Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlass wegen Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Erlass aufgrund einer wirtschaftlichen Notlage ist regelmäßig nur vertretbar, wenn die Steuerfestsetzung Ursache für die Notlage ist
2. In der Vernachlässigung steuerlicher Mitwirkungspflichten liegt ein eindeutiger Verstoß gegen die Interessen der Allgemeinheit, wenn dies ein Anwachsen der Steuerschulden zur Folge hat
Normenkette
AO § 227 Abs. 1
Streitjahr(e)
1998
Tatbestand
In dem Rechtsstreit geht es um die Frage ob das Finanzamt bei der Ablehnung eines Antrags der Kläger auf Erlaß von Steuern und steuerlichen Nebenabgaben ermessensfehlerhaft gehandelt hat.
Die Kläger sind ..............( Freiberufler ) und werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit Schreiben vom 03.10.1998 hatten sie beim Finanzamt einen Antrag auf Erlaß ihrer rückständigen Einkommensteuer und Nebenabgaben von zusammen xxx.xxx ,-- DM aus den Jahren 1994 bis 1997 gestellt und dazu angeführt, sie seien wirtschaftlich nicht zur Zahlung dieser Beträge in der Lage.
Zur Begründung führten sie an, daß ihnen durch die Zahlung bzw. die Pfändung dieser Beträge die Existenzgrundlage entzogen würde und ein weiteres Führen Ihrer .........praxen nicht möglich sei. Zum Nachweis ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse legten sie eine Berechnung bei, wonach von den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit für das Kalenderjahr 1997 in Höhe von xxx.xxx ,-- DM nach Abzug der Versicherungsbeiträge von xx.xxx ,-- DM und der Privatmiete einschließlich Nebenkosten von xx.xxx ,-- DM sowie der Sonderausgaben vorwiegend für Kinderbetreuung in Höhe von xx.xxx ,-- DM nur noch ein verfügbares Einkommen von xx.xxx ,-- DM verbleibe. Übrigbleiben würde somit nach Abzug eines Existenzminimums einer .......köpfigen Familie in Höhe von xx.xxx ,-- DM ein pfändbarer Betrag in Höhe von x.xxx ,-- DM. Rückständige Steuern seien jedoch in Höhe von xx.xxx ,-- DM gezahlt worden.
Dieser Erlaßantrag wurde mit Bescheid des Finanzamts vom 16.10.1998 im wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, daß aufgrund der Höhe der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit laut Einkommensteuererklärung 1997 in Höhe von xxx.xxx ,-- DM keine Existenzgefährdung erkennbar sei und somit auch keine Erlaßbedürftigkeit bestehe.
Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Auf die Einspruchsentscheidung vom 03.12.1998 wird Bezug genommen.
Mit ihrer Klage begehren die Kläger den Teilerlaß rückständiger Einkommensteuer der Jahre 1994 bis 1997 dahingehend, daß für diese Jahre eine durchschnittliche Einkommensteuer in Höhe von jeweils x.xxx ,-- DM festgesetzt wird, da diese Steuerbelastung ihrem verfügbaren Einkommen entspreche. Die darüber hinausgehenden rückständigen Steuern und Nebenabgaben seien zu erlassen.
Der Gesamtbetrag der rückständigen Steuern belief sich zum Zeitpunkt der Klageerhebung auf xx.xxx,xx DM Einkommensteuer zuzüglich der Annexsteuern und Nebenabgaben, zusammen mithin xxx.xxx,xx DM. Die rückständige Einkommensteuer setzt sich zusammen aus der Abschlußzahlung des Steuerbescheids für 1995 in Höhe von xx.xxx ,-- DM, einem Anteil der Vorauszahlung 4/96 von xx.xxx,xx DM, der Abschlußzahlung 1996 von xx.xxx ,? DM und den Vorauszahlungen für das 1. bis 4. Quartal 1998 von jeweils x.xxx,?? DM. Mit Ausnahme der Vorauszahlung 4/96 sind sämtliche Beträge im Jahr 1998 fällig geworden.
Zur Begründung tragen sie im wesentlichen vor, daß aufgrund gesetzgeberischer Maßnahmen im ................bereich ihre ........... Einnahmen von xxx.xxx,?? DM im Jahr 1995 auf xxx.xxx,-- DM im Jahr 1997 zurückgegangen seien ( Rückgang ca. 120.000 ,-- DM ). Hierdurch hätten sie im Jahr 1997 kein angemessenes Entgelt für ihre ................. Tätigkeit erzielen können. Damit seien die Voraussetzungen für einen Erlaß aus persönlichen Billigkeitsgründen gegeben, da die Vollstreckungsmaßnahmen der Finanzbehörden ihnen nicht mehr die Möglichkeit lassen, ihr Existenzminimum durch ihre Arbeit aufzubringen.
Nach Auffassung der Kläger liegen auch sachliche Billigkeitsgründe vor, die einen Erlaß rechtfertigen würden, da in ihrem Fall der Gleichheitsgrundsatz verletzt sei. Die progressive Besteuerung treffe sie zu Unrecht, weil die Ungleichheit der Einkünfte der vorangegangenen Jahre nicht durch ihre ungleichmäßige Leistung, sondern bei gleichmäßiger Leistung durch staatliches Handeln verursacht sei. Dadurch habe sich die Allgemeinheit durch eine einzelne Berufsgruppe benachteiligende Regelungen in unangemessener Weise ihr nicht zustehende Mittel beschafft.
Die Kläger vertreten die Ansicht, daß das Finanzamt die Vorschriften des Ermessensgebrauchs bei Ablehnung ihres Erlaßantrags nicht richtig angewandt hat.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 03.12.1998 die Einkommensteuer der Jahre 1994 bis 1997 auf jeweils x.xxx ,-- DM festzusetzen und die darüber hinausgehenden Steuern und Nebenabgaben zu erlassen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es vertritt...