rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer 1994

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt einen Fuhrbetrieb. Im Rahmen dieses Unternehmens führt sie im Auftrag von Gerichtsvollziehern Zwangsräumungen von Mietwohnungen durch. Grundlage der Zwangsräumungen sind Verträge, für die zwischen den Räumungsunternehmern und den

Gerichtsvollziehern eine Preisliste vereinbart wurde, nach der die Entgelte je nach Leistungsaufwand gestaffelt sind:

Wird die Zwangsräumung tatsächlich durchgeführt, richtet sich das Entgelt zuzüglich Umsatzsteuer nach der Anzahl der Stunden und der Anzahl der Packer. Kommt es zu einem „Räumungsausfall”, weil der Mieter die Wohnung vor der Zwangsräumung noch rechtzeitig selbst geräumt hat, wird je nach Anzahl der zu räumenden Zimmer ein pauschales Entgelt berechnet, auf das Umsatzsteuer dann aufgeschlagen wird, wenn die Packer bereits mit der Anfahrt begonnen hatten. Hatte die Anfahrt im Zeitpunkt der Stornierung noch nicht begonnen, wurden sog. „Bereitstellungskosten” ohne Umsatzsteuer berechnet. Im Einzelnen wird auf die Preisliste Blatt 26 der Gerichtsakte verwiesen.

Nachdem die Klägerin in ihrer Umsatzsteuererklärung 1994 Einnahmen für Räumungsausfälle in Höhe von 20.920,– DM als nicht steuerbaren Schadensersatz nicht der Umsatzsteuer unterworfen hatte, erließ das FA nach vorausgegangener Zustimmung am 17.3.1997 einen Änderungsbescheid, in dem es diese Erlöse mit dem Nettobetrag von 18.192,03 DM zusätzlich erfaßte. Dies führte zu einer Erhöhung der festgesetzten Umsatzsteuer um 2.728,80 DM.

Den fristgemäß erhobenen Einspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, es handele sich bei den „Bereitstellungsentgelten” um nicht steuerbaren Schadensersatz, wies das FA mit der Begründung zurück, zwischen den Vertragsparteien sei ein Dienstvertrag geschlossen worden, bei dem der Gerichtsvollzieher mit der Stornierung der bestellten Räumung in Annahmeverzug gerate. Der fortbestehende Zahlungsanspruch nach § 615 BGB sei dogmatisch als Erfüllungsanspruch und nicht als Schadensersatzanspruch anzusehen.

Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie geltend macht: Der Bundesfinanzhof (BFH) habe mit Urteil vom 27.8.1970 V R 159/66 (BFHE 100, 259, BStBl II 1971, 6) entschieden, daß es sich bei der Vergütung, die ein Unternehmer nach Kündigung oder vertraglicher Auflösung eines Werklieferungsvertrages vereinnahme, ohne das Werk geliefert zu haben, nicht um Entgelt im Sinne des Umsatzsteuerrechtes handele. Die Leistungsbereitschaft des Unternehmers allein sei keine steuerbare Leistung. Etwas anderes gelte nur dann, wenn der Unternehmer seine Arbeitskraft zur jederzeitigen Verfügung bereithalte. Vorliegend läge aber kein Dauerschuldverhältnis vor, da die Werkverträge mit den Gerichtsvollziehern von Fall zu Fall geschlossen würden. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) habe mit Urteil vom 24.4.1986 VII ZR 139/84 (NJW RR 1986, 1026) entschieden, daß bei Nichtausführung einer bestellten Werkleistung nach Kündigung kein umsatzsteuerpflichtiger Tatbestand gegeben sei. Unter Berufung auf dieses Urteil habe das Amtsgericht Wiesloch (Beschluß vom 9.7.1984 1 M 1093/83, Gerichtsvollzieherzeitung 1984, 157) einen Ersatzanspruch in Höhe der Umsatzsteuer für Räumungsausfälle von Gerichtsvollziehern versagt, soweit die Anfahrt noch nicht begonnen habe. Dem folge die Justizverwaltung.

Die Klägerin beantragt

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 2.6.1997 den Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 17.3.1997 dahingehend zu ändern, daß die Umsatzsteuer wie erklärt auf 10.781,50 DM festgesetzt wird.

Das FA beantragt

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin habe eine steuerbare sonstige Leistung erbracht. Im Unterschied zur Rechtslage bei einem Werklieferungsvertrag handele es sich vorliegend um einen Dienstvertrag, bei dem die Erfüllungsbereitschaft als sonstige Leistung anzusehen sei.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist nicht begründet, da das FA zu Recht die Zahlungen für Bereitstellungskosten bei Räumungsausfällen als Leistungsentgelt der Umsatzsteuer unterworfen hat. Gemäß § 1 Absatz 1 Nr. 1 UStG unterliegen neben Lieferungen auch sonstige Leistungen der Umsatzsteuer. Eine derartige Leistung hat die Klägerin vorliegend unabhängig davon erbracht, ob sie die Zwangsräumung vollendet, mit der Anfahrt begonnen oder ob die Stornierung noch vor Beginn der Anfahrt erfolgt ist. Denn die Klägerin hat auch bei Stornierung vor Abfahrt im Hinblick auf die bevorstehende Räumung zumindest Organisationsleistungen erbracht hat, für die in der mit der Justizverwaltung vereinbarten Preisliste „Bereitstellungsentgelte” berechnet werden und die über die reine Entgegennahme des Vertragsangebotes als Ausdruck der Erfüllungsbereitschaft hinausgehen (zum Bindungsentgelt als Leistung vgl. BFH Urteil vom 10.7.1997 V R 94/96, BStBl II 1997, 77).

2. Allerdings fehlt es dann an einer steuerbaren Leistung, wenn das Entgelt nicht für die erbrachte Gegenleistung,...

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