rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleichszahlungen wegen außerordentlicher Kündigung von Wandelschuldverschreibungen an Führungskräfte als Arbeitslohn
Leitsatz (redaktionell)
- Für ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse genügt z.B. die Möglichkeit, dass das Finanzamt die Meinung, die das Gericht in einem erledigten Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren äußert, im anschließenden Veranlagungsverfahren respektiert, sofern der Sachverhalt unverändert bleibt.
- Ablösezahlungen als Wertausgleich für den Wegfall der Rechte und Chancen aus Wandelschuldverschreibungen bei Kündigung des Dienstverhältnisses sind durch das jeweilige Dienstverhältnis veranlasst und demzufolge als Arbeitslohn zu qualifizieren.
- Die berufliche Veranlassung wird nicht dadurch verdrängt, dass mit Zeichnung der Wandelanleihe durch einen berechtigten Arbeitnehmer ein eigenständiges Rechtsverhältnis neben dem Arbeitsverhältnis begründet wird.
Normenkette
FGO § 100 Abs. 1 S. 4; EStG § 19 Abs. 1, § 41a Abs. 1, §§ 38, 38a
Streitjahr(e)
2001
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob Ausgleichszahlungen, die die Klägerin wegen außerordentlicher Kündigung von Wandelschuldverschreibungen an einen Teil ihrer Führungskräfte geleistet hat, der Lohnsteuer zu unterwerfen waren.
Die Hauptversammlung ermächtigte den Vorstand der Klägerin mit Beschluss vom…1998, mit Zustimmung des Aufsichtsrats bis zum … 2001 - einmalig oder mehrmals - verzinsliche Wandelschuldverschreibungen im Gesamtnennbetrag von bis zu … Millionen DM zu begeben. Die Laufzeit betrug jeweils 5 Jahre. Die Wandelschuldverschreibungen durften ausschließlich einem näher definierten Kreis von Führungskräften des Unternehmens zum Erwerb angeboten werden, das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre wurde ausgeschlossen. Mit Ausgabe der jeweiligen Wandelschuldverschreibung erhielten die Inhaber das Recht, ihre Schuldverschreibungen ganz oder in Teilbeträgen in Aktien der Klägerin umzutauschen. Je 5 DM Nennbetrag der Wandelschuldverschreibung berechtigten zum Umtausch in eine auf den Inhaber lautende Aktie der Klägerin (im Nennwert von ebenfalls 5 DM).
Die Ausübung des Wandlungsrechts war an verschiedene Voraussetzungen geknüpft:
Das Wandlungsrecht konnte erstmalig nach Ablauf von drei Jahren nach Ausgabe der Schuldverschreibung ausgeübt werden. In den folgenden zwei Jahren waren Ausübung des Wandlungsrechts und Verkauf der dadurch erworbenen Aktien auf bestimmte, maximal vierwöchige Zeiträume nach der ordentlichen Hauptversammlung sowie nach Bekanntgabe von Quartals- bzw. Halbjahresberichten beschränkt.
Die Ausübung des Wandlungsrechts war zusätzlich an eine Performancehürde geknüpft. Die Wertentwicklung der Unternehmens-Aktie zwischen zwei genau bestimmten Referenzperioden musste besser sein als die Wertentwicklung des Performanceindex „Dow Jones STOXX®Unternehmen” (Unternehmens-Performanceindex). Andernfalls waren die Schuldverschreibungen innerhalb eines Monats nach Ablauf der dreijährigen Sperrfrist zum Nennbetrag zuzüglich aufgelaufener Zinsen zurückzuzahlen.
Der Wandlungspreis sollte aus einem näher definierten durchschnittlichen Börsenkurs der Unternehmens-Aktie abzüglich eines sogenannten Performanceabschlags ermittelt werden, der sich gegebenenfalls verdoppelte. Bei Ausübung des Wandlungsrechts war eine Barzuzahlung in Höhe des Differenzbetrags zwischen Wandlungspreis je Aktie und Nennbetrag der hierfür gewandelten Teilschuldverschreibung zu leisten.
Die Rechte aus der Schuldverschreibung waren nicht übertragbar; ihr Inhaber musste in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zum Unternehmens-Konzern stehen.
Zur Durchführung erfolgte eine bedingte Kapitalerhöhung des Grundkapitals der Klägerin um … Millionen DM.
Laut Vorstandsbericht an die Hauptversammlung sollte sich das Angebot der Wandelschuldverschreibungen an einen engen Kreis von etwa 300 Führungskräften richten, für die dadurch ein besonderer Leistungsanreiz zur nachhaltigen Steigerung des Unternehmenswerts und eine zusätzliche Identifikation mit dem Unternehmen geschaffen werden sollte. Das bedingte Kapital von … Millionen machte rund 1,6 % des Grundkapitals der Klägerin im Zeitpunkt der Beschlussfassung aus. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Punkt 11 der Tagesordnung der Hauptversammlung vom … 1998 (Bl. 9 ff. Lohnsteuer-Arbeitgeberakten) Bezug genommen.
Auf der Grundlage dieser Ermächtigung begab die Klägerin zunächst am … 1998 im Rahmen einer Wandelanleihe, sogenannter „Long Term Incentive Plan 1998”(LTIP 1998), Wandelschuldverschreibungen an Führungskräfte. Für die lohnsteuerliche Behandlung holte die Klägerin eine Lohnsteuer-Anrufungsauskunft des damals zuständigen Finanzamts (Bl. 14 f. Lohnsteuer-Arbeitgeberakten) ein. Nach damals übereinstimmender Auffassung war der Erwerb der Schuldverschreibung ohne lohnsteuerliche Auswirkung und erst im Wandlungsfall ein entstehender geldwerter Vorteil als Arbeitslohn zu versteuern. Der LTIP 1998 wurde regulär beendet; Wandlungsrechte konnten nicht ausgeübt werden, weil die Performancehü...