rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufrechnung mit unbestrittenen Forderungen nach § 226 Abs. 3 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. § 226 Abs. 3 AO erlaubt eine Aufrechnung nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen. Als „unbestritten” ist eine Forderung dann nicht anzusehen, wenn der Schuldner die Einrede der Verjährung erhoben hat.
  2. Bei der Aufrechnung Dritter mit rechtswegfremden Forderungen ist der Begriff „unbestritten” weit auszulegen. Er umfasst jedes rechtwegfremde Hindernis – auch die bloße Einrede.
 

Normenkette

AO § 226 Abs. 3

 

Streitjahr(e)

2004

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Abrechnungsbescheides.

Die Kläger (Kl.) werden als Eheleute zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Aufgrund des Bescheides für das Jahr 2000 vom … .2002 schulden sie dem Beklagten (Bekl.) Einkommensteuer i.H.v. … €, Verspätungszuschlag i.H.v. … € sowie Zinsen i.H.v. … €. Daneben wurde unter dem gleichen Datum eine nachträgliche Erhöhung der Vorauszahlungen für das Jahr 2001 (so genannte 5. Rate) gemäß § 37 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.H.v… € festgesetzt. Diese Bescheide des Bekl. wurden bestandskräftig und sind zwischen den Beteiligten dem Grunde und der Höhe nach unstreitig.

Mit Schreiben vom … .2002 erklärte der Kl. gegenüber diesen Forderungen i.H.v… € die Aufrechnung mit Ansprüchen gegen das Land Hessen aus seiner Tätigkeit als amtlich bestellter Betreuer.

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Mit Schreiben vom … .2002, welches bei dem zuständigen Amtsgericht … am … .2002 einging, beantragte der Kl. für die Betreuung des mittellosen A in der Zeit vom … .1997 bis zum … .2002 die Erstattung von Betreuervergütung und Auslagen i.H.v. insgesamt … €. Diese Gesamtsumme setzt sich wie folgt zusammen:

1997 – … 1997:

DM

= … €

1998 – … 1998:

DM

= … €

2000 – … 2001:

DM

= … €

2001 – … 2002:

… €

Mit Beschluss vom … .2002, … /98, setzte das Amtsgericht … den Anspruch des Kl. auf … € – also nur für den Zeitraum vom … .2001 bis zum … .2002 – fest und zahlte diesen Betrag an den Kl. aus. Die Ansprüche für die Zeit vom . .2000 bis zum . .2001 seien gemäß §§ 1835 Abs. 1 Satz 3 und 1836 Abs. 2 Satz 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bereits erloschen, da sie nicht binnen 15 Monaten nach ihrer Entstehung beantragt worden seien. Darüber hinaus seien die Ansprüche aus der Zeit vor dem 01.01.1999 gemäß den §§ 196 Abs. 1 Nr. 7, 198 Satz 1 BGB verjährt. Entscheidend für diese Beurteilung sei, dass sich der Vergütungsanspruch des Berufsbetreuers bereits unmittelbar aus dem Gesetz ergebe; lediglich dessen Höhe werde durch die nachfolgende Bewilligung im Einzelnen festgelegt. Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde wurde vom Landgericht … mit Beschluss vom … .2002, …, unter Aufrechterhaltung der Argumentation des Amtsgerichtes rechtskräftig zurückgewiesen, weil der Bezirksrevisor jedenfalls im zweitinstanzlichen Verfahren ausdrücklich die Verjährungseinrede erhoben habe.

Am … .2004 erging der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001, aus dem sich eine Einkommensteuerschuld i.H.v… € ergab, so dass das Finanzamt – wegen der dadurch bedingten Minderung der Vorauszahlung für 2001 – nunmehr insgesamt nur noch die Zahlung eines Betrages von … € begehrt.

Am … .2004 erließ der Bekl. auf den Antrag der Kl. einen Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO), mit dem er den offenen Gesamtbetrag auf die bereits genannte Summe von … € bezifferte. Die erklärte Aufrechnung mit dem Anspruch auf Betreuervergütung sei gemäß § 226 Abs. 3 AO nicht wirksam, da diese Forderung verjährt und damit nicht unbestritten sei.

Mit ihrem hiergegen rechtzeitig erhobenen Einspruch machten die Kl. zum einen geltend, dass die Ansprüche entgegen der Würdigung der Zivilgerichte nicht verjährt seien. Zum anderen greife § 226 Abs. 3 AO aber auch nicht ein, weil die Forderung des Kl. unbestritten sei, denn weder der Bezirksrevisor noch das Amtsgericht hätten Einwände gegen die Höhe der Forderung erhoben.

Die Entscheidung des Bekl. vom … .2008 wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Die Ansprüche für den Zeitraum vom … .2000 bis zum … .2001 seien nach den genannten Beschlüssen als verwirkt (erloschen) anzusehen. Die Aufrechnung mit Vergütungsansprüchen für die Zeit vom … .1997 bis zum … .1997 sei bereits nach den – allgemeinen – Voraussetzungen des §§ 226 Abs. 1 AO i.V.m. § 390 Satz 1 BGB in der für den Streitfall maßgebenden Fassung ausgeschlossen, da diese Forderung nach §§ 196 Abs. 1 Nr. 7, 198 Abs. 1 BGB zum 31.12.1999 verjährt sei. Da die Einkommensteuer für das Jahr 2000 gemäß § 36 Abs. 1 EStG mit Ablauf des 31.12.2000 und die Zinsen und Verspätungszuschläge wie die nachträgliche Vorauszahlung für das Jahr 2001 erst mit der Festsetzung im Jahr 2002 entstanden seien, hätten sich die Forderungen zu keinem Zeitpunkt in nicht verjährter Form gegenüber gestanden, so dass § 390 Satz 2 BGB zugunsten des Kl. nicht eingreife. Die Frage der Verjährung könne auch nicht abwe...

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