rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussageverweigerung der Ehefrau im Zusammenhang mit der steuerlichen Geltendmachung von Unterhaltszahlungen durch den Ehemann
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Rahmen der steuerliche Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an die geschiedene Ehefrau hat diese ein Aussageverweigerungsrecht über ihrer Vermögens- und Einkommensverhältnisse.
2. Eine auf Grund der Wahrnehmung des Aussageverweigerungsrechts bestehende Ungewissheit über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der unterstützten Person gehen zu Lasten dessen, der den steuerlichen Abzug von Unterhaltsleistungen begehrt.
Normenkette
EStG § 33a Abs. 1; FGO § 84; AO §§ 101, 15 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1
Streitjahr(e)
1994
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die steuerliche Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an die geschiedene Ehefrau des Klägers, die dieser aufgrund eines Vergleichs vor dem OLG Frankfurt am Main vom 14.11.1990 in Höhe von 16.200,-- DM jährlich leistet.
Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 1994 wurden 7.200,-- DM, die der Kläger entsprechend dem Höchstbetrag des § 33a EStG zur Unterstützung seiner Ehefrau geltend machte, von der Beklagten nicht anerkannt, da der Kläger die finanziellen Verhältnisse seiner geschiedenen Ehefrau nicht darlegen konnte.
Auf die Aufforderung der Beklagten, Angaben zu ihren Einkommensverhältnissen zu machen, erwiderte die geschiedene Ehefrau des Klägers, daß sie keine Veranlassung sehe, Angaben zu ihren Einkünften zu machen.
Im Einspruchsverfahren unternahm die Beklagte erneut einen Versuch, die ehemalige Ehefrau des Klägers zu Angaben über ihre Einkommensverhältnisse zu bewegen. Mit Schreiben vom 03. Juni 1996 teilte diese jedoch mit, daß sie von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch mache.
Der Kläger ist der Ansicht, daß die Beklagte die tatsächlichen Einkommensverhältnisse seiner geschiedenen Ehefrau hätte ermitteln müssen. Entgegen der Ansicht der Beklagten könne sich seine geschiedene Ehefrau nicht auf § 101 AO berufen. Diese Norm bezwecke lediglich den Schutz des Beteiligten, nicht jedoch auch den Schutz von Auskunftspersonen entgegen den Interessen des Beteiligten.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, daß 7.200,-- DM als außergewöhnliche Belastung nach § 33a EStG steuermindernd berücksichtigt werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Die Unterhaltsleistungen des Klägers an seine geschiedene Ehefrau sind nicht nach § 33a EStG als Sonderausgaben steuermindernd zu berücksichtigen, da nicht aufgeklärt werden konnte, ob die unterstützte Person kein oder nur ein geringes Vermögen besaß, und ob deren sonstige Einkünfte weniger als 6.000,-- DM betrugen.
Die geschiedene Ehefrau des Klägers hat schriftlich bekundet, daß sie von ihrem „Aussageverweigerungsrecht” Gebrauch mache. Diese Entscheidung ist für die Finanzbehörden und das Finanzgericht zu beachten.
Nach § 84 Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 101 Abgabenordnung (AO) können die Angehörigen eines Beteiligten die Auskunft verweigern, soweit sie nicht selbst als Beteiligte über ihre eigenen steuerlichen Verhältnisse auskunftspflichtig sind oder die Auskunftspflicht für einen Beteiligten zu erfüllen haben.
Auch nach Auflösung der Ehe ist die geschiedene Ehefrau Angehörige im Sinne dieser Vorschriften (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 AO). Sie ist im Streitfall auch nicht als Beteiligte auskunftspflichtig, denn bei der Frage der steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen bei dem Leistenden handelt es sich nicht um die eigenen steuerlichen Verhältnisse des Leistungsempfängers. Es geht allein um das Besteuerungsverfahren des Leistenden.
Entgegen der Ansicht des Klägers können sich Finanzbehörden und Gericht auch nicht im Interesse des Klägers über die Auskunftsverweigerung hinwegsetzen, etwa durch den Einsatz von Zwangsmitteln.
Es ist nicht zutreffend, daß § 101 AO den Schutz des Beteiligten, nicht den der Auskunftsperson bezwecke. Das Gegenteil ist der Fall. Das Auskunftsverweigerungsrecht ist ein gesetzliches persönliches Recht des Angehörigen; es besteht unabhängig davon, ob der Beteiligte Wert auf die Auskunftsverweigerung oder aber die Auskunft legt und sie etwa angeregt hat (vgl. auch Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 101 AO Tz. 1).
Die mithin verbleibende Ungewißheit über die Vermögens- und Einkommensverhältnisse seiner geschiedenen Ehefrau gehen zu Lasten des Klägers, da ihn die Feststellungslast hinsichtlich der steuermindernden Tatbestandsmerkmale des § 33a EStG trifft.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger, da die Klage keinen Erfolg hatte.
Fundstellen