Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug beim echten Factoring
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Geschäftsbereich des echten Factorings gehört zu dem unternehmerischen Bereich eines Betriebes.
2. Sowohl beim unechten als auch beim echten Factoring erbringt der Factor eine Vielzahl von einzelnen, steuerbaren Leistungen gegenüber den sog. Anschlusskunden.
3. Das umsatzsteuerpflichtige Entgelt für die Dienstleistungen besteht in der Differenz zwischen dem Nennwert der abgetretenen Forderung und dem Preis, den der Factor an den Anschlusskunden für den Erwerb der Forderung zahlt.
4. Für die umsatzsteuerliche Beurteilung macht es keinen Unterschied, ob der Anschlusskunde seine Forderungen im Rahmen des unechten Factorings an einen Factor zum Einzug abtritt und sich zusätzlich bei einem Dritten gegen einen eventuellen Forderungsausfall versichert, was die Steuerbarkeit der Abtretung und die Eröffnung des Vorsteuerabzugs zur Folge hätte, oder ob der Anschlusskunde sich mit dem gleichen Ziel des echten Factorings bedient.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 S. 1; EWGRL 388/77 Art. 4 Abs. 1
Streitjahr(e)
1991
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Rechtsvorgängerin der Klägerin im Rahmen von echten Factoringgeschäften unternehmerisch tätig geworden ist.
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der ABC GmbH & Co. KG (Factoring KG). Sie gehört zusammen mit der M-GmbH zur Firmengruppe Z. Die M-GmbH importierte im Streitjahr und den Folgejahren Fahrzeuge der Marke Z und vertrieb sie über ein eigenes Händlernetz auf dem deutschen Markt. Die Factoring KG übernahm für sie das Factoring- und Finanzierungsgeschäft.
Mit Factoringvertrag vom 27. Juni 1991 verpflichtete sich die Factoring KG gegenüber der M-GmbH, deren Forderungen gegenüber den Händlern aus Fahrzeuglieferungen innerhalb eines jeweils zuvor von ihr festgelegten Rahmens anzukaufen und die darüber hinausgehenden Forderungen mit Rückgriffsrecht gegen die M-GmbH zu verwalten. Für die angekauften Forderungen übernahm sie das Ausfallrisiko ohne Rückgriffsrecht gegen die M-GmbH. Der Delkrederefall galt als eingetreten bei Ausfall der Zahlung durch die Händler 150 Tage nach Fälligkeit der jeweiligen Rechnung. Ferner verpflichtete sich die Factoring KG zur Führung der Debitorenbuchhaltung und zur Übersendung von Unterlagen an die M-GmbH, die dieser Einblick in den Stand der jeweiligen Abnehmer-Geschäftsbeziehungen ermöglichten. Der Gegenwert (Nennbetrag der Forderungen) der innerhalb einer Kalenderwoche angekauften Forderungen war der M-GmbH unter Abzug der vereinbarten Gebühren am dritten Bankarbeitstag der folgenden Woche zu vergüten. Als Gegenleistung waren eine Factoringgebühr von 2 % und eine Delkrederegebühr von 1 % der Nennbeträge der übernommenen Forderungen vereinbart. Ferner verpflichtete sich die M-GmbH zur Zahlung von Zinsen, deren Bemessungsgrundlage der tägliche Debitorenstand der Händler bei der Factoring KG sein sollte. Der Zinssatz sollte 1,8 % über dem Zinsdurchschnittssatz liegen, den die Factoring KG für ihre Refinanzierung zu zahlen hatte.
Die Factoring KG vertrat die Auffassung, sie erbringe an die M-GmbH auch insoweit steuerpflichtige Leistungen, als sie das Ausfallrisiko für die angekauften Forderungen übernommen hatte (echtes Factoring), und stellte der M?GmbH diese Leistungen mit den entsprechenden Gebühren und Zinsen in Rechnung. Dementsprechend machte sie in ihrer für das Streitjahr beim Beklagten (Finanzamt -FA-) eingereichten, als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung wirkenden Steuererklärung vom 8. Oktober 1992 auch den Vorsteuerabzug für die damit zusammenhängenden Eingangsumsätze in Höhe von -,-- DM geltend.
Nach Durchführung einer Betriebsprüfung versagte das FA der Klägerin mit Umsatzsteueränderungsbescheid 1991 vom 11. April 1997 insoweit den Vorsteuerabzug und nahm sie für die im Zusammenhang mit dem echten Factoringgeschäften in Rechnung gestellte Umsatzsteuer in Höhe von -,-- DM gemäß § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Anspruch.
Gegen diesen Umsatzsteueränderungsbescheid hat die Klägerin die vorliegende Sprungklage erhoben, der das FA mit Schreiben vom 10. Juni 1997 zugestimmt hat.
Zur Begründung macht die Klägerin geltend, der Factor erbringe dem Anschlußkunden gegenüber neben dem Forderungskauf eine Vielzahl von weiteren Dienstleistungen, wie z.B. die Übernahme des Ausfallrisikos, die Debitorenbuchhaltung und die Information über die Abnehmer-Geschäftsbeziehungen.
Unter Zugrundelegung einer im Umsatzsteuerrecht erforderlichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise werde der Factor nicht ausschließlich im eigenen Interesse tätig, sondern erbringe gleichzeitig Dienstleistungen gegen Entgelt.
Diese, auch von großen Teilen des Schrifttums vertretene Auffassung entspreche auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dieser habe mit Urteil vom 23. Januar 1980 - VIII ZR 91/79 - (DB 1980, 1162) entschieden, daß sich das echte F...