Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung des Veräußerungsgewinns im Sinne des § 23 Abs. 3 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns aus einem Grundstücksgeschäft i.S.d. in § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG sind die wirtschaftlichen Vorteile einzubeziehen, die der Steuerpflichtige im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung erhalten hat. Dazu zählen auch solche Güter, die dem Steuerpflichtigen von einem Dritten zugewendet worden sind.
- Der Spekulationsgewinn ist nach § 11 Abs. 1 EStG im Jahr des Zuflusses des Veräußerungserlöses zu versteuern. Dabei sind in diesem Jahr abweichend von dem Zuflussprinzip des § 11 EStG auch die sonstigen Vorteile zu berücksichtigen, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung stehen, aber in einem andern Kalenderjahr zugeflossen sind.
Normenkette
EStG § 23 Abs. 3 S. 1
Streitjahr(e)
2004
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der Ermittlung des Gewinns aus einem privaten Veräußerungsgeschäft dem Veräußerungspreis auch solche geldwerten Leistungen zugerechnet werden dürfen, die dem Verkäufer vor Abschluss des Kaufvertrages zugeflossen sind. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Kläger wurde vom Beklagten (dem Finanzamt) für das Streitjahr 2004 zur Einkommensteuer veranlagt. Während dieses Zeitraums bezog er in erster Linie Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Außerdem hatte er bis zum Ende des Jahres 2001 (negative) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Letztere hatten sich bezogen auf eine Eigentumswohnung in dem Gebäude in … .
Der Kläger hatte die Eigentumswohnung durch notariellen Vertrag vom 03.07.1997 von der A erworben. Letztere hatte sich verpflichtet, die Wohnung zu sanieren und bis zum 30.06.1998 fertig gestellt an den Kläger zu übergeben. Der Kaufpreis hatte 197.000,00 DM betragen. Teilbeträge waren entfallen auf Grund und Boden in Höhe von 10.300,00 DM, auf den Altbau in Höhe von 26.400,00 DM und die Sanierungsleistungen in Höhe von 160.300,00 DM. Ausweislich eines Protokolls vom 31.03.1999 war die A jedoch nicht in der Lage, die Sanierungsverpflichtung zu erfüllen. Deshalb weigerte sich der Kläger, die Wohnung abzunehmen sowie die letzte Kaufpreisrate in Höhe von 6.865,00 DM zu zahlen. In der Folgezeit versuchte er, den Kaufvertrag rückgängig zu machen. Dies scheiterte jedoch an dem Umstand, dass die Firma A zwischenzeitlich in Insolvenz gefallen war.
Um den Kaufpreis für die Eigentumswohnung zu finanzieren, hatte der Kläger am 10.07.1997 mit der B einen Darlehensvertrag über die Summe von 197.000,00 DM abgeschlossen. Zur Absicherung des Darlehens hatte er der Bank eine Grundschuld an dem erworbenen Wohnungseigentum bestellt.
Wegen der weiter vorhandenen Mängel konnte die Wohnung nicht vermietet werden. Da ihm insoweit entsprechende Einnahmen fehlten, war der Kläger nicht in der Lage, seinen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag nachzukommen.
Am 29.10.2002 traf der Kläger mit der B-AG als Rechtsnachfolgerin der B eine Vereinbarung über die Rückabwicklung des am 10.07.1997 abgeschlossenen Darlehensvertrages. Darin legten die Beteiligten „zur Erledigung aller etwaigen Ansprüche aus dem Darlehensverhältnis” einen Vergleich zu folgenden Bedingungen fest: Die B-AG verpflichtete sich, dem Darlehenskonto des Klägers einen Betrag von 97.199,14 € gutzuschreiben. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger, eine etwa verbleibende Restforderung auszugleichen. Des Weiteren sollte die Bank berechtigt sein, die finanzierte Eigentumswohnung auf ihre Rechnung zu verwerten. Der Kläger verpflichtete sich insofern, die Bank zum Verkauf und zur Empfangnahme des Verkaufserlöses sowie zur Ausübung aller Rechte eines Eigentümers und Vermieters der Eigentumswohnung zu bevollmächtigen. Zudem sollten der Bank ab dem 01.10.2002 etwaige Erträge aus der Vermietung der Eigentumswohnung zustehen.
Durch notariellen Vertrag vom 13.01.2004 verkaufte der Kläger die Eigentumswohnung an die GmbH in zu einem Kaufpreis von 11.750,00 €. In § 2 des Vertrages trat er den Kaufpreisanspruch an die B-AG ab. Gleichzeitig wies er die GmbH an, Zahlungen ausschließlich auf das von der B-AG anzugebende Konto zu leisten.
Der Kläger erfasste zunächst in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 die Vergleichsvereinbarung vom 29.10.2002 als privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dabei brachte er für den „Veräußerungsgewinn” u.a. Rechtsanwaltshonorare in Höhe von insgesamt 12.253,00 € als Werbungskosten zum Ansatz. Später machte er geltend, die Veräußerung der Eigentumswohnung sei erst im Streitjahr 2004 erfolgt, deshalb komme die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns im Jahr 2002 nicht in Betracht. Das Finanzamt folge dem Vorbringen des Klägers und ließ dementsprechend den ursprünglich erklärten Veräußerungsgewinn bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2002 unberücksichtigt.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2004 erfasste der Kläge...