Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Nachversteuerung von als vorportioniertem Feinschnitt bezeichnetem Tabak
Leitsatz (redaktionell)
Es bestehen ernstliche Zweifel an der Bestimmtheit der in § 31 Nr. 18 TabakStG enthaltenen Ermächtigungsgrundlage sowie an der Vereinbarkeit der vom Bundesministerium erlassenen Verordnung zur Erhebung einer Nachsteuer auf vorportionierten Feinschnitt mit höherrangigem Recht.
Normenkette
TabakStG §§ 2, 31 Nr. 18; FeinschnittVO
Streitjahr(e)
2005
Nachgehend
Tatbestand
Die Antragstellerin wendet sich im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens gegen die Nachversteuerung von als vorportioniertem Feinschnitt bezeichnetem Tabak.
Gemäß Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes und anderer Verbrauchsteuergesetze vom 23.12.2003 (Bundesgesetzblatt I, Seite 2924) wurde u.a. die in § 31 des Tabaksteuergesetzes enthaltene Ermächtigung für das Bundesministerium der Finanzen zum Erlass von Rechtsverordnungen zur Durchführung des Gesetzes erweitert. Es wurde eine Ziffer 18 eingefügt. Diese ermächtigt das Ministerium, zur Sicherung des Tabaksteueraufkommens für Zigaretten und Feinschnitt eine Nachsteuer in Höhe des Belastungsunterschiedes festzusetzen, der sich aus der Anwendung der nach § 4 geltenden Steuersätze für die Zeit
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c) bis zum 31. August 2005 und ab dem 1. September 2005 ergibt, und dabei Steuerlagerinhaber, Großhändler und Einzelhändler, die am…1. September 2005 im Besitz von Zigaretten oder Feinschnitt sind, die mit einem vor diesem Zeitpunkten für sie geltenden Steuersatz (§ 4) versteuert wurden, als Steuerschuldner der Nachsteuer (Steuerdifferenz) sowie das Verfahren für die Anmeldung, die Erhebung und die Entrichtung der Steuer zu bestimmen.
Aus dem Aufsatz des für Tabaksteuerfragen im Bundesministerium der Finanzen zuständigen Referatsleiters, Herrn Dr. Scheuer (Neuere Entwicklung im internationalen und nationalen Tabaksteuerrecht in ZfZ 2006, Seite 2 ff.) ist zu entnehmen (S. 6), dass infolge der in den Jahren 2002 und 2003 erfolgten Tabaksteuererhöhungen Mehreinnahmen in Höhe von rund 2 Milliarden EUR erzielt werden konnten. Demgegenüber seien die erwarteten Steuermehreinnahmen weder in 2004 noch in 2005 erreicht worden. Die Ursachen für die schlechte Entwicklung des Tabaksteueraufkommens lägen jedoch nicht im Bereich des Feinschnitts, der im Vergleich zu den Vorjahren mengenmäßig und steuerlich sehr stark angewachsen sei. Vielmehr sei der „versteuerte Zigarettenmarkt” weggebrochen. Für das Gesamttabaksteueraufkommen sei die Produktgruppe Zigarre und Zigarillo mit in 2003 0,3 % sowie Pfeifentabak mit 0,1 % vernachlässigenswert. Den „Hauptsteuerträger” stelle die Zigarette mit 95 % (in 2003 = 13,352 Milliarden EUR Tabaksteuer) dar. Ihr folge der Feinschnitt mit 4,8 % (= 0,675 Milliarden EUR in 2003). Der Feinschnittanteil am Gesamttabaksteueraufkommen sei in 2004 auf rund 8 % (= 1,09 Milliarden EUR) bzw. geschätzt 12 % (= 1,7 Milliarden EUR) in 2005 angestiegen.
In den ersten beiden Septemberwochen 2005 wurden durch den Steueraufsichtsdienst der Bundeszollverwaltung stichprobenweise die Bestände an Zigaretten und Feinschnitt in den Auslieferungslagern der Hersteller sowie im Groß und Einzelhandel amtlich ermittelt. Unterschieden wurde dabei nach den bis zum 31. August 2005 besteuerten Beständen sowie den ab 1. September 2005 neuversteuerten Tabakwaren. Hinsichtlich des Feinschnittes wurde der sog. vorportionierte Feinschnitt geprüft. Hierbei wurde festgestellt, dass bei dem sog. vorportionierten Feinschnitt im Gegensatz zur Zigarette weit überwiegend altversteuerte Bestände vorhanden waren.
Unter dem 16. November 2005 erließ das Bundesministerium der Finanzen die „Verordnung zur Erhebung einer Nachsteuer auf vorportionierten Feinschnitt”, die im Bundesgesetzblatt 2005 Teil I, Seite 3165 am 18. November 2005 veröffentlicht wurde. Als Ermächtigungsgrundlage wird dabei auf § 31 Nr. 18 des Tabaksteuergesetzes Bezug genommen.
In § 1 dieser Verordnung findet sich die Begriffsbestimmung für vorportionierten Feinschnitt. Dieser wird dahingehend definiert, dass als solcher Tabakstränge gelten würden, die dazu bestimmt sind, in eine Zigarettenpapierhülse geschoben zu werden und die keine Zigarren oder Zigarillos im Sinne von § 2 Abs. 1 des Tabaksteuergesetzes oder Zigaretten im Sinne von § 2 Abs. 2 des Tabaksteuergesetzes sind.
Gemäß § 4 dieser Verordnung wird als Zeitpunkt des Inkrafttretens der 1. September 2005 bestimmt.
Die Antragstellerin gab eine Tabaksteueranmeldung unter dem 12. Dezember 2005 ab und errechnete dabei einen zu entrichtenden Abgabenbetrag von EUR.
Über den gegen diese Steueranmeldung eingelegten Einspruch ist noch nicht entschieden.
Der Antragsgegner hat die bei ihm beantragte Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung abgelehnt.
Die Antragstellerin hat den zum 31. Dezember 2005 gemäß der Verordnung fälligen Nachsteuerbetrag am 28. Dezember 2005 entrichtet.
Mit dem am 25. Januar 2006...