rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Indizien für die Aufgabe des Familienwohnsitzes eines Piloten
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Bestimmung des inländischen Wohnsitzes kommt es maßgeblich auf den objektiven Zustand des Innehabens einer Wohnung und die Umstände an, die darauf schließen lassen, dass die Wohnung beibehalten und benutzen wird; ein entgegenstehender subjektiver Wille des Steuerpflichtigen ist unbeachtlich.
- Es besteht die tatsächliche Vermutung, dass die Wohnung in der die Familie des Steuerpflichtigen wohnt als sein Wohnsitz anzusehen ist.
- Der Steuerpflichtige hat den Nachweis zu erbringen, dass er seinen Wohnsitz in der Familienwohnung aufgegeben hat.
- Indizien für die Aufgabe des Wohnsitzes.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 1; AO § 8
Streitjahr(e)
2000, 2001, 2002, 2003, 2004, 2005
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger im Streitzeitraum in Deutschland einen Wohnsitz hatte und damit unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Kläger sind Eheleute; der gemeinsame Sohn S wurde im Jahr 19… geboren. Dem Kläger gehört das selbstgenutzte 2-Familienhaus … in W . Daneben steht ein (vermietetes) Mehrfamilienhaus in .. sowie eine Ferienwohnung in …
( USA ) in seinem Eigentum.
Der Kläger war im Streitzeitraum als Pilot bei der Fa. X angestellt und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Ab dem Jahr 2000 war er als Ausbilder in Dubai stationiert. Zunächst hatte der Kläger in den Vereinigten Arabischen Emiraten eine „working permit”, im Jahr 2001 erhielt er ein „residence visum”. Der Kläger trägt vor, ab Januar 2000 bei einem … …-Techniker im Emirat Sharja gewohnt zu haben. Zum 01.08.2001 mietete er ein 1-Zimmer-Appartement in Dubai, das er nach Erhalt des „residence visum” bezog. Am 21.12.2000 meldete der Kläger seinen Wohnsitz in W bei der dortigen Gemeinde ab. Als neuen Wohnsitz gab er die von ihm angemietete Wohnung in Dubai an, wo er zwecks Briefzustellung auch eine „P.O. Box” besaß. Der Kläger war in Dubai krankenversichert. Ärzte konsultierte er überwiegend in Deutschland. Er erwarb in Dubai eine Fahrerlaubnis und eröffnete ein Konto bei der Emirates Bank. Er kaufte in Dubai ein Handy und schloss einen Vertrag mit der dortigen Telefongesellschaft ETISALAT.
Aufgrund vom Kläger gestellter Anträge, in denen er erklärte, seit Januar 2000 von seiner Ehefrau getrennt zu leben und seinen Wohnsitz in Dubai zu haben, erhielt er für den Zeitraum vom 01.01.2000 bis 31.07.2003 vom zuständigen Finanzamt für Großunternehmen in … Bescheinigungen für beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer. Daraufhin wurde lediglich der Arbeitslohn in Deutschland versteuert, der auf die im Inland ausgeübte Tätigkeit entfallen ist. Nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Flugdienst zum 31.07.2003 erhielt der Kläger von seinem Arbeitgeber eine Übergangsversorgung, für die auf Antrag eine Freistellung vom Lohnsteuerabzug gemäß Art. 15 Abs. 1 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten erfolgte. In der Konsequenz unterblieb ab diesem Zeitpunkt ein Lohnsteuereinbehalt.
Aufgrund der vorgenannten Bescheinigungen und der entsprechenden Angaben des Klägers in seinen Einkommensteuererklärungen behandelte der Beklagte (das Finanzamt) den Kläger im Streitzeitraum als beschränkt Steuerpflichtigen, weshalb im Veranlagungsverfahren die Besteuerung der im Abzugsverfahren steuerfrei belassen Arbeitslöhne unterblieb.
Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung durch das Finanzamt für Großunternehmen in … wurde festgestellt, dass seit 2000/2001 innerhalb weniger Monate bei der X sowie der Y auffällig viele Mitglieder des fliegenden Personals ihren bisherigen Inlandswohnsitz ins Ausland verlegt haben.
Die von der Steuerfahndung … geprüften Fälle hatten neben der Auslandsanschrift gemeinsam, dass die entsprechenden Anträge auf Ausstellung einer Bescheinigung für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer nach § 39 d Einkommensteuergesetz (EStG) ausnahmslos durch die in … ansässige Rechtsanwaltskanzlei … gestellt wurden.
Wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung durchsuchte die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts … die vorgenannte Kanzlei im Mai 2005 und beschlagnahmte mehrere hundert Mandantenakten, u.a. auch die Mandantenakte des Klägers. Am Tag der Durchsuchung wurde durch das ZDF in den „heute”-Nachrichten sowie in der Sendung „Monitor” über die Durchsuchung und in diesem Kontext über die „Steuerflucht von Piloten” berichtet. Einen Tag später, am 25.05.2005 meldete sich der Kläger mit seinem Wohnsitz wieder in W an.
In der Folgezeit nahm die Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt … Ermittlungen gegen den Kläger auf und traf dabei u.a. folgende Feststellungen:
Eventuelle Auseinandersetzungen hinsichtlich des dem Kläger gehörenden Grundeigentums im Rahmen der von den Klägern behaupteten Trennung waren nicht ersichtlich.
Der Personenkraftwagen (Pkw) d...