vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [IX R 20/18)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit und Europarechtmäßigkeit der Erhebung einer Sportwettensteuer von einem ausländischen Veranstalter
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Einführung der Sportwettensteuer mit Bundesgesetz vom 29.6.2012 beruht auf einem verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetz und verstößt weder gegen den Gleichheitssatz noch schränkt es die Berufsfreiheit in verfassungswidriger Weise ein. Die europarechtlichen Vorgaben des Art. 56 AEUV sind durch die Sportwettensteuer erfüllt; die Notifizierung nach der Info-RL 98/34/EG ist ordnungsgemäß vorgenommen worden.
2. Es besteht europarechtlich keine Verpflichtung zur Beseitigung einer Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Sportwettenbesteuerung.
3. Spieleinsatz im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 2 RennwLottG ist der Gesamtaufwand des Spielers für den Abschluss der Wette einschließlich der auf den Wetter umgelegten Sportwettensteuer.
Normenkette
SportWettBestG; RennwLottG § 17 Abs. 2, § § 19, § 20; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 72 Abs. 2, Art. 105 Abs. 2; Info-RL 98/34/EG
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der Erhebung einer Sportwettensteuer streitig.
Die Klägerin ist als Handelsgesellschaft mit Sitz in A gegründet und im C Handelsregister eingetragen. Sie veranstaltete während des Streitzeitraums Sportwetten u.a. in der Bundesrepublik Deutschland.
Am 17.08.2012 reichte die Klägerin eine als vorläufig bezeichnete Anmeldung der Sportwettensteuer für den Monat Juli 2012 bei dem Finanzamt B ein. Darin wies sie die Bemessungsgrundlage für die Steuer mit .,.. EUR und die Steuer selbst mit .,.. EUR aus. Der Anmeldung war ein Anschreiben ebenfalls vom 17.08.2012 beigefügt, mit dem die Klägerin ausführte, es erscheine fraglich, ob die Sportwettensteuer auch auf einen dem Kunden bezüglich dieser Steuer in Rechnung gestellten Betrag zu erheben sei. Für den Monat Juli 2012 zahlte die Klägerin außerdem den Betrag von .,.. EUR an die C Lotterie und Glückspielbehörde.
Mit Schreiben vom 07.09.2012 erhob die Klägerin gegen ihre Anmeldung der Sportwettensteuer vom 17.08.2012 Einspruch. Zur Begründung trug sie vor, es komme zu einer Doppelbesteuerung, da auch ihr Sitzland eine entsprechende Verkehrssteuer erhebe. Die Besteuerung sei nicht verfassungskonform. Der Steuersatz von 5% auf den Spieleinsatz habe erdrosselnde Wirkung. Die Steuer verstoße auch gegen ihr Recht auf Berufsfreiheit. Außerdem werde in unzulässiger Weise in Länderkompetenzen eingegriffen. Es bestehe ein Vollzugsdefizit. Schließlich rügt die Klägerin die unzureichende Notifizierung nach der Informationsverfahrensrichtlinie 98/34/EG und einen Verstoß gegen die europarechtliche Dienstleistungsfreiheit.
Im Verlauf des Einspruchsverfahrens reichte die Klägerin den Wettschein D vom 01.07.2015 zu den Akten. Dort wurden ein Einsatz von 1,90 EUR, eine Gebühr von 0,10 EUR und ein Gesamtpreis von 2,- EUR ausgewiesen. Dazu trug die Klägerin vor, für die Sportwettensteuer würden also sowohl der Wetteinsatz als auch der dem Kunden zusätzlich berechnete Betrag zusammengerechnet. Der Gesamtpreis sei die Bemessungsgrundlage für die abzuführende Sportwettensteuer.
Mit Einspruchsentscheidung vom 29.05.2015 hat der im Verlauf des Einspruchsverfahrens für den vorliegenden Steuerfall zuständig gewordene Beklagte den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung vom 29.05.2015 wird verwiesen.
Mit der sodann erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr auf Aufhebung der Festsetzung der Sportwettensteuer gerichtetes Ziel weiter. Zur Begründung ihrer Klage trägt sie im Wesentlichen folgendes vor:
Die Rechtsgrundlage für die Erhebung der Sportwettensteuer von ihr als ausländischer Veranstalterin sei sowohl verfassungswidrig als auch europarechtswidrig.
Die doppelte Belastung mit Verkehrssteuern ausländischer Anbieter diskriminiere diese gegenüber inländischen Anbietern, mithin auch sie, die Klägerin. Damit verstoße die Sportwettensteuer gegen die europarechtlich geregelte Dienstleistungsfreiheit. Es treffe nicht zu, dass im Bereich der Verkehrssteuern und insbesondere im Bereich des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG) ein Verbot der internationalen Doppelbesteuerung nicht bestehe. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), wonach die Grundfreiheiten kein Verbot der internationalen Doppelbesteuerung erhielten, sei zu Ertragsteuern und anderen direkten Steuern ergangen. Bei den Verkehrssteuern gebe es – anders als bei den direkten Steuern – keine Doppelbe-steuerungsabkommen. Einen Grund dafür, Beschränkungen des Dienstleistungsverkehrs durch eine Doppelbelastung mit Verkehrssteuern anders zu werten als sonstige Beschränkungen grenzüberschreitender Dienstleistungen, gebe es nicht. Steuerliche Doppelbelastungen seien ebenso geeignet, die Verwirklichung des Binne...