Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung von Kindergeld auf den Kinderfreibetrag
Leitsatz (redaktionell)
Bei getrennt lebenden Eltern eines Kindes wird dem zum Barunterhalt verpflichteten Elternteil auf den Kinderfreibetrag das hälftige Kindergeld abgerechnet, obwohl das Kindergeld an den Elternteil, bei dem das Kind wohnt, ausgezahlt wird.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 6 S. 5, § 63 Abs. 1 Nr. 2, § 31 S. 4
Streitjahr(e)
1996
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin (Kl) ist geschieden und hat aus der Ehe ein Kind, das in ihrem Haushalt lebt. Der geschiedene Ehemann, dessen Aufenthalt ihr nach eigenen Angaben unbekannt ist, hat im Kalenderjahr 1996 keinen Unterhalt für das Kind gezahlt. Das Kindergeld in Höhe von 2.400 DM wurde an sie ausgezahlt.
In ihrer Einkommensteuer- (ESt-) Erklärung beantragte sie einerseits die Übertragung des Kinderfreibetrags nach § 32 Abs. 6 Satz 5 ESt-Gesetz (EStG), weil der Vater seiner Unterhaltspflicht nicht nachgekommen sei, andererseits beantragte sie bei der „Günstigerprüfung” im Sinne des § 31 Satz 4 EStG nur Kindergeld in Höhe von 1.200 DM in die Vergleichsberechnung einzubeziehen. Dem folgte das FA nur insoweit, als es den Kinderfreibetrag zwar doppelt ansetzte, jedoch das ausgezahlte Kindergeld in voller Höhe in die Vergleichsberechnung einbezog, so daß die steuerliche Entlastung allein durch das Kindergeld bewirkt wurde.
Den gegen den ESt-Bescheid vom 25.4.1997 eingelegten Einspruch wies das FA als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es in der Einspruchsentscheidung vom 1.10.1997 aus, nach der gesetzlichen Regelung in § 31 Satz 1 EStG sei die steuerliche Freistellung des Existenzminimums eines Kindes durch den Kinderfreibetrag oder durch Kindergeld zu bewirken. Dabei werde das Kindergeld monatlich als Steuervergütung gezahlt (§ 31 Satz 3 EStG). Werde die gebotene Freistellung durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt, sei bei der Veranlagung ein Kinderfreibetrag abzuziehen. In diesem Fall sei das Kindergeld in entsprechendem Umfang nach § 36 Abs. 2 EStG zu verrechnen. Die Verrechnung richte sich somit danach, ob das Einkommen um einen vollen oder einen halben Kinderfreibetrag gemindert worden sei. Bei der „Günstigerprüfung” des § 31 Satz 4 EStG könne nur entsprechend verfahren werden. Im vorliegenden Fall sei der volle Kinderfreibetrag zu gewähren gewesen, da zwar die Kl, nicht aber der andere Elternteil, der Unterhaltspflicht im wesentlichen nachgekommen sei. Das Kindergeld sei in voller Höhe mit 2.400 DM in die Günstigerprüfung einzubeziehen gewesen (Hinweis auf Verfügung der OFD Berlin vom 7.3.1997 in Finanzrundschau 1997, 502). Dies führe zu dem Ergebnis, daß die gebotene steuerliche Freistellung bereits durch das Kindergeld bewirkt sei und nicht noch zusätzlich ein Kinderfreibetrag zu gewähren sei. Dies ergebe sich auch im Umkehrschluß aus der Intention des Gesetzgebers, der zur Begründung der Einführung des § 36 Abs. 2 EStG angeführt habe, daß hierdurch sichergestellt werden solle, daß im Falle des Abzuges des Kinderfreibetrages das Kindergeld nicht zusätzlich vereinnahmt werden könne (Hinweis auf Bundestagsdrucksache 13/ 1558).
Mit der hiergegen erhobenen Klage läßt die Kl vortragen, bei der Übertragung des Kinderfreibetrages vom anderen Elternteil nach § 32 Abs. 6 Satz 5 EStG sei nur das ihr zustehende Kindergeld nach § 31 Satz 5 EStG gegenzurechnen. Die andere Hälfte des Kindergeldes stehe dem anderen Elternteil im Wege eines zivilrechtlichen Ausgleichsanspruchs zu. Dieser Anspruch erlösche nicht dadurch, daß der andere Elternteil keinen Unterhalt leiste. Die Formulierung in § 36 Abs. 2 Satz 1 EStG sehe nicht eindeutig den zwingenden Zusammenhang zwischen Kindergeld und Kinderfreibetrag vor. Nach § 31 Satz 4 EStG sei bei mangelnder steuerlicher Freistellung durch das Kindergeld bei der Veranlagung zur ESt der Kinderfreibetrag zu gewähren. Dies sei vorliegend gegeben. Denn ihr Kind sei steuerlich nicht so freigestellt, als wenn der andere Elternteil Unterhalt geleistet hätte. Dem anderen Elternteil stehe nach § 31Satz 5 EStG die Hälfte des Kindergeldes im Wege eines zivilrechtlichen Ausgleichs zu. Würde in den Fällen, in denen der Kinderfreibetrag aufgrund mangelnder Erfüllung der Unterhaltspflicht übertragen wird, immer das ganze Kindergeld gegengerechnet, würden nur wenige Steuerpflichtige durch die Übertragung besser gestellt, als die Personen, die Unterhalt erhalten hätten. Folge man jedoch der Auffassung des FA gehe § 36 Abs. 5 in 95% aller Fälle ins Leere. Die Übertragung des Kinderfreibetrags bliebe ohne weitere steuerliche Entlastung. Dies könne nicht der Wille des Gesetzgebers sein. Für die weiteren Ausführungen der Klägerseite wird auf die Schriftsätze vom 20.11.1997 und 2.3.1998 Bezug genommen.
Die Kl beantragt,
den ESt- Bescheid 1996 vom 25.4.1997 in Form der Einspruchsentscheidung vom 1. 10.1997 aufzuheben und die ESt unter Berücksichtigung des vollen Kinderfreibetrages unter Hinzurechnung des...