vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [XI R 29/17)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerpflicht eines Gesundheitszentrums mit Wellnessangebot
Leitsatz (redaktionell)
- Die Leistungen eines Gesundheitszentrum mit Wellnessangebot das keinen Versorgungsvertrag als Vorsorge-oder Rehabilitationseinrichtung gemäß § 111 SGB V mit einer Krankenkasse geschlossen hat und bei dem die Gäste nach einem eingangs erfolgten ärztlichen Aufnahmegespräch selbst über ihren Aufenthalt, dessen Dauer sowie den Umfang der in Anspruch genommenen Leistungen bestimmen können, sind umsatzsteuerpflichtig.
- Eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1b MwStSystRL greift nicht ein, wenn keine Vergleichbarkeit in sozialer Hinsicht mit Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und andere ordnungsgemäß anerkannte Einrichtungen gegeben ist.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 14b; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1b
Streitjahr(e)
2009, 2010, 2011
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Umsatzsteuerpflicht von Leistungen aus dem Betrieb eines Gesundheitszentrums.
Dem liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin betrieb in den Streitjahren neben der …-Klinik … das Gesundheitszentrum (im Folgenden Gesundheitszentrum). Das Gesundheitszentrum ist eine Einrichtung, in der die Gäste selbst über ihren Aufenthalt, dessen Dauer sowie den Umfang der Leistungen entscheiden können. Entsprechende Aufenthaltspakete werden in Katalogen, Zeitschriften oder dem Internet beworben und können dort gebucht werden.
Der Aufenthalt ist nicht von einem ärztlichen Befund abhängig, sondern der Gast bucht das Gesamtangebot zu einem Festpreis. Bei Beginn des Aufenthalts erfolgt eine ärztliche Untersuchung. Im Anschluss daran wird der Terminplan für Anwendungen erstellt. Auch können Paare oder Freunde einen Aufenthalt in einem Zweibettzimmer zu einem Festpreis buchen.
Für das Gesundheitszentrum bestand seit dem Jahr…ein Versorgungsvertrag mit dem Verband der Krankenkassen in … und dem Verband der Ersatzkassen in … . Nachdem die Einrichtung aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten zum … geschlossen worden war, endete damit auch der Versorgungsvertrag. Im … wurde der Betrieb des Gesundheitszentrums wieder aufgenommen, ohne dass ein neuer Versorgungsvertrag abgeschlossen wurde. Wie der Verband der Krankenkassen mitteilte, bestand für 2009 kein Versorgungsvertrag gemäß § 111 des Sozialgesetzbuchs (SGB) V. Einen Antrag auf Aufnahme des Gesundheitszentrums in den Krankenhausplan für die Fachgebiete Orthopädie und Innere Medizin vom ...2011 lehnte das Hessische Sozialministerium mit Bescheid vom ...2011 ab.
Bis einschließlich 2008 wurden die Leistungen vom Beklagten, dem Finanzamt (nachfolgend FA) nach § 4 Nr. 16 Buchst. c des Umsatzsteuergesetzes (UStG) alter Fassung als umsatzsteuerfrei behandelt.
In der am 19.07.2010 eingereichten Umsatzsteuererklärung für 2009 erklärte die Klägerin Umsätze aus Lieferungen und Leistungen zum allgemeinen
Steuersatz in Höhe von … EUR.
In einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung vertrat der Betriebsprüfer die Auffassung, die begehrte Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. b Doppelbuchst. dd UStG neuer Fassung sowie Artikel 132 Abs. 1 Buchst b der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwSystRL) sei für die Streitjahre zu versagen, da insbesondere kein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V vorläge.
Somit unterlägen die Umsätze – mit Ausnahme der Erlöse der Krankenkassen – der Umsatzsteuer nach dem Regelsteuersatz.
Den Feststellungen der Betriebsprüfung folgend setzte das FA die Umsatzsteuer 2009 mit Bescheid vom 20.08.2013 auf … EUR fest, wobei es Lieferungen und sonstige Leistungen zum allgemeinen Steuersatz i.H.v. … EUR zugrunde legte.
Für die Folgejahre erklärte die Klägerin in den Umsatzsteuerjahreserklärungen die Umsätze entsprechend der vom FA vertretenen Rechtsauffassung. Die Erklärungen standen einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Danach betrug die Umsatzsteuer für 2010 … EUR und für 2011 … EUR.
Die gegen die Steuerfestsetzungen eingelegten Einsprüche begründete die
Klägerin u. a. damit, dass die seit 01.01.2009 geltende Neuregelung im Bereich des Umsatzsteuerrechts nicht im Einklang mit EU-Recht stehe, da Art. 132 Abs. 1 Buchstabe b MwSystRL nicht richtlinienkonform umgesetzt worden sei.
Bei der Klägerin habe es sich um ein Krankenhaus im Sinne von § 7 f des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehandelt, denn das FA habe die entsprechenden Sonderabschreibungen gewährt. Daher falle es auch umsatzsteuerlich in den Anwendungsbereich des § 4 Nr. 16 b UStG.
Ungeachtet dessen handele es sich bei dem Gesundheitszentrum auch um ein
Krankenhaus im Sinne des § 107 Abs. 2 des Sozialgesetzbuchs (SGB) V als Vorsorge- und Rehabilitationsklinik. Nach der Neuregelung des deutschen
Gesetzgebers solle die Umsatzsteuerfreiheit bestimmter Leistungen n...