rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit des Erlasses einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung bei angemeldeten Überschüssen aus Umsatzsteuervoranmeldungen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Dem Erlass einer Pfändung- und Einziehungsverfügung steht entgegen, dass dem Finanzamt Umsatzsteuervoranmeldungen mit erheblichen Überschüssen vorliegen, denen die Zustimmung nach § 168 S. 2 AO fehlt.
  2. Der Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffs verlangt, dass Vollstreckungsmaßnahmen nur angeordnet werden sollen, wenn der Anspruch nicht bereits im Erhebungsverfahren verwirklicht werden kann.
 

Normenkette

AO § 168 S. 2, § 249 Abs. 1, § 309 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2012, 2013

 

Tatbestand

Im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes streiten die Beteiligten, ob dem Erlass einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung entgegensteht, dass dem FA Umsatzsteuervoranmeldungen mit erheblichen Überschüssen vorliegen, denen die Zustimmung nach § 168 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) fehlt.

Die Antragstellerin wurde im … 20.. gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist der Handel mit …, insbesondere mit … . Die Umsatzsteuervoranmeldungen werden dem Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) monatlich übermittelt. Für die Zeiträume November und Dezember 2012 sowie Januar 2013 meldete die Antragstellerin Überschüsse der Umsatzsteuer über die abzugsfähige Vorsteuern (sogenannte „Umsatzsteuerzahllast”) in Höhe von fast xx.xxx,-- € an.

Mit Schreiben vom 30. August 2013 übersandte das FA der Antragstellerin die der X-Bank am 27. August 2013 zugestellte Pfändungs- und Einziehungsverfügung Nr. …, die wegen eines Anspruchs in Höhe von xx.xxx € die Pfändung und Einziehung der bestehenden und zukünftigen Guthaben auf den Konto Nr. … der Antragstellerin anordnete. Mit Verfügung Nr. … vom 4. September 2013 wurde der geltend gemachte Anspruch auf xx.xxx € eingeschränkt.

Am 11. September 2013 legte die Antragstellerin gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung Nr. … in Gestalt der Einschränkungsverfügung Nr. … Einspruch ein und stellte einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung trug sie vor, seit ihrer Gründung bis zum Ende des Voranmeldungszeitraums Juni 2013 habe die Summe der vorangemeldeten Überschüsse der abzugsfähigen Vorsteuern über die Umsatzsteuer (sogenanntes „Vorsteuerguthaben”) etwa xxx.xxx,-- €. betragen. Die Vorsteuerguthaben beruhten in Wesentlichen darauf, dass ihr wichtigster inländischer Lieferant, die T GmbH, die Ware steuerpflichtig liefere, die Lieferung des … und der … aber regelmäßig steuerfrei in das Gemeinschaftsgebiet - an die … mit Sitz in … - und ins Drittland - an die…mit Sitz in … - erfolge. Das FA habe bislang seine Zustimmung nach § 168 Satz 2 AO im Wesentlichen verweigert; lediglich knapp 200,-- € seien insgesamt ausgezahlt worden. Anträge auf Verrechnung der bestehenden Rückstände mit Guthaben aus den dem FA vorliegenden Umsatzsteuer-Voranmeldungen seien unberücksichtigt geblieben bzw. unter Verweis auf die Zweifelhaftigkeit des Vorsteuerabzugs abgelehnt worden, obwohl sie - die Antragstellerin - der Anforderung von Unterlagen und Auskünften stets nachgekommen sei. Zudem habe das FA für einige Voranmeldungszeiträume bereits eine Umsatzsteuersonderprüfung durchgeführt. Da die ihr zustehenden Steuervergütungsansprüche noch nicht (vollständig) erfüllt seien, stehe der Finanzverwaltung im Wege der Aufrechnung ein milderes Mittel zur Durchsetzung ihrer Steueransprüche zur Verfügung. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung sei damit unverhältnismäßig und folglich rechtswidrig.

Über den Einspruch der Antragstellerin gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung und über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat das FA bislang nicht entschieden.

Am 27. September 2013 hat die Antragstellerin einen gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 FGO gestellt. Zur Begründung wiederholt sie ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren.

Die Antragstellerin beantragt,

die Vollziehung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung Nr. … in Gestalt der Einschränkungsverfügung Nr. … vom 4. September 2013 bis einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung über den gegen die vorgenannte Verfügung erhobenen Einspruch auszusetzen.

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Das FA vertritt die Auffassung, es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Pfändungs- und Einziehungsverfügung. Insbesondere sei die Vollstreckungsmaßnahme verhältnismäßig, da dem FA kein milderes Mittel zur Durchsetzung der Steueransprüche zur Verfügung stehe. Der von der Antragstellerin geltend gemachten Aufrechnung stehe entgegen, dass - mangels Zustimmung nach § 168 Satz 2 AO - die Ansprüche auf die angemeldeten Vorsteuerguthaben noch nicht fällig seien und es damit an einer Aufrechnungslage fehle. Ob ein Anspruch der Antragstellerin auf Erteilung der Zustimmung bestehe, sei für das vorliegende Verfahren unbeachtlich.

Im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzverfahrens hat das FA einen Band Vollstreckungsakten übe...

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