Entscheidungsstichwort (Thema)
Medizinische Artikel als üblicher Geschäftsgegenstand
Leitsatz (redaktionell)
1. § 8 Abs. 3 EStG stellt darauf ab, dass der Arbeitgeber die zu beurteilende Leistung im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet, wobei nicht erforderlich ist, dass die Ware oder die Dienstleistung, auf die der Personalrabatt gewährt wird, zum üblichen Geschäftsgegenstand des Arbeitgebers gehört.
2. Für medizinische Artikel aus der Krankenhausapotheke, ist der Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG zu gewähren, da sie überwiegend an Patienten und nicht an Mitarbeiter abgegeben werden.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 3, § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 42d Abs. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
1992, 1993, 1994, 1995
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides. Fraglich ist, ob die verbilligte Überlassung von Artikel des medizinischen Bedarfs aus der Krankenhausapotheke an das Personal der Klägerin § 8 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) unterfällt.
Bei der Klägerin fand für den Zeitraum 01.01.1992 bis 30.06.1995 eine Lohnsteueraußenprüfung statt. Dabei stellte der Prüfer fest, daß die Klägerin aus ihrer Krankenhausapotheke nicht verschreibungspflichtige Medikamente und sonstige medizinische Artikel unter den ortsüblichen Preisen an ihre Arbeitnehmer abgab. Er sah die Differenz zwischen Abgabepreis und ortsüblichem Preis als geldwerten steuerpflichtigen Vorteil an, versagte jedoch die Gewährung des Rabattfreibetrages nach § 8 Abs. 3 EStG. Die Klägerin beantragte zunächst die Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 EStG. Der Beklagte erließ daraufhin einen Nachforderungsbescheid, gegen den die Klägerin Einspruch einlegte. Im Rahmen dieses Einspruchsverfahrens nahm die Klägerin auf entsprechenden Hinweis des Beklagten den Pauschalierungsantrag zurück und erklärte gleichzeitig, daß mangels entsprechender Unterlagen kein Nachweis für den dem jeweiligen Arbeitnehmer gewährten geldwerten Vorteil mehr erbracht werden könne. Daraufhin hob der Beklagte den Nachforderungsbescheid auf und erließ am 30.07.1996 gemäß § 42 d EStG einen Haftungsbescheid gegen die Klägerin. Zwischen den Beteiligten bestand und besteht insoweit Einvernehmen darüber, daß die Voraussetzungen für die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen dem Grunde und der Höhe nach vorliegen und die Inanspruchnahme der Klägerin durch Haftungsbescheid ermessensfehlerfrei ist. Unstreitig ist auch, daß - wenn § 8 Abs. 3 EStG einschlägig sein sollte - die Grundlage für den Haftungsbescheid entfällt, weil die lohnsteuerpflichtigen Vorteile jedes einzelnen Arbeitnehmers den Rabattfreibetrag von 2.400,-- DM je Arbeitnehmer nicht übersteigen.
Nach erfolglosem Einspruch gegen den streitbefangenen Haftungsbescheid begehrt die Klägerin weiterhin die ersatzlose Aufhebung des Haftungsbescheides. Sie wendet sich mit ihrer Klagebegründung ausschließlich gegen eine rechtsfehlerhafte Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG. Zwar seien durch § 8 Abs. 3 EStG nur die Sachbezüge begünstigt, die von der unternehmerischen Liefer- und Leistungpalette des Arbeitgebers umfaßt würden. Eine weitere Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 3 EStG entspreche nicht dem Zweck dieser Norm, insoweit sei eine extensive Auslegung zu bevorzugen. Die Abgabe von Medikamenten gehöre aber zum unternehmensspezifischen Bereich eines Krankenhauses, denn die Verabreichung von Medikamenten fließe in die zu vergütende Pflegeleistung ein. Dafür spreche auch Abs. 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 Lohnsteuerrichtlinien. Die Medikamentation der Patienten sei im Rahmen der gesamten Dienstleistungen von erheblicher Bedeutung, so daß man bei den medizinischen Artikeln von Rohstoffen, Zutaten und Halbfertigprodukten im Sinne der Lohnsteuerrichtlinien, nicht aber wie der Beklagte allenfalls von Betriebs- oder Hilfsstoffen auszugehen habe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Haftungsbescheid vom 30.07.1996 über 14.367,58 DM Lohnsteuer und 291,74 DM Solidaritätszuschlag sowie die Einspruchsentscheidung vom 28.10.1996 ersatzlos aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach Auffassung des Beklagten ist § 8 Abs. 3 EStG nicht anzuwenden. § 8 Abs. 3 EStG sei auf die Sachbezüge beschränkt, die die eigene unternehmerische Liefer- und Leistungspalette des Arbeitgebers umfasse. Der Handel mit medizinischen Artikeln gehöre bei der Klägerin nicht dazu. Ergänzend verweist der Beklagte auf die Einspruchsentscheidung vom 28.10.1996 (Blatt 17-22 Finanzgerichtsakte). § 8 Abs. 3 EStG sei deshalb nur anzuwenden, wenn es sich bei den verbilligt abgegebenen Waren um solche handele, die beim Arbeitgeber Gegenstand des allgemeinen Geschäftsverkehrs seien. Dieses Merkmal der Rechtsfolgenseite sei in den Tatbestandsmerkmal des § 8 Abs. 3 EStG hineinzulesen. Danach handele es sich bei der Leistung der Krankenhausapotheke nicht um die eigentliche unternehmensspezifische Leistung des Krankenhausbetriebes der Klägerin. Abschnitt 32 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Lohnsteuerrichtlini...