OFD Frankfurt, Verfügung v. 10.4.2014, S 7170 A - 59 - St 16
Auflistung der anerkannten und nicht anerkannten Tätigkeiten und anhängiges BFH-Verfahren zum Erfordernis einer ärztlichen Verordnung (Az. XI R 13/14)
1. Allgemeines
Die Umsätze aus der Tätigkeit der in § 4 Nr. 14 Buchst. a Satz 1 UStG nicht ausdrücklich genannten nichtärztlichen Heil- und Gesundheitsfachberufe fallen nur dann unter die Steuerbefreiung, wenn es sich um eine einem Katalogberuf ähnliche heilberufliche Tätigkeit handelt.
Ein Heilberuf wird durch die unmittelbare Arbeit am oder mit dem Patienten, also dem kranken Menschen, gekennzeichnet. Ausübung der Heilkunde liegt vor, wenn es sich um Tätigkeiten zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder sonstigen Körperschäden beim Menschen handelt (siehe auch § 1 Heilpraktikergesetz).
Ein Beruf ist nach Abschn. 4.14.4. Abs. 6 UStAE einem der im Gesetz genannten Katalogberufe ähnlich, wenn das typische Bild des Katalogberufes mit seinen wesentlichen Merkmalen dem Gesamtbild des zu beurteilenden Berufes vergleichbar ist. Zu den wesentlichen Merkmalen gehören:
- die Vergleichbarkeit der ausgeübten Tätigkeit,
- die Vergleichbarkeit der Ausbildung,
- die Vergleichbarkeit der berufsrechtlichen Regelung über Ausbildung, Prüfung, staatliche Anerkennung sowie der staatlichen Erlaubnis und Überwachung der Berufsausbildung.
Personen, die eine Ausbildung in einem nichtärztlichen Heil- und Gesundheitsfachberuf absolviert haben, verfügen im Regelfall bereits dann über die erforderliche Berufsqualifikation zur Erbringung steuerfreier Heilbehandlungsleistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG, wenn sie die nach dem jeweiligen Berufszulassungsgesetz vorgesehene staatliche Prüfung mit Erfolg abgelegt haben (vgl. Abschn. 4.4.14. Abs. 11 Satz 2 UStAE und das BFH-Urteil vom 7.2.2013, V R 22/12, BStBl 2014 II S. 126). Auf die staatliche Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung kommt es dann nicht an.
Die Ähnlichkeit eines nichtärztlichen Heil- und Gesundheitsfachberufs ohne staatliche Regelung mit dem Katalogberuf des Krankengymnasten scheitert nicht daran, dass der Steuerpflichtige keine staatliche Erlaubnis zur Führung seiner Berufsbezeichnung besitzt. Vielmehr reicht es aus, wenn er über die Erlaubnis seiner beruflichen Organisation verfügt, die Kenntnisse bescheinigt, die den Anforderungen einer staatlichen Prüfung für die Ausübung der nichtärztlichen Heil- und Gesundheitsfachberufe vergleichbar sind.
Ausreichendes Indiz für das Vorliegen einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit ist die Zulassung des jeweiligen Unternehmers bzw. die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe nach § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen (vgl. hierzu auch das BMF-Schreiben vom 28.2.2000, BStBl 2000 I S. 433 und das BFH-Urteil vom 19.12.2002, BStBl 2003 II S. 532).
Fehlt es an einer solchen Zulassung, obliegt es den Finanzämtern festzustellen, ob die Ausbildung, die Erlaubnis und die Tätigkeit des Steuerpflichtigen mit den Erfordernissen des § 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB V vergleichbar sind (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 28.8.2003, BStBl 2004 II S. 954).
Auf die Rechtsform des Unternehmers kommt es für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG nicht an (Abschn. 4.14.7. UStAE). So kann auch ein in der Rechtsform einer GmbH oder GmbH & Co. KG betriebenes Unternehmen bei Vorliegen der Voraussetzungen die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG in Anspruch nehmen (vgl. Beschluss des BVerfG vom 10.11.1999, BStBl 2000 II S. 160).
2. Ähnliche heilberufliche Tätigkeiten
Außer den in Abschn. 4.14.4. Abs. 11 UStAE genannten ähnlichen heilberuflichen Tätigkeiten können z.B. folgende Tätigkeiten als ähnliche heilberufliche Tätigkeiten angesehen werden:
- Fachbiologen der Medizin (deren zytologische/histologische Leistungen – Zytologie: Zellenlehre, Histologie: Wissenschaft von den Geweben des Körpers)
- Fachwissenschaftler der Medizin
- Hippotherapie, die von einem Physiotherapeuten (Krankengymnasten) mit entsprechender Zusatzausbildung auf ärztliche Verordnung durchgeführt wird (BFH-Urteil vom 30.1.2008, XI R 53/06, BStBl 2008 II S. 647)
3. Keine ähnlichen heilberufliche Tätigkeiten
Nicht unter § 4 Nr. 14 UStG fallen neben den in Abschn. 4.14.4. Abs. 12 UStAE genannten Berufen z.B. auch:
- Augenoptiker (keine Kassenzulassung § 124 SGB V, sondern nach § 126 SGB V; kein Heilmittelerbringer, sondern Hilfsmittelerbringer)
- Epilation (Haarentfernung, Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 29.6.1998, 6 K 171/96, EFG 1998 S. 1365)
- Fachkosmetiker/Pharma Cosmetologen
- Familienhelfer (Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 27.11.1998, 12 K 158/98, EFG 1999 S. 508)
- Gymnastiklehrer (auch mit staatlicher Prüfung)
- Haaranalysen (Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 23.1.1992, V 309/91, nicht veröffentlicht)
- Heilmagnetiseure (Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 12.1.1995, V 99/94, EFG 1995 S. 735)
- Heilpädagogen (sozialpflegerischer Beruf, kein Heilberuf)
- Kunstpädagogen und -therapeuten (...