Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Betrieb gewerblicher Art
Leitsatz (redaktionell)
- Die Beteiligung einer Gemeinde an einer Kapitalgesellschaft ist der nicht steuerbaren Vermögensverwaltung zuzurechnen.
- In Ausnahmefällen, wenn die Gemeinde über ihre Beteiligung planmäßig Unternehmenspolitik betreibt oder in anderer Weise entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft ausgeübt und damit unmittelbar selbst am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt liegt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor.
- Eine eigene Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr durch die Gemeinde liegt nicht bereits dann vor, wenn sie wesentliche Entscheidungen trifft und Rahmenvorgaben setzt, ohne die laufende Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft zu bestimmen.
- Eine Beteiligung ist nur dann als gewerbliche Tätigkeit anzusehen, wenn die Gemeinde eine einem faktischen Geschäftsführer vergleichbare Stellung bei der Kapitalgesellschaft ausübt.
- Die Ausübung hoheitlicher Aufgaben erfordert neben der Kostentragungsverpflichtung weitergehende Mitwirkungs- und Gestaltungsrechte, die bei der Gesamtbeurteilung der Einflussnahme auf die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft außer Acht zu lassen sind.
Normenkette
KStG § 4 Abs. 6 Nr. 3, Abs. 3
Streitjahr(e)
2012, 2013, 2014, 2015, 2016
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von Verlusten aus einer Beteiligung an der Verkehrs-GmbH (V), die sie mit den Gewinnen aus dem Teilbetrieb Wasserwerk verrechnen möchte. Streitig ist insbesondere, ob bezüglich der Beteiligung an der V die Voraussetzungen für einen Betrieb gewerblicher Art vorliegen.
Nach § 5 Abs. 3 ÖPNVG hatte der G-Kreis – als eigentlicher Aufgabenträger – die Durchführung des öffentlichen Nahverkehrs im Einvernehmen mit den kreisangehörigen Gemeinden auf diese übertragen. Die kreisangehörigen Gemeinden gründeten dazu die V. Am Stammkapital der Gesellschaft sind der G-Kreis mit 20 % sowie die einzelnen betroffenen Gemeinden beteiligt. Die Beteiligung des Klägers beträgt 9 %. Gleichzeitig entsenden die einzelnen betroffenen Gemeinden jeweils ein stimmberechtigtes Mitglied für den Aufsichtsrat.
Nach § 2 des Gesellschaftsvertrages vom 10.07.2003 obliegt der V die Planung und Organisation des lokalen öffentlichen Personennahverkehrs im G-Kreis zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung im eigenen Namen und in gemeinsamer Abstimmung mit den übrigen Gesellschaftern entsprechend den Vorgaben des Beleihungsvertrages. Dazu gehört insbesondere die Aufstellung des Nahverkehrsplans, die Bestellung der lokalen Verkehrsleistungen, die Aufsicht über die Leistungserstellung, Qualitätsmanagement, Marketing und Kundenbetreuung sowie die Finanzierung der lokalen Verkehrsleistungen und die Aufstellungen der Investitionsprogramme. Auf den Beleihungsvertrag zwischen dem G-Kreis und der V (Bl. 72 ff. Sonderband Prüfung Betrieb gewerblicher Art) wird im Einzelnen verwiesen. U.a. heißt es dort in § 1 Abs. 2: “Die V nimmt … die Sicherstellung einer ausreichenden Verkehrsbedienung durch Planung, Organisation und Finanzierung des straßengebundenen ÖPNV umfassend wahr und sorgt für dessen Durchführung. Neben hoheitlichen Maßnahmen zur Sicherstellung einer ausreichenden Verkehrsbedienung im Rahmen der Daseinsvorsorge umfasst der Aufgabenbereich der V auch nicht hoheitliche Verwaltungsaufgaben in Form von Marketing, Kundenbetreuung und Öffentlichkeitsarbeit.“ Zu den Anforderungen an die Aufgabenwahrnehmung heißt es in § 3 Abs. 2: “Die V setzt die verkehrspolitischen Ziele des Aufgabenträgers im ÖPNV um. Sie beachtet hierbei insbesondere die Grundsätze einer wirtschaftlichen Verkehrsgestaltung und die Vorgaben aus dem Nahverkehrsplan des Aufgabenträgers.“ Nach § 7 des Beleihungsvertrages regelt der Gesellschaftsvertrag der V die Finanzierung der mit diesem Vertrag auf die V übertragenen Aufgaben und Pflichten.
Die Tätigkeit der V ist in § 3 des Gesellschaftsvertrages näher geregelt, und sieht die Angebotsplanung in Form der Netzplanung, Koordination, Infrastruktur, Fahrplanerstellung und Sicherung der Anschlussbeziehungen, die Leistungsbestellung, die Ausschreibung, Bestellung und Abrechnung der Verkehrsleistung, den Schülerverkehr, das Marketing und die Kundenbetreuung sowie die Markt- und Verkehrsforschung vor.
Nach § 5 Abs. 1 des Vertrages finanzieren die Gesellschafter die V durch Ausgleichszahlungen. Die Finanzierung umfasst dabei die laufenden Kosten der Gesellschaft sowie die Bereitstellung der zur Durchführung aller Poolverkehre erforderlichen Finanzmittel. Die laufenden Kosten umfassen dabei insbesondere die Personalkosten der V sowie die Kosten für die sich aus dem Beleihungsvertrag ergebenden Projekte und Maßnahmen zur Qualitätssicherung des ÖPNV. Die Finanzierung der Verkehrsleistungen stellt in der Regel eine Mischfinanzierung aus Betriebseinnahmen und Mitteln der öffentlichen Hand (gemeinwirtschaftliche Leistungen) dar. Als Poolverkehr wird dabei nach § 5 Abs. 3 die Verkehrsl...