Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer 1990–1992

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.05.2000; Aktenzeichen V R 73/99)

 

Tenor

1. Die Umsatzsteueränderungsbescheide 1990 bis 1992 vom 8.10.1998 (1991 und 1992) bzw. 17.11.1998 (1990) werden unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 14.11.1994 dahingehend geändert, daß die Umsatzsteuer 1990 auf – DM, die Umsatzsteuer 1991 auf – DM und die Umsatzsteuer 1992 auf– DM festgesetzt wird.

2. Die Kosten des Verfahrens hat das beklagte Finanzamt zu tragen.

3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die umsatzsteuerliche Behandlung der von der Klägerin –Klin.– unentgeltlich durchgeführten Arbeitnehmersammelbeförderung streitig.

Die Klin. betrieb in den Streitjahren ein überregional in der Bundesrepublik tätiges Bauunternehmen. Ihre Baustellen befanden sich bis zu 500 km von ihrem Firmensitz entfernt. Sie beförderte ihre Arbeitnehmer unentgeltlich unter Einsatz von Firmenbussen von deren Wohnsitz bzw. von Sammelplätzen aus zu ihren jeweiligen Baustellen und zurück.

Bei im näheren Umkreis gelegenen Baustellen fanden die Fahrten wochentäglich, ansonsten wöchentlich statt. Nach den übereinstimmenden Feststellungen der Beteiligten waren in den Streitjahren etwa 70 % der Baustellen in einer räumlichen Entfernung von über 50 km vom Firmensitz der Klin. belegen, die übrigen Baustellen befanden sich innerhalb einer Entfernung von maximal 50 km. Aufgrund des geltenden Tarifvertrages war die Klin. verpflichtet, Arbeitnehmern, die auf einer mindestens 6 km von ihrer Wohnung entfernten Bau- oder Arbeitsstelle außerhalb des Betriebes arbeiteten, die Fahrtkosten zu erstatten bzw. Auslösungen zu bezahlen (§ 7 BRTV, Bl. 36 der FG-Akte).

Im Anschluß an eine bei der Klin. durchgeführte Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat das beklagte Finanzamt – FA– zunächst die Auffassung, daß es sich bei sämtlichen von der Klin. durchgeführten Sammelbeförderungen um Leistungen der Klin. an ihre Arbeitnehmer gehandelt habe, die gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b Umsatzsteuergesetz –UStG– der Umsatzsteuer zu unterwerfen seien. Das FA erließ daraufhin geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre, in denen die Besteuerungsgrundlagen hinsichtlich der Sammelbeförderungen im Schätzungswege ermittelt wurden.

Der Einspruch gegen diese Bescheide blieb ohne Erfolg.

Nachdem in dem hiergegen gerichteten Klageverfahren mit dem ursprünglichen Az.: 6 K 3913/94 zunächst im Hinblick auf ein laufendes Verfahren vor dem Bundesfinanzhof – BFH– im Einverständnis der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet wurde, wurde das Verfahren nach dem Urteil des EuGH vom 16.10.1997 – Rs. C-258/95 – (HFR 1998, 61) und den sich hieran anschließenden Urteilen des BFH vom 12.2.1998 –V R 69/93– (BFH/NV 1998, 1131) und vom 9.7.1998 –V R 105/92– (BStBl. II 1998, 635) wieder aufgenommen und unter dem jetzigen Aktenzeichen fortgesetzt.

Aufgrund dieser BFH Rechtsprechung änderte das FA die streitigen Umsatzsteuerbescheide erneut durch den Erlaß der Umsatzsteueränderungsbescheide 1990–1992 vom 8.10.1998 (für 1991 und 1992) bzw. vom 17.11.1998 (für 1990) und erkannte darin die unentgeltlichen Arbeitnehmersammelbeförderungen zu den mehr als 50 km vom Firmensitz der Klin. entfernt liegenden Baustellen als nichtsteuerbare Umsätze an. Da die im Schätzungswege ermittelten Beförderungsleistungen zu Baustellen der Klin. bis zu einer Entfernung von 50 km weiterhin der Umsatzsteuer unterworfen wurden, machte die Klin. die erneuten Änderungsbescheide gem. § 68 Finanzgerichtsordnung – FGO– zum Gegenstand des Verfahrens.

Die Klin. vertritt die Auffassung, daß nach der neueren Rechtsprechung des BFH zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Arbeitnehmersammelbeförderung im Anschluß an das ebenfalls zu diesem Thema ergangene EuGH-Urteil (jeweils a.a.O.) die von ihr gegenüber ihren Arbeitnehmern erbrachten unentgeltlichen Beförderungsleistungen nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden dürften. Sie weist darauf hin, daß die Sammelbeförderungen ertragsteuerlich vom Finanzamt auch nach Überprüfung im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung als steuerfrei gem. § 3 Nr. 32 Einkommensteuergesetz –EStG– angesehen worden seien, weshalb der geldwerte Vorteil der Arbeitnehmer auch nicht mit Lohnsteuer belastet worden sei.

Die Arbeitnehmer würden von der Klin. zu Baustellen im gesamten Bundesgebiet befördert, die bis auf wenige Ausnahmen weder vom Firmensitz der Klin. noch von den Wohnorten ihrer Arbeitnehmer aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln in angemessener Zeit erreichbar seien. Der Firmensitz der Klin. befinde sich in einem Ortsteil von X, der nicht direkt an das öffentliche Verkehr...

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