip zu beachten. Im Urteil vom 29.7.1965, IV 164/63 U (BStBl 1965 III S. 648) hat der BFH entschieden, dass die Bewertung von Vorräten nichts mit der Bewertung und Bilanzierung schwebender Geschäfte, die diese Vorräte betreffen, zu tun hat und dass die aus solchen Geschäften fließenden Rechte und Pflichten gesondert zu bewerten sind.
In Anwendung der vorgenannten Grundsätze ist nach Auffassung der Finanzverwaltung bei der Bewertung der unfertigen und fertigen Erzeugnisse der dem Produktionsstand entsprechende, auf das einzelne Wirtschaftsgut entfallende anteilig realisierte Verlust durch eine Teilwertabschreibung zu berücksichtigen. Dies ergibt sich aus dem Teilwertbegriff. Der gedachte Erwerber würde für die einzelnen Wirtschaftsgüter nur den im Rahmen des Gesamtkaufpreises vereinbarten anteiligen Erlös unter Abzug eines durchschnittlichen Unternehmergewinns vergüten. In Höhe der durch den gedachten Erwerber nicht vergüteten – den anteiligen Erlös übersteigenden – Herstellungskosten hat sich der Verlust aus dem schwebenden Geschäft realisiert. Da es sich bei den unfertigen und fertigen Erzeugnissen um zum Verkauf bestimmte Wirtschaftsgüter handelt, werden die Ertragsaussichten des Einzelwirtschaftsguts bei dessen Bewertung berücksichtigt, nicht dagegen dem Geschäftswert (des Gesamtunternehmens) zugeordnet.
Der zukünftig bei Produktionsfortschritt bis zur Fertigstellung des Wirtschaftsguts bzw. bis zur Erfüllung des Gesamtgeschäfts noch anfallende Verlust ist dem Bereich des schwebenden Geschäftes und damit der steuerlich nicht mehr bilanzierbaren Drohverlustrückstellung zuzuordnen. Eine Saldierung der sich zukünftig noch realisierenden Verluste mit einer Teilwertabschreibung verbietet sich sowohl aus dem Teilwertgedanken als auch aus dem Einzelbewertungsprinzip heraus. Diese Auffassung steht auch im Einklang mit der Intention des Gesetzgebers. Die Gesetzesregelung in § 5 Abs. 4a i.V.m. § 52 Abs. 6a EStG 1997 dient dem Zweck, drohende Verluste aus schwebenden Geschäften erst im Zeitpunkt ihrer Realisierung – nämlich bei Beendigung des schwebenden Gesamtgeschäftes – steuerlich zu berücksichtigen.
Diese vom Gesetzgeber gewollte spezielle Sonderregelung für die Bilanzierung von Drohverlustrückstellungen in der Steuerbilanz kann nicht zu einer Änderung des Teilwertbegriffs führen und insoweit auch nicht zu noch niedrigeren Teilwerten für die einzelnen Wirtschaftsgüter „unfertige und fertige Erzeugnisse” im Umlaufvermögen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass bei der Bewertung der unfertigen und fertigen Erzeugnisse die bereits aufwandswirksam angefallenen Kosten den zum Zeitpunkt der Bewertung der unfertigen und fertigen Erzeugnisse anteilig realisierten Verlust und dementsprechend eine vorzunehmende Teilwertabschreibung mindern. Die zukünftig noch anfallenden nicht aktivierungspflichtigen Kosten sind dagegen dem Rückstellungsbereich zuzuordnen. Eine etwaige doppelte Berücksic...