rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Besuchsfahrten zu Angehörigen im Altenheim als außergewöhnliche Belastungen
Leitsatz (redaktionell)
Aufwendungen für Besuchsfahrten zu im Altenheim lebenden Angehörigen stellen grundsätzlich keine außergewöhnlichen Belastungen dar, wenn die Angehörigen aus altersbedingten Gründen im Altenheim leben.
Normenkette
EStG § 33
Streitjahr(e)
2004
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Kläger Fahrtkosten für Besuchsfahrten zur Mutter der Klägerin beziehungsweise zur Tante des Klägers als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) geltend machen können.
Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung 2004 machten die Kläger neben anderen außergewöhnlichen Belastungen auch monatliche Fahrtkosten zur Mutter der Klägerin (geb. 1907) nach A und zur Tante des Klägers (geb. 1911) nach B sowie Telefonkosten in einer Gesamthöhe von … € geltend. Auf die Zusammenstellung der Kläger in der Steuererklärung wird Bezug genommen.
Im Steuerbescheid vom … 2006 berücksichtigte der Beklagte diese Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG. Auch der hiergegen gerichtete Einspruch vom … 2006 wurde insoweit durch Einspruchsentscheidung vom … 2007 als unbegründet zurückgewiesen. Während des Einspruchsverfahrens erging am … 2007 wegen hier nicht streitiger Punkte ein geänderter Einkommensteuerbescheid 2004.
Der Beklagte begründete seine ablehnende Einspruchsentscheidung im Wesentlichen damit, dass es sich bei den streitigen Aufwendungen um keine zwangsläufigen Aufwendungen im Sinne des § 33 EStG handele. Insbesondere seien hier keine Krankheitskosten gegeben, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit aufgewendet worden seien.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Nach Ansicht der Kläger müssen die streitigen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden. Dies ergebe sich alleine schon daraus, dass auch in den Vorjahren vom damals zuständigen Finanzamt … die Kosten steuerlich berücksichtigt worden seien. Für das Jahr 1994 sei dies auch für Besuchsfahrten zur Mutter der Klägerin durch Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 26. Oktober 1999 (13 K 3668/98) entschieden worden.
Man habe sowohl die Mutter als auch die Tante monatlich besucht.
Hierzu seien sie sittlich verpflichtet gewesen. Zudem habe man die pflegebedürftige Mutter an Ostern und Weihnachten aus dem Pflegeheim in A zu sich nach Hause geholt, zumal die Klägerin bereits seit 1994 als Betreuerin für die Mutter amtlich bestellt worden sei. Auch gegenüber der Tante bestehe eine solche sittliche Verpflichtung, da der Kläger nach dem Tode seines Vaters in russischer Gefangenschaft von der Mutter und der Tante großgezogen und von der Tante durch Schulzeit und Studium begleitet worden sei.
Während die Mutter der Klägerin seit ihrem Sturz mit Rippenfraktur und Lungenschädigungen infolge eines Schlaganfalles bereits seit den 90-iger Jahren erheblich beeinträchtigt sei (Pflegestufe II), habe sich auch der Gesundheitszustand der Tante seit Ende 2003 dramatisch verschlechtert. Nachdem sie bereits seit Anfang 2004 mehrfach kurzfristig in einer Pflegestation aufgenommen worden sei, habe sie seit Spätsommer 2004 auf Dauer – bis zu ihrem Tode im Jahre 2006 – im Pflegeheim aufgenommen werden müssen. Für die Tante sei ein ortsansässiger Rechtsanwalt als Betreuer bestellt worden. Für beide besuchten Personen ergebe sich die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen daraus, dass die Besuche außerhalb des Üblichen liegen würden und daher außergewöhnlich und zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG seien. Die medizinische Notwendigkeit der Besuchsfahrten und des regelmäßigen Kontaktes ergebe sich aus den im Klageverfahren vorgelegten hausärztlichen Bescheinigungen vom … 2007 beziehungsweise vom … 2008.
Im Einzelnen wird auf die Bescheinigungen verwiesen.
Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom … 2007 und Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2004 in der Fassung vom … 2007 weitere … € als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG zu berücksichtigen und die Einkommensteuer dementsprechend herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Verweis auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vertritt der Beklagte die Meinung, dass die Aufwendungen auch nach Vorlage der ärztlichen Bescheinigungen nicht als zwangsläufig angesehen werden könnten. Sowohl die Tante als auch die Mutter seien aufgrund von altersbedingten Gründen in das Pflegeheim gegangen. Besuche könnten dann nicht der Besserung einer akuten Erkrankung dienen und seien deshalb keine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG. Vielmehr seien derartige Aufwendungen Folge der familiären Verbundenheit und somit Kosten der privaten Lebensführung. Die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen rechtfertigten keine andere rechtliche Würdigung. Von keinen anderen Grundsätzen sei auch das Hessische Finanzgericht in seinem Urteil vom 26. Oktober 1999 ...