Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf der Bestellung zum Steuerberater wegen Vermögensverfalls

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zur Widerlegung der Vermutung des Vermögensverfalls obliegt es dem Steuerberater, substantiiert die Umstände darzulegen, aus denen sich ergibt, dass er die Schulden im Griff hat.

2. Die Einlassung, die Banken würden sich mit einem gewissen Prozentsatz ihrer Forderungen zufrieden geben, reicht dazu nicht aus, vielmehr bedarf es dazu der Vorlage eines Tilgungsplanes, aus dem sich die weitere wirtschaftliche Entwicklung ergibt.

3. Die Regelung des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG ist eine subjektive Voraussetzung für die Berufsausübung, die mit dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist und im Einklang mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit steht.

 

Normenkette

StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4; GG Art. 12 Abs. 1 S. 2

 

Streitjahr(e)

2004

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 18.08.2005; Aktenzeichen VII B 84/05)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Beklagte zu Recht die Bestellung des Klägers als Steuerberater wegen Vermögensverfalls widerrief.

Der Kläger ist seit 19XX als Steuerbevollmächtigter und seit 19XX als Steuerberater tätig. Bis Oktober 200X war er als Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft tätig; nach eigenem Vortrag wird er - nach Überwindung einer zwischenzeitlichen Erkrankung – in Zukunft als Angestellter bei einem anderen Steuerberater tätig sein können.

Der Kläger musste wiederholt die eidesstattliche Versicherung abgeben: nämlich in den Jahren 199X, 199X, 200X und zuletzt am 18.11.200X. Entsprechende Eintragungen in das Schuldnerverzeichnis gem. § 915 Zivilprozessordnung (ZPO) erfolgten.

Auf Grund der letztgenannten eidesstattliche Versicherung widerrief der Beklagte mit Bescheid vom 04.05.2004 die Bestellung als Steuerberater, da gem. § 46 Abs. 2 Nr. 4 Steuerberatungsgesetz (StBerG) von einem Vermögensverfall ausgegangen werden müsse. Nach den eigenen Angaben des Klägers – so der Beklagte – hätten sich die Verbindlichkeiten auf Grund einer Vermögensaufstellung zum 30.07.2003 auf 218.050,- € belaufen. Die Höhe der Verbindlichkeiten habe sich nicht verändert. Bei solch einem Vermögensverfall müsse auch von einer Gefährdung der Interessen der Auftraggeber ausgegangen werden, sodass ein Widerruf der Bestellung als Steuerberater zu erfolgen habe.

Hiergegen hat der Kläger, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigten, fristgemäß Klage erhoben.

Er bestreitet nicht, dass erhebliche Schulden vorliegen. Allein diese Schulden seien jedoch nicht ausreichend, um eine Gefährdung von Mandanteninteressen anzunehmen. Die meisten der Gläubiger hätten seit mehr als 10 Jahren nicht mehr gegen ihn vollstreckt. Den meisten Gläubigern reiche als Unpfändbarkeitsnachweis das Protokoll über die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung aus. Auch habe er entsprechend seinen finanziellen Möglichkeiten Ratenzahlungen auf einzelne Schulden geleistet. Der jetzige Widerruf der Bestellung zum Steuerberater verstoße zudem gegen Treu und Glauben; denn die wirtschaftliche Situation sei dem Beklagten seit etwa 10 Jahren bekannt. In dieser Zeit habe der Kläger - trotz seiner finanziellen Schwierigkeiten - beanstandungsfrei gearbeitet. Dies gelte insbesondere, da dieser lediglich mit reinen Buchhaltungs- und Abschlussarbeiten für Mandanten betraut gewesen sei. Er habe nicht über Mandanten- oder sonstige Fremdgelder verfügt. Im Übrigen habe bereits das Hessische Ministerium der Finanzen mit Schreiben vom 30.04.1996 in derselben Situation bekundet, dass die Interessen der Mandanten des Klägers nicht gefährdet seien. Eine solche Gefährdung sei auch im Rahmen des zukünftigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeschlossen. Dort werde der Kläger über feste und ausreichende Bezüge verfügen, sodass er seine Schuldensituation langfristig wird bereinigen können. Mehrere Gläubigerbanken hätten bereits signalisiert, dass sie sich mit einer Quote zwischen 20 und 35 % der ursprünglichen Schuld für abgefunden erklären würden.

Im Übrigen verstoße der Widerruf der Bestellung als Steuerberater gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Art. 12 Abs. 1 GG.

Wegen Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten vom 14.07. und 13.08.2004 Bezug genommen.

Eine aktuelle Schuldenauflistung und einen Tilgungsplan hat der Kläger trotz gerichtlicher Aufforderung, zuletzt unter Setzen einer Ausschlussfrist, nicht vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 04.05.2004 über den Widerruf der Bestellung als Steuerberater aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertritt auch im gerichtlichen Verfahren die Auffassung, dass der Widerrufsbescheid zu Recht ergangen sei.

Der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, welche konkreten Tilgungsmöglichkeiten bestünden. Dessen Vortrag stelle kein schlüssiges Schuldentilgungskonzept dar. Die Gefährdung von Mandanteninteressen entfalle nicht dadurch, dass nach dem klägerischen Vortrag die meisten Gläubiger die Vorlage des Protokolls ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge