Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbarkeit der Leistung bei Zahlungen zur Auflösung eines Beratervertrages
Leitsatz (redaktionell)
1. Entschädigungen oder Schadensersatzzahlungen sind kein Entgelt im Sinne des Umsatzsteuerrecht, wenn die Zahlungen nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern weil der Zahlenden nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden und seine Folgen einzustehen hat.
2. Sind sich die Vertragspartner darüber einig, das kein Anspruch aus dem ursprünglichen Beratungsvertrag, sondern ein Schadensersatzanspruch wegen einer schwer wiegenden Vertragsverletzung geltend gemacht wird und waren Gegenstand der Einigung über die Zahlungen letztlich nur noch die Entschädigungsmodalitäten bzw. die Höhe der Entschädigung, so begründet die Einigung keinen steuerbaren Umsatz.
3. Wird ein anwaltlicher Beratungsvertrag durch eine Auflösungsvereinbarung gegen Zahlung einer Ersatzleistung aufgehoben, ist das gezahlte Entgelt keine steuerbare Leistung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
1993
Nachgehend
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der in 1993 an die Klägerin gezahlte Betrag i.H.v. …DM für die Auflösung eines Beratungsverhältnisses zwischen der Klägerin und einer Gemeinschaftspraxis von Ärzten Entgelt für einen steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) darstellt oder ob es sich dabei um Schadensersatz handelt.
Die Klägerin betreibt eine Anwaltssozietät in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Sie bestand im Streitjahr aus den Rechtsanwälten A, B und C.
Am 27.6.1992 schloss die Klägerin mit einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis, bestehend aus zuletzt sieben Ärzten, einen Beratungsvertrag (BerV).
Nach diesem Vertrag sollte die Klägerin die Gemeinschaftspraxis in sämtlichen den Geschäftsbetrieb betreffenden Rechtsangelegenheiten beraten (vgl. § 2 I BerV). Als Honorar für diese Leistung wurde eine jährliche Pauschale von…DM, zahlbar in monatlichen Raten am Monatsende, vereinbart (§ 4 I BerV). Der Vertrag wurde fest abgeschlossen für die Dauer vom 1.10.1991 bis 31.12.1996 (§ 7 I BerV); eine Kündigung aus wichtigem Grund blieb jedoch vorbehalten (§ 7 III BerV). Wegen des weiteren Inhalts dieses Beratungsvertrags wird auf die Kopie der Vertragsurkunde (Bl. 10-12 der Umsatzsteuerakte) Bezug genommen.
Da sich die Gemeinschaftspraxis wegen Differenzen zwischen ihren Gesellschaftern in 1993 auflösen wollte, eröffnete sie der Klägerin im Rahmen einer Zusammenkunft am 5.6.1993, dass sie den Beratungsvertrag auflösen wolle und ihn vorzeitig kündige. Trotz Hinweises der Vertreter der Klägerin auf mögliche rechtliche Konsequenzen, nämlich Klage auf Erfüllung oder Schadensersatz war die Ärztegemeinschaft nicht mehr bereit, mit der Klägerin zusammenzuarbeiten. Nachdem den Vertretern der Klägerin angedeutet worden war, dass ein Beharren auf dem Vertrag aufgrund einer dann beabsichtigten Bekanntmachung auf dem nur kleinen „ärztlichen Markt” für sie nachteilige Folgen habe, kam es nach schwierigen Verhandlungen schließlich am 24.8.1993 zu einer Auflösungsvereinbarung.
Danach beendeten die Vertragsparteien auf dringenden Wunsch der Gemeinschaftspraxis den Beratungsvertrag einvernehmlich zum 30.8.1993 (Ziff. 1 d. Auflösungsvereinbarung). Für den entgangenen Gewinn aufgrund der Auflösung des Vertragsverhältnisses sollte die Gemeinschaftspraxis an die Klägerin einen einmaligen Betrag i.H.v.…DM als Schadensersatz zahlen (Ziff. 2 d. Auflösungsvereinbarung), wobei der Betrag im September 1993 fällig wurde (Ziff. 3 d. Auflösungsvereinbarung). Wegen des weiteren Inhalts der Auflösungsvereinbarung wird auf die Kopie der Vertragsurkunde (Bl. 13 der USt-Akte) Bezug genommen.
Der geforderte Betrag wurde dem Konto der Klägerin im September gutgeschrieben.
Die Klägerin unterwarf diesen Vorgang nicht der Umsatzbesteuerung, sondern erfasste ihn lediglich ertragssteuerlich als Betriebseinnahme.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass die Zahlung von…DM das Bruttoentgelt für einen steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz darstelle. Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) schloss sich dieser Auffassung an und erließ am 26.11.1997 den angefochtenen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 1993, mit dem er den Umsatz um…DM und die Umsatzsteuer um…DM erhöhte und Zinsen gemäß § 233a Abgabenordnung (AO) in Höhe von…DM festsetzte.
Am 29.12.1997 legte die Klägerin Einspruch gegen die geänderte Festsetzung der Umsatzsteuer ein.
Zur Begründung machte sie geltend, die Zahlung stelle einen nicht steuerbaren Schadensersatz dar. Die Ärztegemeinschaft habe die Erfüllung des Vertrages ohne Rücksicht auf die rechtlichen Konsequenzen unbedingt beenden wollen und sei nicht mehr bereit gewesen, ihre vereinbarten Zahlungspflichten zu erfüllen und der Klägerin weitere Beratungsaufträge zu erteilen. In dieser Erfüllungsv...