Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung Rücklieferung zu Rückgängigmachung
Leitsatz (redaktionell)
Die Rückgabe von Diamanten gegen Zahlung des ursprünglich entrichteten Kaufpreises zuzüglich 10 % Mehrerlösentschädigung und die Rückgabe von Diamanten gegen Kauf eines wertvolleren Diamanten im Rahmen einer sog. Umtauschaktion stellt keine Rückgängigmachung der ursprünglichen Lieferung dar.
Normenkette
UStG 1993 § 17 Abs. 2 Nr. 3
Tatbestand
Die am 9. 10. 1992 gegründete, seit 1996 in Liquidation befindliche Klägerin betrieb in den Jahren 1993 bis 1995 einen Diamantenhandel für Geldanleger. In ihren Prospekten stellte die Klägerin heraus, dass es sich beim Diamantkauf um anonyme Geldanlagen mit hohem Wertzuwachs handele. Die Preise der Rohdiamanten seien seit 1935 um 850 % gestiegen. Seit einem halben Jahrhundert sei ein regelmäßiger Wertzuwachs von 20 % jährlich zu verzeichnen gewesen.
Sonderaktion:
In den Streitjahren 1993 bis 1995 wurde auf Anraten einer gesondert beauftragten Beraterfirma ein Werbekonzept entwickelt, wonach Neukunden im Rahmen einer sog. Sonderaktion einmalig garantiert wurde, den gekauften Diamanten nach Ablauf von drei Monaten gegen Rückzahlung des Entgelts nebst einem Aufschlag von 10 % zurück zu nehmen. Die Verträge hatten beispielhaft folgenden Wortlaut:
„Vertrag vom 23. 2. 1995:
1. Zwischen der (Klägerin) und dem Käufer wurde der Kauf folgender Brillanten getätigt ...
2. Wir verpflichten uns, bei fristgerechter Zahlung bis zum 2. 3. 1995 zur Rücknahme des Brillanten (Aufhebung des Kaufvertrages), wenn der Brillant in der Zeit vom 23. 5. 1995 bis 30. 5. 1995 per Wertbrief bei uns eingehend zurückgesandt wird.
3. ... 10 % plus
Sie erhalten dann den gesamten Kaufpreis zurück, zuzüglich eines Mehrerlöses (Entschädigung) in Höhe von mindestens 10 %.
4. (Beschreibung des Diamanten und Kaufpreis 5.276 DM)“
Die Klägerin lieferte die Diamanten zusammen mit einer fälschungssicher in einer Klarsichtfolie verschweißten Expertise aus, in der der Diamant ohne Wertangabe nach seinen Eigenschaften beschrieben war.
Sie verbuchte diese Geschäftsvorgänge in den Fällen, in denen der Kunde von diesem Recht Gebrauch gemacht hatte, umsatzsteuerrechtlich als Rückgängigmachung einer Lieferung nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 Umsatzsteuergesetz (UStG) und die gezahlten 10 % Aufpreis ertragssteuerlich als Werbeaufwand.
Umtauschaktion:
Unabhängig von dieser Aktion nahm die Klägerin außerdem beim Kauf eines höherwertigen Diamanten kleinere Diamanten in Zahlung. Sie stammten entweder von der Klägerin aus der Sonderaktion, aus Verkäufen außerhalb dieser Aktion oder von fremden Händlern (vgl. Betriebsprüfungsbericht, Tz. 18 und die Zusammenfassung der Prüfungsfeststellungen für die Schlussbesprechung vom 4. 12. 1996). Die Klägerin hatte ihren Kunden ein vierzehntägiges Rückgaberecht für Diamantenkäufe außerhalb der Sonderaktion zugesagt. Für Rückgaben nach Ablauf dieser Frist enthielt der Prospekt die Zusicherung einer „seriösen Umtauschmöglichkeit“.
Die Klägerin unterwarf lediglich die Differenz zwischen dem Preis des größeren und des in Zahlung genommene kleineren Diamanten der Umsatzsteuer, weil sie davon ausging, das erste Geschäft über den in Zahlung genommenen Diamanten sei rückgängig gemacht worden. Auch bei längeren Zeitabständen zwischen den Käufen sei von einem Kauf auf Probe auszugehen.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung (Bp) erließ der Beklagte (das Finanzamt - FA -) am 17. 1. 1997 für 1993 bis 1995 Umsatzsteuerbescheide, die im Rahmen des Einspruchsverfahrens am 18. 8. 1997 bzw. für den Zeitraum 1995 nochmals am 14. 11. 1997 geändert wurden, in denen das FA nicht von einer Rückgängigmachung, sondern von einer Rücklieferung ausging bzw. in den Fällen der Inzahlungnahme von einem Tausch mit Baraufgabe.
Das FA erhöhte die Umsatzsteuern wie folgt:
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Sonderaktion |
Inzahlungnahme |
Summe Umsatzsteuer |
1993 |
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1994 |
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1995 |
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Gegen die Änderungsbescheide legte die Klägerin Einspruch ein, in dem sie folgenden Rechtsstandpunkt vertrat: Da es sich bei den Diamanten um nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter handelt, müsse man die Inzahlungnahme, die tatsächlich in einem Zeitraum von zwei Wochen bis zu einem Jahr erfolgt seien, binnen einer Frist von sechs Monaten wie einen Umtausch ansehen, Inzahlungnahmen nach dieser Frist hingegen als Rückkauf. Im Schätzungswege müsse davon ausgegangen werden, dass 50 % der Steine binnen sechs Monaten (Rücklieferung) und 50 % zu einem späteren Zeitpunkt (Rückkauf) zurückgegeben worden seien, so dass die Hälfte der Umsätze nach § 17 UStG gemindert werden müsse.
Nach vergeblichem Einspruchsverfahren hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt:
Es sei von einer Rückgängigmachung der Lieferung nach § 17 UStG auszugehen. Wie bei einem Kauf auf Probe habe es im Belieben des Käufers gestanden, den Diamanten zurückzugeben. Sinn und Zweck des Rückgabebonus von 10 % sei es gewesen, den Neukunden nicht einen zusätzlichen Gewinn zu verschaffen, sondern die Kosten für eine etwaige Prüfung des Diamanten zu ersetzen (Schade...