Entscheidungsstichwort (Thema)
Weiterleitungsbestätigung des vorrangig Berechtigten als Verrechnungsvertrag
Leitsatz (redaktionell)
- Für die Ablehnung eines Antrages auf Aussetzung der Vollziehung kann es genügen, wenn die Ablehnung dem Antragssteller mündlich übermittelt wird.
- Gegenstand der Bestimmungen in DA 64.4 Abs. 4 – 8 DA-FamEStG ist nicht der Erlass einer Billigkeitsmaßnahme im Sinne des §§ 163, 227 AO, sondern der Abschluss eines sog. dreiseitigen Verrechnungsvertrages.
- Die Regelungen in DA 64.4 Abs. 4 – 8 DA-FamEStG stellen Ermessensrichtlinien dar, die, soweit die Voraussetzungen vorliegen, die Familienkassen in der Weise binden, dass das grundsätzlich gegebene Ermessen für den Abschluss eines Verrechnungsvertrages auf Null reduziert ist.
Normenkette
EStG § 64 Abs. 1, § 64 Abs. Abs. 2, § 70 Abs. 2; AO § 37; DA-FamEStG § 64.4 Abs. 4
Streitjahr(e)
1999, 2000
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist u.a. die Frage streitig, ob der Antragsteller Kindergeld, das er (als nachrangig Berechtigter) zu Unrecht erhalten hat, auch dann an den Antragsgegner (das Arbeitsamt - Familienkasse -) zurückzahlen muss, wenn er geltend macht, die betreffenden Kindergeldbeträge seien von ihm im Wege der „Weiterleitung” an seine getrennt lebende Ehefrau (als vorrangig Berechtigte) geflossen. Des weiteren ist streitig, ob der Antragsteller die Zugangsvoraussetzungen für das gerichtliche Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung erfüllt hat. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Antragsteller hatte von der Familienkasse für seinen 1996 geborenen Sohn C Kindergeld erhalten. Die Auszahlungen waren zunächst auf das vom Antragsteller angegebene Konto bei der Sparkasse B erfolgt. Nachdem die Ehefrau des Antragstellers darum gebeten hatte, das Kindergeld nunmehr auf ein Konto bei der Xsparkasse S zu überweisen (Schreiben vom 16.02.2000), stellte die Familienkasse fest, dass der Antragsteller von seiner Ehefrau seit Juli 1999 getrennt lebt (Telefonnotiz vom 02.05.2000).
Daraufhin teilte die Familienkasse dem Antragsteller mit, er habe für die Zeit von August 1999 bis Februar 2000 möglicherweise zu Unrecht Kindergeld erhalten; die Ehefrau habe eine Weiterleitung des Kindergeldes nur für die Monate März bis April 2000 bestätigt; der die übrige Zeit betreffende Kindergeldbetrag müsse daher voraussichtlich zurückgefordert werden (Schreiben vom 06.06.2000).
Hierzu machte der Antragsteller im Wesentlichen folgendes geltend: Die Behauptung seiner Ehefrau, das Kindergeld sei nur für die Monate März bis April 2000 weitergeleitet worden, treffe nicht zu. Seine Ehefrau sei bis zum 27.01.2000 über das Konto bei der Sparkasse B verfügungsberechtigt gewesen und habe in der davor liegenden Zeit auch verschiedene Geldbeträge abgehoben. Am 27.01.2000 habe er an seine Ehefrau zudem einen Betrag von 700,-- DM überwiesen, der für den Monat Februar 2000 bestimmt gewesen sei (Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 16.06.2000 und vom 09.10.2000).
Am 12.10.2000 erließ die Familienkasse einen Bescheid, durch den sie die Kindergeldfestsetzung für die Zeit ab August 1999 aufhob. In dem Bescheid ist unter den Rubriken „Begründung” und „Hinweise” weiter folgendes ausgeführt: (1) Für die Zeit von August 1999 bis April 2000 sei Kindergeld in Höhe von 2.330,-- DM zuviel gezahlt worden. Dieser Betrag sei „dem Grunde nach” gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zu „erstatten”. (2) Für die Monate März und April 2000 sei das Kindergeld in Höhe von 540,-- DM weitergeleitet worden. In diesem Umfang sei der „Erstattungsausspruch” erfüllt. Es verbleibe eine Rückforderung von 1.790,-- DM. Die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen könnten nicht als Nachweis für eine Weiterleitung des vorgenannten Betrags anerkannt werden. Dies sei nur möglich, wenn der Antragsteller eine entsprechende Bestätigung seiner Ehefrau vorlege.
Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch machte der Antragsteller geltend, mit der genannten Weiterleitungsbestätigung verlange die Familienkasse von ihm eine „unmögliche Leistung”, da eine solche Erklärung von getrennt lebenden Ehegatten erfahrungsgemäß regelmäßig nicht zu erhalten sei.
Die Familienkasse wies den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führe sie u.a. aus: Die Weiterleitung des Kindergeldes an den vorrangig Berechtigten habe auf die Rechtmäßigkeit der Rückforderung gegenüber dem nachrangig Berechtigten keinen Einfluss. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei es sachgerecht, den Erstattungsanspruch nur dann als erfüllt anzusehen, wenn der vorrangig Berechtigte bescheinige, dass er das Kindergeld durch Weiterleitung erhalten habe und insoweit seinen Anspruch auf Kindergeld als erfüllt anerkenne (Einspruchsentscheidung vom 20.11.2000).
Der Antragsteller hat gegen die Einspruchsentscheidung mit Schreiben vom 15.12.2000 Klage erhoben, mit der er im Wesentlichen folgendes geltend macht: Die Familienkasse habe ihm gegenüber keinen Anspruch auf Rückforderung des zu Unrecht gezahlten Kinder...