Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahl der Gewinnermittlungsart des inländischen Gesellschafters einer ausländischen bilanzierenden Gesellschaft – Steuerstundungsmodell und Progressionsvorbehalt
Leitsatz (redaktionell)
- Die Fiktion eines Gewerbebetriebes gilt auch bei einer im Inland steuerpflichtigen vermögensverwaltenden ausländischen Personengesellschaft, wenn sie nach ihrem rechtlichen Aufbau und ihrer wirtschaftlichen Gestaltung einer inländischen Personengesellschaft entspricht.
- Obwohl die Zuweisung des Besteuerungsrechts nach dem Doppelbesteuerungsabkommen losgelöst von der Vorschrift des § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG zu erfolgen hat, bleibt die Vorschrift für die Qualifizierung der Einkünfte nach innerstaatlichem Recht gültig.
- Es ist ernstlich zweifelhaft, ob eine ausländische Buchführungspflicht zugleich eine inländische Buchführungspflicht nach § 140 AO – wegen einer Verpflichtung nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen – auslösen kann.
- Bei einem nach ausländischem Recht erstellten Jahresabschluss handelt es sich nicht um einen solchen, zu dessen Aufstellung eine rechtliche Verpflichtung im Sinne des § 5 Abs. 1 EStG bestand bzw. der freiwillig im Sinne dieser Vorschrift aufgestellt wurde, da sich die Vorschrift in beiden Alternativen nur auf einen Jahresabschluss bezieht, der dem deutschen Handels- oder Steuerrecht entsprechend aufgestellt wurde.
- Es ist ernstlich zweifelhaft, ob sich aus § 146 Abs. 2 S. 2 - 4 AO eine zwingende Maßgeblichkeit der ausländischen Bilanz einer Gesellschaft für die Zwecke der Besteuerung der Gesellschafter im Inland herleiten lässt.
- Nach summarischer Prüfung kann ein Gewinn – für den im Ausland eine Bilanz erstellt wurde – für die Besteuerung im Inland durch eine Überschussrechnung ermittelt werden.
- Steuerstundungsmodelle liegen immer dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten wird, zumindest in der Anfangsphase der Investitionen die prognostizierten Verluste mit übrigen positiven Einkünften zu verrechnen.
- Beruht die Gesellschaftsgründung auf einer individuellen Gestaltung des Steuerpflichtigen und handelt es sich nicht um eine Beteiligung an einer Fondgesellschaft, bei der eine Vermarktung eines konkret vorgefertigten Konzepts beziehungsweise eine Bündelung von Verträgen erfolgt, fehlt es nach summarischer Prüfung an der für ein Steuerstundungsmodell erforderlichen Modellhaftigkeit und der typischen Passivität des Investors.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, 3, §§ 15b, 32b
Streitjahr(e)
2007
Tatbestand
Die Antragsteller sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Antragsteller, der als Investmentbanker in leitender Position für eine Bank, die sich insbesondere im Handel mit Gold und Edelmetallen engagiert, tätig ist, plante, ebenfalls in den Bereich des Edelmetallhandels geschäftlich einzusteigen. Zu diesem Zwecke gründete er nach Beratung durch Rechtsanwälte und Steuerberater und Kontaktierung von Banken zum Zwecke der Unternehmensfinanzierung am 13.12.2007 mit einer Einlage von 1.400.000,- Euro die A mit Sitz in London, an der neben ihm lediglich die in Großbritannien ansässige B als kapital- und vermögensmäßig nicht beteiligte Komplementärin beteiligt war. Nach der Satzung besteht der Gegenstand des Unternehmens der A im Handel mit Edelmetallen, Rohstoffen und Wertpapieren.
Im Dezember 2007 investierte die A in Edelmetalle und erwarb für umgerechnet 1.398.565,13 Euro Goldbarren, wobei der Ankauf durch die Bank C (Schweiz) im Auftrag einer D für die A erfolgte. Weitere Geschäfte wurden im Streitjahr nicht getätigt.
Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2007 begehrten die Antragsteller die Berücksichtigung eines Verlustanteils aus der Beteiligung des Antragstellers an der A in Höhe von 1.387.314,- Euro im Wege des negativen Progressionsvorbehalts nach § 32b des Einkommensteuergesetzes – EStG –. Dieser begehrte Verlustanteil resultierte daraus, dass der sich aus der nach britischem Recht für die A zur erstellenden Bilanz für das Rumpfwirtschaftsjahr bis 31.12.2007 ergebende, aus Währungsdifferenzen resultierende Gewinnanteil von 46,22 Euro für Zwecke des negativen Progressionsvorbehalts im Wege einer Überleitungsrechnung nach § 4 Abs.3 EStG unter sofortigem Betriebsausgabenabzug der Anschaffungskosten des erworbenen Umlaufvermögens (Goldbarren) abweichend von der nach britischem Recht erfolgten Gewinnermittlung der A angesetzt werden sollte. Dem folgte der Antragsgegner nicht und erließ am 29.09.2008 einen Einkommensteuerbescheid für 2007, in dem er neben dem Gewinnanteil von 46,- Euro noch Sonderbetriebsausgaben von 400,- Euro, mithin lediglich einen Verlust von 354,- Euro in Rahmen des negativen Progressionsvorbehalts berücksichtigte. Den hiergegen am 06.10.2008 erhobenen Einspruch wies der Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom 17.11.2009 zurück.
Am 17.12.2009 erhoben die Antragsteller Klage mit der sie die Berücksichtigung des Verlustanteils aus der Beteiligung an der A im Wege des negativen...