Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwendung des steuerlichen Einlagekontos bei mehreren Ausschüttungen innerhalb eines Wirtschaftsjahres
Leitsatz (redaktionell)
- Bei mehreren innerhalb eines Wirtschaftsjahres erfolgten Ausschüttungen hat eine Sammelbetrachtung sämtlicher Ausschüttungen eines Wirtschaftsjahres zu erfolgen. Die sich daraus ergebende Verwendung des steuerlichen Einlagekontos ist nach den gleichen Verhältnissen auf sämtliche Ausschüttungen des Wirtschaftsjahres zu verteilen.
- Die Bescheinigung im Sinne des § 20 Abs. 3 KStG kann wegen der Sammelbetrachtung erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres in zutreffender Höhe ausgestellt werden.
- Bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des §§ 20 Abs. 5 S. 4 KStG ist die insoweit zu Unrecht nicht einbehaltene und angemeldete Kapitalertragssteuer unabhängig von dem Vorliegen eines Verschuldens durch Haftungsbescheid festzusetzen. Ein Ermessen der Behörde besteht insoweit nicht.
Normenkette
KStG § 27 Abs. 1 S. 3, Abs. 3, 5 Sätze 4-5; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3; AO § 357 Abs. 1, § 110
Streitjahr(e)
2009
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Haftung der Klägerin für Kapitalertragsteuer im Zusammenhang mit dem Streit der Beteiligten über die Höhe der Verwendung des steuerlichen Einlagekontos für eine am 27.10.2009 erfolgte Ausschüttung.
Die Klägerin ist eine im Handelsregister eingetragene Kapitalgesellschaft. Ihr Wirtschaftsjahr entspricht dem Kalenderjahr. Ihr Stammkapital betrug 40.000 Euro. Daneben verfügte die Klägerin zum 31.12.2008 nach ihrer Steuerbilanz über weiteres Eigenkapital i.H.v. 1.432.584 Euro (siehe im Einzelnen der Jahresabschluss 2008 und der Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31.12.2009 vom 19.01.2011).
Im Jahr 2009 (Streitjahr) tätigte die Klägerin an ihre Anteilseigner zwei zeitlich auseinanderfallende Ausschüttungen.
a) Ausschüttungsbeschluss vom 30.03.2009
Zunächst schüttete die Klägerin am 02.04.2009 auf Grund eines Gesellschafterbeschlusses vom 30.03.2009 (Bl. 4 der Kapitalertragsteuerakten – nachfolgend KapESt-Akten) insgesamt 500.000 Euro – davon handels-/gesellschaftsrechtlich 238.585 Euro aus dem vorhandenen Bilanzgewinn und weitere 261.415 Euro durch handels-/gesellschaftsrechtliche Teilauflösung der bestehenden Kapitalrücklage – an ihre Anteilseigner aus. Seit Jahresbeginn und zum Zeitpunkt dieses Ausschüttungsbeschlusses waren folgende Gesellschafter wie folgt an der Klägerin beteiligt und erhielten nachfolgende Ausschüttungen, wobei die Klägerin nach ihren eigenen unstreitigen Angaben folgende Verwendung aus dem Einlagekonto bescheinigte:
|
Geschäftsanteil |
Ausschüttung |
bescheinigte Verwendung des steuerlichen Einlagekontos |
|
in Euro |
in % |
|
|
A GmbH |
400,00 |
1,00% |
5.319,15 |
2.781,01 |
B |
28.200,00 |
70,50% |
375.000,00 |
196.061,25 |
C |
400,00 |
1,00% |
5.319,15 |
2.781,01 |
D |
2.000,00 |
5,00% |
26.595,74 |
13.905,05 |
E |
6.600,00 |
16,50% |
87.765,96 |
45.886,68 |
Summe |
37.600,00 |
94,00% |
500.000,00 |
261.415 |
eigene Anteile |
2.400,00 |
6,00% |
0,00 |
0,00 |
Gesamt |
40.000,00 |
100,00% |
500.000,00 |
261.415,00 |
Die Klägerin ging insoweit von kapitalertragsteuerpflichtigen Zahlungen i.H.v. insgesamt 238.545 Euro (= 500.000 Euro abzgl. 261.415 Euro) aus und meldete daher zum 02.04.2009 Kapitalertragsteuer i.H.v. 59.646,25 Euro nebst Solidaritätszuschlag i.H.v. 3.280,54 Euro an (Bl. 1 KapESt-Akten).
b) Ausschüttungsbeschluss vom 26.10.2009
Später schüttete die Klägerin am 27.10.2009 auf Grund eines weiteren, am Vortag erfolgten Gesellschafterbeschlusses insgesamt 700.000 Euro aus, welche in voller Höhe auf der Auflösung der Kapitalrücklage um weitere 700.000 Euro beruhte. Zum Zeitpunkt dieses Ausschüttungsbeschlusses waren folgende Gesellschafter wie folgt an der Klägerin beteiligt und erhielten folgende Ausschüttungen, wobei die Klägerin den Anteilseigner nach ihren unstreitigen Angaben die Ausschüttung in voller Höhe als Verwendung des Einlagekontos bescheinigte:
|
Geschäftsanteil |
Ausschüttung |
bescheinigte Verwendung des steuerlichen Einlagekontos |
|
in Euro |
in % |
|
|
A GmbH |
400,00 |
1,00% |
7.865,17 |
7.865,17 |
B |
28.200,00 |
70,50% |
554.494,38 |
554.494,38 |
C |
400,00 |
1,00% |
7.865,17 |
7.865,17 |
E |
6.600,00 |
16,50% |
129.775,28 |
129.775,28 |
Summe |
35.600,00 |
89,00% |
700.000,00 |
700.000,00 |
eigene Anteile |
4.400,00 |
11,00% |
0,00 |
0,00 |
Gesamt |
40.000,00 |
100,00% |
700.000,00 |
700.000,00 |
Entsprechend meldete die Klägerin zum 27.10.2009 Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag i.H.v. jeweils 0 Euro an (Bl. 7 KapESt-Akten).
Die zwischen den beiden Ausschüttungen veränderte Anteilseignerstruktur beruhte darauf, dass die Klägerin im Mai 2009 den Geschäftsanteil der D im Nennwert i.H.v. 2.000 Euro zu einem Kaufpreis i.H.v. 70.000 Euro erworben hatte. Zum diesbezüglichen notariell beurkundeten Anteilskauf- und –abtretungsvertrag vom 18.05.2009 wird auf Bl. 249 des Sonderbands Verträge Bd. II verwiesen.
Der Beklagte erließ am 12.07.2010 einen Bescheid zum 31.12.2008 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz ...