Dr. Christian Delarber, Dr. Florian Müller
Rz. 15
Die in Handels- und Steuerrecht zwingend einzubeziehenden Materialeinzelkosten stellen solche Aufwendungen bzw. aufwandsgleiche Kosten dar, die auf Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe entfallen und dem herzustellenden Produkt bzw. dem Kostenträger direkt ohne Schlüsselung zugerechnet werden können. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe werden bei der Herstellung der Produkte aufgewendet. Hierbei gehen die Rohstoffe und die Hilfsstoffe als Bestandteile in die Produkte ein; die Rohstoffe als Hauptbestandteile und die Hilfsstoffe als Nebenbestandteile. Die Betriebsstoffe werden bei der Herstellung verbraucht. Dies bedeutet, dass sie nicht in das Produkt einfließen, sondern lediglich zur Vornahme des Herstellungsvorgangs verwendet werden.
Rz. 16
Aufgrund ihrer untergeordneten Bedeutung werden die Hilfsstoffe nur ausnahmsweise direkt dem einzelnen Produkt zugeordnet werden können, wodurch sich diese regelmäßig als sogenannte unechte Gemeinkosten qualifizieren lassen. Auch die Betriebsstoffe teilen aufgrund des unangemessenen Verifizierungsaufwands der Einzelzurechenbarkeit regelmäßig das Schicksal der Hilfsstoffe als unechte Gemeinkosten. Gleichwohl stellen auch die in der Kostenrechnung als unechte Gemeinkosten bezeichneten Hilfs- und Betriebsstoffe Einzelkosten im Sinne des § 255 Abs. 2 Satz 2 HGB dar, soweit die theoretische Möglichkeit der einzelnen Zuordnung besteht und gleichzeitig die direkte quantitative Erfassung noch dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz entspricht.
Rz. 17
Bei der Herstellung von Möbeln setzen sich die Materialeinzelkosten aus dem Rohstoff Holz, den Hilfsstoffen Nägel, Leim und Farbe sowie den Betriebsstoffen im Rahmen von Brennstoffen und Reinigungsmaterialen zusammen. Bei der Automobilproduktion bilden unter anderem die Materialien für die Karosserie die Rohstoffe, die Schrauben die Hilfsstoffe und Schmiermittel die Betriebsstoffe.
Rz. 18
Außer den Roh- und Hilfsstoffen gehen auch fremdbezogene Teilerzeugnisse (Zuliefermaterial und Zulieferteile; Systemkomponenten) und selbsterstellte Halb- bzw. Fertigfabrikate direkt in die Produkte ein. Sie zählen als Materialeinzelkosten regelmäßig zu den direkt zurechenbaren Herstellungskosten der Produktion.
Rz. 19
Die Bewertung des eingesetzten Materials selbst erfolgt grundsätzlich mit seinen jeweiligen Anschaffungskosten einschließlich aller Nebenkosten, z. B. Frachtkosten und Zölle, abzüglich der Anschaffungskostenminderungen, z. B. Rabatte und Skonti. Die ursprünglichen Anschaffungskosten sind auch dann heranzuziehen, wenn die Materialpreise bis zum Zeitpunkt des Verbrauchs gefallen sind. Ein niedrigerer beizulegender Wert ist erst am Bilanzstichtag zu überprüfen (§ 253 Abs. 3 Satz 5, Abs. 4 Satz 2 HGB). Wird Material aus Vorjahresbeständen bei der Herstellung verbraucht, ist dieses zum verbleibenden Buchwert anzusetzen, auch wenn im Vorjahr eine Abwertung vorgenommen worden ist. Ist der Grund für die Abwertung entfallen, so können nach herrschender Meinung auch wahlweise – unterjährig – die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das eingesetzte Material angesetzt werden.