rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreiben eines Übergangswohnheims als gewerbliche Tätigkeit;

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Enthalten die vertraglichen Verpflichtungen für die Unterbringung von Asylbewerbern, Flüchtlingen oder Aussiedlern ein Bündel von Leistungen, bei dem die Beherbergung und Betreuung der Unterzubringenden im Vordergrund steht und das Zurverfügungstellen von Wohnraum nur eine von vielen Pflichten, nicht aber die die Art der Einkünfte prägende Hauptpflicht ist, liegt eine gewerbliche Tätigkeit und kein Mietverhältnis vor.
  2. Die Bemessung des Entgelts pro Person und Anwesenheitstag und nicht an Merkmalen der zur Nutzung überlassenen Räumlichkeiten spricht für eine gewerbliche Tätigkeit.
  3. Der Charakter eines Beherbergungsvertrages mit einem vertraglich vereinbarten Entgelts als Abgeltung für ein ganzes Bündel von Leistungen ändert sich nicht durch die Nicht- oder Schlechterfüllung der vertraglich übernommenen Pflichten.
 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

1993, 1994, 1995, 1996

 

Tatbestand

Der Kläger und die beklagte Behörde streiten darüber, ob der Betrieb eines Wohnheims zur Unterbringung von Aus- und Übersiedlern eine gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit darstellt oder nicht. Dem Rechtsstreit liegt nachfolgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Urkunde des Notars xxxxxxx, xxxxxxxxx, vom xx.xx.1992 (Urkunden-Rolle xxxx1992) erwarb der Kläger das Anwesen xxxxxxxxx in xxxxxxxx. Das xxxxx m² große Grundstück ist mit einem Mehrfamilienhaus bebaut, das nach Aktenlage seit der Errichtung in 198x von den Voreigentümern an das Land Hessen zur Unterbringung von Aus- und Übersiedlern vermietet war. In dem Haus befinden sich xx Ein- und Mehrzimmerwohnungen; die Gesamtwohnfläche betrug über xxxx m². Der Kaufpreis für das Anwesen belief sich auf xxx Millionen DM und zwar xxxxxxxxxx DM für Grund und Boden und Gebäude sowie xxxxxxxxxxx DM für das mitverkaufte Inventar. Ausweislich Anlage 1 zum Kaufvertrag vom xx.xx.1992 handelt es sich bei den Einrichtungsgegenständen um:

xx Elektroherde mit vier Kochplatten und Backofen,

xx vollautomatische Waschmaschinen,

xx Elektrowäschetrockner,

xx Kleiderschränke,

xx Schuhschränke,

xx Küchenzeilen,

xxx komplette Einbauküchen,

xx große Kühlschränke,

xxx Kühlschränke,

xxx Stühle,

xxx Betten mit Matratzen und Sprungrahmen,

xx Tische,

xx Rahmenleuchtstofflampen,

xx Kristallglaslampen,

xxx Satz Bettwäsche (Bettlaken, Bettbezug, Kopfkissen),Kleinmaterial wie Besen, Schaufel,Schubkarren, Putzmaterial

xx Traktorrasenmäher,

xx Elektroheizgeräte und

xx Kopierer.

Der Kläger trat mit allen Rechten und Pflichten in das bestehende Mietverhältnis mit dem Land Hessen ein.

Ab dem 01.01.1993 galt ein neuer Mietvertrag (Mietvertrag vom xx.xx.1992), der als Anlage 2 dem notariellen Kaufvertrag vom xx.xx.1992 beigefügt war. Nach den Bestimmungen des Mietvertrages vom xx.xx.1992 verpflichtete sich der Betreiber gegenüber dem Land Hessen in dem Objekt xxxxxxxxxxxxx in xxxxxxxxxxxx entsprechend der verfügbaren Belegungskapazität bis zu 150 Aussiedler unterzubringen. Falls der Bedarf zur Unterbringung von Aussiedlern nicht mehr bestand, konnte das Land die Liegenschaft während der Vertragsdauer anderweitig nutzen. Es wurde eine Belegungsgarantie in Höhe von 60 % gegeben. Die Belegung der Einrichtung erfolgte durch Zuweisung der Landeseinweisungsstelle in der zentralen Aufnahmestelle des Landes Hessen. Der Betreiber hatte das zum Betrieb erforderliche Verwaltungs-, Reinigungs- und Betreuungspersonal (gemäß altem Vertrag) zur Verfügung zu stellen. Für die Ausstattung der Einrichtung waren die Angaben in einem Merkblatt verbindlich, das - entsprechend der vertraglichen Regelungen - Bestandteil des Vertrages war. Das Nutzungsverhältnis begann am 01.01.1993 und endete am 31.12.1995. Dem Betreiber oblag die regelmäßige Reinigung der von den Bewohnern gemeinschaftlich genutzten Flächen (Flure, Treppenhäuser, sanitäre Anlagen, Küchen). Unterkunftsräume waren vom Betreiber bei Belegungswechsel gründlich zu reinigen und ggf. zu renovieren. Sanitärräume und Küchen waren mindestens einmal täglich zu reinigen. Bei Bedarf war eine Grundreinigung vorzunehmen.

Für alle vertraglichen Leistungen einschließlich der Betriebskosten und Abgaben erhielt der Betreiber ein pauschales Entgelt von 17,-- DM pro Person und Tag. Die Auszahlung eines über die Belegungsgarantie hinausgehenden Betrages sollte nach Rechnungsstellung mit Belegungsnachweis erfolgen. Von allen außergewöhnlichen Vorfällen (Streitigkeiten mit untergebrachten Personen etc.) war das Hessische Übergangswohnheim xxxxxxxxx zu unterrichten. Vertreter des Nutzers und des Hessischen Übergangswohnheims xxxxxxxxx waren berechtigt, die Einrichtung zu betreten und sich hierin aufzuhalten. Die Hausordnung des Übergangswohnheims xxxxxxxxxxxxxx galt auch für die Einrichtung des Klägers. Der Betreiber und sein Personal waren nicht berechtigt, ohne vorherige ausdrückliche Zustimmung des Nutzers Auskünfte an Medien zu erteilen.

Der Vertrag bedurfte zu seiner Wirksamkeit...

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