rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Doppelte Haushaltsführung bei Ledigen
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Unterhalten eines eigenen Hausstandes am Mittelpunkt der Lebensinteressen setzt nicht voraus, dass dort auch während der Abwesenheit des Arbeitnehmers hauswirtschaftliches Leben durch die Anwesenheit von abhängigen Familienangehörigen herrscht; erforderlich ist jedoch, dass der Hausstand aus eignem Recht (z.B. Eigentum, eigner Mietvertrag) genutzt wird.
2. Zum Führen eines eigenen Hausstandes ist nicht erforderlich, dass die bewohnte Räumlichkeit den Wohnungsbegriff des Bewertungsgesetzes erfüllt, sie muss jedoch soweit abgeschlossen sein, dass sie eine eigenständige Haushaltsführung zulässt.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5
Streitjahr(e)
1990
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung.
Der ledige Kläger arbeitet seit 1989 als Diplom-Ingenieur in W/Taunus. Im selben Jahr mietete er im M eine 40 Quadratmeter große möblierte Souterrainwohnung an. Für diese Wohnung hat er im Streitjahr 1990 einen Mietzins in Höhe von 10.800,-- DM entrichtet.
Gleichzeitig behielt der Kläger Räumlichkeiten im Haus seiner Eltern in Siegen bei. Bei diesen Haus handelt es sich um ein Gebäude mit zwei Etagen, das in den Fünfziger Jahren errichtet wurde. In diesem Haus bewohnt der Kläger die obere Etage, die ursprünglich fremd vermietet war. Zu dieser Etage gehören ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer mit Kochnische, Flur und ein Raum, in dem sich ein Badeofen, eine Toilette, ein Waschbecken und bis 1993 eine Gußbadewanne befinden. Diese Räumlichkeiten haben eine Grundfläche von 75 Quadratmetern, nach Berücksichtigung der Dachschräge eine Wohnfläche von 35 Quadratmetern. Für die Nutzung dieser Räumlichkeiten an den Wochenenden und während seines Urlaubs hat der Kläger an seine Eltern monatlich 200,-- DM in bar gezahlt. Der Kläger hat von der Beklagten unbestritten vorgetragen, daß er im Streitjahr Kontakt zu seinem umfangreichen Freundes- und Bekanntenkreis in Siegen unterhalten hat.
In dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1990 hat das beklagte Finanzamt lediglich Aufwendungen für Wochenendheimfahrten in Höhe von 2.275,-- DM als Werbungskosten berücksichtigt.
Der Kläger ist der Auffassung, daß seine Aufwendungen für die Miete in M sowie Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 2.800,-- DM als Kosten einer doppelten Haushaltsführung bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit steuermindernd zu berücksichtigen sind. Er habe im Hause seiner Eltern in einer abgeschlossenen Wohnung aufgrund eigenen Rechts einen eigenen Hausstand geführt.
Der Kläger beantragt,
den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1990 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung dergestalt abzuändern, daß weitere Werbungskosten in Höhe von 13.600,-- DM berücksichtigt werden.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es ist der Auffassung, daß die von dem Kläger in Siegen bewohnten Räume nicht als eigene Wohnung qualifiziert werden könnten, da sie nach den maßgeblichen Grundsätzen des Bewertungsrechts nicht die erforderliche Abgeschlossenheit zu den Räumen im Erdgeschoß aufweisen würden. Im übrigen benutze der Kläger diese Räumlichkeiten nicht aus eigenem Recht, da die Überlassung gegen Beteiligung an den laufenden Kosten dem Kläger keine eigene Rechtsposition verschaffe.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Vaters des Klägers. Wegen des Beweisthemas wird auf den Beweisbeschluß vom 20. Januar 1977, wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf das Sitzungsprotokoll vom 19. März 1997 verwiesen.
Dem Gericht hat ein Band der bei dem Beklagten unter der Steuer-Nr.:…geführten Einkommensteuerakten vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Der Kläger ist durch den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1990 in Gestalt der Einspruchsentscheidung in seinen Rechten verletzt, denn seine Aufwendungen für die Wohnung in M sowie die Verpflegungsmehraufwendungen sind als Kosten einer doppelten Haushaltsführung bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit steuermindernd zu berücksichtigen.
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlaß begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt.
Bis zu dem Urteil vom 05. Oktober 1994 VI R 62/90 (Bundessteuerblatt II 1995, 180) ist der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, daß bei ledigen Arbeitnehmern mangels eigenen Hausstandes eine doppelte Haushaltsführung nicht in Betracht komme. In der oben zitierten Entscheidung hat der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung zur Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung bei Nichtverheirateten geändert. Nunmehr setzt das Unterhalten eines eigenen Hausstandes im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG am Mittelpunkt der Leben...