Neben den Vorschriften, die grundsätzlich für alle Handelsgeschäfte gelten, sind im HGB spezielle Erscheinungsformen des Handelsgeschäfts gesondert gesetzlich geregelt:
3.1 Handelskauf
Häufigstes und wichtigstes Handelsgeschäft ist der Handelskauf (§§ 373-382). Ein Handelskauf liegt vor, wenn es sich um
- einen Kaufvertrag über Waren (Grundstücke und Immobilien sind ausgeschlossen) oder Wertpapiere handelt,
- mindestens eine Vertragspartei Kaufmann ist und
- der Kaufvertrag zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehört.
Neben dem Kaufvertrag finden die §§ 373 ff. HGB auch Anwendung auf den Tausch und auf einen Vertrag, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Sachen zum Gegenstand hat (§ 381 Abs. 2 HGB).
3.1.1 Annahmeverzug des Käufers
Die allgemeinen Vorschriften zum Handelskauf erweitern die Rechte des Verkäufers. Er kann sich schneller als beim Privatkauf von der Pflicht zur Aufbewahrung der Ware befreien und spart so Lagerhaltungskosten. Gerät der Käufer bei einem mindestens einseitigen Handelskauf in Annahmeverzug (§§ 293 ff. BGB), hat der Verkäufer zusätzlich (§ 374 HGB) das Recht zur Hinterlegung der Ware.
Gem. § 373 Abs. 1 HGB sind Waren aller Art hinterlegungsfähig. Der Verkäufer hat die Pflicht, einen sicheren Hinterlegungsort auszusuchen und den Käufer unverzüglich von der Hinterlegung zu informieren, damit dieser sein Risiko einschätzen kann. Tut der Verkäufer dies nicht, kann er sich schadensersatzpflichtig machen. Die Ware kann z. B.
- beim Amtsgericht des Leistungsorts oder
- in einem öffentlichen Lagerhaus oder
- sonst in sicherer Weise,
- jedoch nicht beim Verkäufer selbst eingelagert werden.
Mit der wirksamen Hinterlegung geht die Gefahr der Verschlechterung und des Untergangs auf den Käufer über. Die Hinterlegung hat jedoch keine Erfüllungswirkung. Die Kosten der Hinterlegung trägt der Käufer (§ 373 Abs. 1 HGB, § 381 BGB).
Alternativ zur Hinterlegung ist der Verkäufer im Falle des Annahmeverzugs berechtigt, die Ware öffentlich versteigern zu lassen (Selbsthilfeverkauf gem. § 373 Abs. 2 HGB, § 383 BGB). Auch hier besteht für den Verkäufer gegenüber dem Käufer eine unverzügliche Hinweispflicht, die aus dem Rücksichtnahmegebot resultiert (§ 241 Abs. 2 BGB). Ort und Zeit der Versteigerung müssen dabei genannt werden (§ 373 Abs. 5 Satz 1, 1. Halbsatz HGB), damit er die Möglichkeit hat mitzubieten. Ist der Selbsthilfeverkauf durchgeführt, muss der Käufer wiederum unverzüglich nachträglich benachrichtigt werden (§ 373 Abs. 5 Satz 1, 2. HS HGB).
Bei ordnungsgemäßem Selbsthilfeverkauf wird der Verkäufer von seiner Lieferpflicht befreit. Der Verkäufer hat damit seine Vertragspflicht erfüllt. Gem. § 373 Abs. 3 HGB erfolgt der Selbsthilfeverkauf auf Rechnung des Käufers. Der Verkäufer hat gegen den Käufer Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, die er nach den Umständen für erforderlich halten durfte. Der Verkäufer ist anderseits verpflichtet, dem Käufer das Erlangte herauszugeben.
3.1.2 Untersuchungs- und Rügepflicht
Nach bürgerlichem Recht kann der Käufer einer Ware Mängel innerhalb einer Verjährungsfrist von zwei Jahren nach Ablieferung geltend machen (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 BGB). Eine besondere Untersuchungspflicht der Waren besteht nicht.
Anders ist es beim beiderseitigen Handelskauf. Gem. § 377 Abs. 1 HGB hat der Käufer die Ware
- unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und
- wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.
- Kommt der Käufer dieser Pflicht nicht nach, so gilt die gelieferte Ware als genehmigt (§ 377 Abs. 2 HGB). Die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen ist damit ausgeschlossen.
Eine Untersuchung hat dann zu erfolgen, soweit sie im konkreten Fall dem Käufer zumutbar ist. Art und Umfang der Untersuchung bestimmen sich objektiv unter Berücksichtigung von Branche, Groß- und Kleinbetrieb, Fachhandel, etc.
Bei einer Gesamtanlage beispielsweise entsteht die Untersuchungs- und Rügelast bezüglich einzelner Funktionen erst mit ihrer ersten Inbetriebnahme.
Ein allgemeiner zeitlicher Richtwert für die "unverzügliche" Untersuchung lässt sich der Rechtsprechung nicht entnehmen, weshalb das Motto immer sein sollte: so schnell es nur irgendwie geht.
Stichproben
Bei Lieferung größerer Mengen ist nicht erforderlich, dass jedes Teil einzeln untersucht wird. Stichproben in angemessener Zahl reichen aus. Oder mit den Worten des BGH: Die Untersuchung muss nicht von derartigem Umfang und solcher Intensität sein, dass sie nach Art einer "Rundum-Untersuchung" alle irgendwie in Betracht kommenden Mängel der Ware erfasst.
Wurde ein Mangel entdeckt, ist unverzüglich Mängelanzeige zu machen. Sie wird innerhalb von ein bis zwei Tagen, im Obst- und Gemüsehandel sogar in Stundenfrist erwartet. Der Verkäufer muss der Mängelanzeige Art und Umfang der Mängel entnehmen können.
Bei der Frage der Rechtzeitigk...