Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1993
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird im Zuge der Betriebsaufgabe ein bisher landwirtschaftlich genutztes Grundstück, das in einem erschlossenen Baugebiet liegt, in das Privatvermögen überführt, so orientiert sich der Entnahmewert an dem Verkehrswert für baureifes Land in dem entsprechenden Gemeindegebiet.
2. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die mit der Wertfindung verbundene Schätzung bestehen nicht.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 3 S. 3, § 14 S. 2; BewG § 9 Abs. 2; GG Art. 3, 20 Abs. 3
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
Der Streitwert wird auf 125.058,– DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Aufgabegewinns, den der Kläger im Zuge der Aufgabe seines landwirtschaftlichen Betriebes im Jahr 1993 erzielt hat. Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger und seine Ehefrau, die Klägerin, werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der 1925 geborene Kläger hat in A. … einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb geführt, dessen Gewinn er nach § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) ermittelt hat. Zum 1.1.1993 hat er diesen Betrieb aufgegeben und den Landwirtschaftlichen Sachverständigen B. aus C. mit der Ermittlung des Verkehrswertes des landwirtschaftlichen Betriebes zum Aufgabezeitpunkt beauftragt. Der Sachverständige kam in seinem Gutachten vom 13.12.1992, auf das Bezug genommen wird (Blatt 5 ff. Einkommensteuer-Akte 4/4 93), zu dem Ergebnis, daß der steuerlich maßgebende Verkehrswert des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers zum 1.1.1993 mit 598.966,– DM anzusetzen sei. In seinem Gutachten hatte er das in Flur … Flurstück … belegene Grundstück (im folgenden: Grundstück K. in der Größe von 1.860 qm als Ackerland mit einem qm-Preis von 4,– DM (7.440,– DM) angesetzt.
Auf der Grundlage dieses Gutachtens teilten die Kläger dem Beklagten (das Finanzamt) mit Schreiben vom 17.2.1993 die Betriebsaufgabe mit und ermittelten einen Aufgabegewinn von 130.120,– DM, von dem sie nach Abzug des Freibetrages nach § 14 i.V.m. § 16 Abs. 4 Satz 3 EStG einen Betrag von 10.120,– DM als steuerpflichtigen Aufgabegewinn behandelten.
Nachfragen des Finanzamts bei der Gemeinde A. ergaben, daß es sich bei dem Grundstück K. um baureifes Land handelt. Daraufhin hat der Landwirtschaftliche Sachverständige sein Gutachten am 28.7.1993 berichtigt und den Wert dieses Grundstücks mit 460.000,– DM ermittelt. Auf den Inhalt des berichtigten Gutachtens (Blatt 24 ff. Einkommensteuer-Akte 4/4 93) wird Bezug genommen.
Unter Zugrundelegung des berichtigten Gutachtens errechnete das Finanzamt einen Aufgabegewinn von 607.675,– DM und setzte die Vorauszahlungen zur Einkommensteuer für das 3. und 4. Quartal 1993 mit Bescheid vom 27.8.1993 auf je 56.721,– DM fest. Die Steuerfestsetzung enthielt einen Rechenfehler zugunsten der Kläger und hätte bei richtiger Berechnung je Quartal auf 68.125,– DM lauten müssen.
Gegen diesen Bescheid haben die Kläger Einspruch eingelegt. Gegenstand des Einspruchsverfahrens war allein die Wertermittlung für das Grundstück K. Bezüglich dieses Grundstücks machten die Kläger, die sich zunächst durch ihren Sohn vertreten ließen, geltend, das Grundstück könne wertmäßig nicht als Bauland behandelt werden, weil für das Gebiet kein rechtskräftiger Bebauungsplan existiere. Wenn ein solcher aufgestellt werde, könne sich die Nutzbarkeit des Grundstücks gegenüber den Annahmen des Sachverständigen und des Finanzamts erheblich verändern. Nach weiterer Aufklärung des Sachverhalts unter Einschaltung auch des zuständigen finanzamtlichen Bausachverständigen, auf dessen Verkehrswertermittlung in Höhe von 450.000,– DM für das Grundstück K. Bezug genommen wird (Blatt 81 ff. Einkommensteuer-Akte 4/4 93), hat das Finanzamt mit Schreiben vom 18.5.1994 mitgeteilt, daß es den Veräußerungsgewinn mit 558.011,– DM ansetzen und die Einkommensteuervorauszahlungen auf je 61.544,– DM erhöhen werde. Die Kläger haben daraufhin beantragt, das Grundstück K. mit einem qm-Wert von 60,– DM anzusetzen. Diesem Antrag ist das Finanzamt nicht gefolgt.
Mit Einspruchsentscheidung vom 21.11.1994 hat das Finanzamt die Einkommensteuervorauszahlungen für das 3. und 4. Quartal 1993 auf je 61.544,– DM erhöht und den Einspruch im übrigen abgewiesen. Dagegen haben die Kläger fristgerecht Klage erhoben. Im Verlauf des Rechtsstreits hat das Finanzamt am 13.4.1995 einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1993 erlassen und darin die Einkommensteuer auf 125.058,– DM festgesetzt. Diesen Steuerbescheid haben die Kläger gemäß § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
In der Begründung ihrer Klage gehen die Kläger weiter davon aus, daß für das Grundstück K. ein deutlich niedrigerer Grundstückswert anzusetzen sei. Sie sind der Ansicht, § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG lasse offen, ob im Einzelfall der gemeine Wert von Ackerland oder von Bauland maßgebend sei. Diese mögliche gesetzliche Lücke sei in analoger Anwendung der §§ 69 Abs....