rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Europarechtskonformität der Hinzurechnungsbesteuerung
Leitsatz (redaktionell)
- Die Hinzurechnung von niedrig besteuerten Zinseinnahmen einer in einem Drittland ansässigen Zwischengesellschaft nach § 14 AStG i.V.m. § 7 ff. AStG an der die im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft mittelbar beteiligt ist, verstößt nicht gegen die unmittelbar anwendbare Kapitalverkehrsfreiheit und begegnet damit keinen europarechtlichen Bedenken.
- Für die Frage, ob die Niederlassungsfreiheit oder die Kapitalverkehrsfreiheit Anwendung findet, ist danach zu differenzieren, ob eine nationale Norm ausdrücklich oder nach ihrer Zielsetzung allgemein und vorbehaltslos gegen jedermann wirkt, dann greift die Kapitalverkehrsfreiheit ein oder ob sie qualifizierte Beteiligungsmerkmale verlangt, so dass die Niederlassungsfreiheit vorrangig greift.
- Zwar liegt durch die Hinzurechnungsbesteuerung eine Ungleichbehandlung zwischen solchen unbeschränkt steuerpflichtigen Personen vor, die ihr Kapital im Inland und solchen, die ihr Kapital in einem Drittland anlegen; diese Ungleichbehandlung ist jedoch gerechtfertigt, wenn sie der Vermeidung von Steuerhinterziehung und Steuerumgehung, der Notwendigkeit einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten und den Drittstaaten oder zur Gewährleistung einer wirksamen Steueraufsicht dient.
- Die Möglichkeit einer wirksamen Steueraufsicht ist nur gegeben, wenn im Rahmen von bilateralen Verträgen eine sog. große Auskunftsklausel besteht. Diese liegt vor, wenn die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten die Informationen austauschen, die zur Durchführung eines Abkommens oder zur Anwendung oder Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts betreffend Steuern jeder Art und Bezeichnung, die für Rechnung der Vertragsstaaten erhoben werden, voraussichtlich erheblich sind, soweit die diesem Recht entsprechende Besteuerung nicht dem Abkommen widerspricht.
- Eine wirksame Steueraufsicht ist nicht bereits dann gewährleistet, wenn der Steuerpflichtige von sich aus bereit ist alle erforderlichen Dokumente vorzulegen und benötigten Auskünfte zu geben. Der Fiskus kann nicht auf § 117 Abs. 1 und 3 AO verwiesen werden, eine freiwillige Auskunft von Drittstaaten einzuholen.
- Bei der abkommensrechtlichen Möglichkeit, den anderen Vertragsstaat in verpflichtender Weise um Informationen im Zusammenhang mit Steuerstraftaten ersuchen zu können, handelt es sich um eine so genannte kleine Auskunftsklausel, die dem Berechtigten Vertragsstaat keine hinreichend sichere Möglichkeit gibt die Richtigkeit der Angaben des Steuerpflichtigen über die Zwischengesellschaft überprüfen.
Normenkette
AStG §§ 7, 14; GG Art. 3, 20; EU-Vertrag Art. 63
Streitjahr(e)
2009, 2010
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Hinzurechnungsbesteuerung verfassungs- und europarechtskonform ist.
Die als Bank tätige Klägerin (A-AG), bei der es sich um eine in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft handelt, war in den Jahren 2008 und 2009 mittelbar zu 100 % an der ausländischen Gesellschaft F-Ltd., mit Sitz in Jersey, Kanalinseln beteiligt. Die mittelbare Beteiligung der Klägerin von 100 % wurde durch ihre Tochtergesellschaft B-Corp. mit Sitz in den USA sowie über deren Tochtergesellschaften C-Corp. (USA), D-Inc. und E-Ltd. vermittelt.
Die F-Ltd. wurde im Jahr 1998 als Konzerngesellschaft der US-amerikanischen Bank G-Co. gegründet. Zweck der F-Ltd. war zunächst die wirtschaftliche Beteiligung an der Entwicklung und dem Betrieb von unter der Marke S tätigen Hotels. Hierfür beteiligte sich die F-Ltd. mit 41,94 % an der I-Ltd., die sich zu Investitionen in diese Hotels verpflichtete. Außerdem gab die F-Ltd. in diesem Zusammenhang eine Garantie zu einem Darlehensvertrag über xxx £.
Die Klägerin übernahm im Jahr 1999 die G-Co. und integrierte diese in die A-Bank Gruppe, also den Konzern der Klägerin.
Die Beteiligung an der I-Ltd. wurde im Jahr 2000 mit Gewinn veräußert. Seitdem erzielt die F-Ltd. lediglich Zinsen aus Bankeinlagen. Die F-Ltd. verfügte weder über eigene Büroräumlichkeiten noch über eigenes Personal. Servicetätigkeiten wurden von der J-Ltd., Jersey, durchgeführt. Warum die F-Ltd. nach der Veräußerung der Beteiligung an der I-Ltd. nicht zeitnah liquidiert wurde, ließ sich nach den Angaben der Klägerin nicht mehr feststellen.
Die Zinsen aus Bankeinlagen betrugen in den dem Kalenderjahr entsprechenden Wirtschaftsjahren 2008 und 2009 xxx £ bzw. xxx £, umgerechnet also xxx € bzw. xxx €. Diese Einkünfte unterlagen in Jersey im Jahr 2008 gegen Zahlung einer Gebühr i.H.v. xxx £ und in 2009 durch das sogenannte Zero/Ten-Regime, wonach der Gewinn von Banken und anderen Unternehmen, die von der Jersey Financial Services Commission reguliert werden, mit einem Körperschaftsteuersatz von 10 % besteuert wird und der Gewinn anderer Unternehmen einem Körperschaftsteuersatz von 0 % unterliegt, einer vollständigen Steuerbefreiung, so dass in den Jahren 2008 und ...