rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verstößt das Erfordernis zur Vorlage einer Steuerbescheinigung eines inländischen Finanzdienstleistungsinstituts für die Anrechnung von Kapitalertragsteuer gegen die Kapitalverkehrsfreiheit
Leitsatz (redaktionell)
- Die Vorlage einer Steuerbescheinigung ist materiell rechtliche Voraussetzung für die Anrechnung der durch Steuerabzug erhobenen Kapitalertragsteuer.
- Die Regelungen der §§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG, 45a Abs. 3 EStG wonach zur Anrechnung von Kapitalertragsteuer eine von einem inländischen Kreditinstitut oder einem inländischen Finanzdienstleistungsinstitut ausgestellte Steuerbescheinigung vorliegen muss, verstößt nicht gegen die europarechtlich garantierten Grundfreiheiten (Kapitalverkehrsfreiheit), weil vorliegend jedenfalls der Rechtfertigungsgrund der Wirksamkeit der Steueraufsicht eingreift.
Normenkette
EStG § 45a Abs. 3, § 36 Abs. 2 Nr. 2; AEUV Art. 63
Streitjahr(e)
2008
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen der Anfechtung eines Abrechnungsbescheids darüber, ob Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer, die für über den Dividendenstichtag erworbene Aktien von einer ausländischen Bank bescheinigt worden sind, auf die Körperschaftsteuer 2008 anzurechnen sind.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in A, deren Unternehmensgegenstand die Verwaltung eigenen Vemögens ist.
Im Jahr 2008 erwarb die Klägerin Aktien folgender an der Börse notierter Unternehmen (Bl. 166, 176): B-AG, C-AG, D-AG, E-AG und F-AG. Die Aktien wurden jeweils, wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausführte, unter Einschaltung einer Maklerfirma für die Klägerin im Xetra-Handel cum Dividende erworben und über die G-AG als sog. zentralen Kontrahenten (CCP) gecleart. Die Verkäufer der Aktien waren der Klägerin nicht bekannt. Der Verkauf durch die Klägerin erfolgte ebenfalls wieder über die Börse.
Die Aktien wurden im Rahmen einer Verwahrkette gehalten (Bl. 53, 61). Die Klägerin nahm dafür die H als depotführende Bank in Anspruch. Diese wiederum unterhielt ein Konto bei der J, die als depotführende Bank der H die Verwaltung der Börsengeschäfte übernahm. Die J unterhielt ein Konto bei der K-AG.
Bei der H und der J handelt es sich um ausländische Banken und bei der K-AG um die deutsche xxxbank (Bl. 53, 225). Im Streitjahr unterhielt weder die H noch die J eine deutsche Zweigniederlassung oder eine deutsche Betriebsstätte (Bl. 54).
Die Aktien wurden einen Tag vor dem Tag der Hauptversammlung oder in einem Fall am Tag der Hauptversammlung gekauft (Bl. 176). Die Klägerin erhielt Dividendenzahlungen unter Abzug der von den Emittenten einbehaltenen Kapitalertragsteuer und dem einbehaltenen Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer oder Dividendenersatzzahlungen (Bl. 53). Die Auszahlung der Nettodividende bzw. des Dividendenersatzanspruches erfolgte über K-AG an die J, die diese wiederum an die H weiterleitete, welche abschließend als depotführende Bank der Klägerin an diese auszahlte (Bl. 53).
Die H stellte der Klägerin am xxx 2009 Steuerbescheinigungen aus, in denen die Höhe der Bruttodividenden und die geltend gemachten Anrechnungsbeträge ausgewiesen wurden (Bl. 54, Bl. 79 ff. KSt-Akte). Im Einzelnen handelte es sich um folgende Aktien, Dividenden und Anrechnungsbeträge (Bl. 14, 53):
Aktiengesellschaft |
Bruttodividende |
Zahltag |
Kapitalertragsteuer |
Solidaritätszuschlag |
B-AG |
€ |
06.05.2008 |
€ |
€ |
C-AG |
€ |
16.05.2008 |
€ |
€ |
D-AG |
€ |
30.05.2008 |
€ |
€ |
E-AG |
€ |
16.05.2008 |
€ |
€ |
F-AG |
€ |
21.01.2008 |
€ |
€ |
Summe |
€ |
|
€ |
€ |
Im Rahmen der Veranlagung zur Körperschaftsteuer wurden die begehrten Anrechnungen der Kapitalertragsteuer und des Solidaritätszuschlags zur Kapitalertragsteuer durch den Beklagten nicht gewährt. Den Widerspruch der Klägerin gegen die Abrechnung zum Körperschaftsteuerbescheid 2008 vom 3. September 2010 legte der Beklagte als Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheids aus (Bl. 1 Sonderband Abrechnung). Die Anrechnung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer betreffend die B-AG wurde vorgenommen, weil die Klägerin insoweit eine durch die K-AG ausgestellte Steuerbescheinigung vom 1. Juli 2010 im Original mit Schreiben vom 26. Oktober 2010 vorlegte (Bl. 4, 5 Sonderband Abrechnung). Den Abrechnungsbescheid erließ der Beklagte am 4. Juli 2013 (Bl. 54 Sonderband Abrechnung). Darin wurde die Anrechnung von Kapitalertragsteuer i.H.v. € zuzüglich Solidaritätszuschlag i.H.v. € betreffend C-AG, D-AG, E-AG und F-AG versagt. Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass die H als ausländische Bank nicht zur Ausstellung deutscher Steuerbescheinigungen berechtigt sei. Mit beim Beklagten am 11. Juli 2013 eingegangenen Schreiben legte die Klägerin Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid vom 4. Juli 2013 ein (Bl. 57 Sonderband Abrechnung). Mit der Einspruchsentscheidung vom 12. November 2013 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen (Bl. 86 Sonderband Abrechnung). Dagegen richtet sich die bei...