vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VI R 66/05)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ständige Arbeitsstätte bei längerer Fortbildung
Leitsatz (redaktionell)
Eine Fortbildungsstätte ist spätestens nach Ablauf von drei Monaten als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen, sodass Fahrtkosten nach drei Monaten nur in Höhe der Entfernungspauschale gem. § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG und nicht nach Dienstreisegrundsätzen geltend gemacht werden können
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Nr. 4
Streitjahr(e)
2003
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob Fahrten zu einer auswärtigen Fortbildungsstätte nach den Regelungen für Dienstreisen als Werbungskosten anzuerkennen sind oder nur die Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Einkommensteuergesetz - EStG - zu gewähren ist.
Dem Rechtstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Kläger, der zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt wird, erzielte im Streitjahr als technischer Angestellter Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.
Neben dieser Tätigkeit nahm der Kläger an einer Fortbildungsmaßnahme zum Werkzeugkonstrukteur an den Beruflichen Schulen in A teil. Die Fortbildungsmaßnahme begann am 1. August 2000 und sollte bis zum Juli 2004 andauern.
Die Schulzeiten waren dienstags und freitags von 17.30 Uhr bis 21.00 Uhr und samstags von 8.30 Uhr bis 15.15 Uhr.
Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 2003 machte der Kläger im
Zusammenhang mit dieser Fortbildungsmaßnahme folgende Werbungskosten geltend:
Reisekosten: |
106 Tage x 78 km x 0,30 EUR = |
2.480,40 EUR |
Verpflegungsmehraufwand: |
32 Samstage x 6 EUR = |
192,00 EUR |
Gesamtkosten: |
|
2.672,40 EUR |
Im Steuerbescheid vom 16. Juli 2004 gewährte das Finanzamt dem Kläger lediglich Werbungskosten in Höhe von 1.612,-- EUR (10 km x 0,36 EUR + 29 km x 0,40 EUR x 106 Tage). In den Erläuterungen des Steuerbescheides heißt es hierzu, dass die Fahrten zur Fortbildungsstätte nur in Höhe der Entfernungspauschale zu berücksichtigen seien, da der Dreimonatszeitraum für den Ansatz als Dienstreise bereits im Kalenderjahr 2000 abgelaufen sei. Infolge dessen könnten auch keine Mehraufwendungen für Verpflegung berücksichtigt werden.
Der hiergegen gerichtete Einspruch wurde durch Einspruchsentscheidung vom 21. April 2005 als unbegründet zurückgewiesen. Auf die Ausführungen des Beklagten in der Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.
Im Klageverfahren verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter, für die Fortbildungsmaßnahme Werbungskosten entsprechend den Grundsätzen für Dienstreisen zu berücksichtigen.
Unter Hinweis auf das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 27. August 2002 1 K 5930/01 E, veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte 2002, 1588, vertreten die Kläger die Ansicht, dass über den Zeitraum von drei Monaten seit Beginn der Fortbildungsmaßnahme hinaus Fahrtkosten zu den Beruflichen Schulen in A nach den für Dienstreisen geltenden Grundsätzen zu gewähren seien.
Die Kläger tragen vor, der Kläger habe weder eine mit seinem Arbeitgeber abgestimmte noch von diesem angeordnete Fortbildungsmaßnahme zum Werkzeugkonstrukteur besucht. Die Fortbildungsmaßnahme habe er vielmehr freiwillig neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit vorgenommen. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit von 40 Wochenstunden habe er zusätzlich in der Freizeit Fortbildung wahrgenommen. Die Fortbildung (16 Stunden) betrage lediglich 28,57 Prozent der Gesamtzeit seiner Tätigkeit. Aus diesem Grunde müsse die Fortbildungstätigkeit als von untergeordneter Bedeutung im Verhältnis zu seiner hauptberuflichen Tätigkeit angesehen werden. Infolgedessen sei entsprechend dem Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Mai 2004 VI R 70/98, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2004, 962, davon auszugehen, dass auch nach Ablauf von drei Monaten keine weitere Arbeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in den Beruflichen Schulen in A begründet worden sei. Nach Ablauf von drei Monaten seien daher für Fahrten zu der Fortbildungsmaßnahme weiterhin die Grundsätze für Dienstreisen anzuwenden.
Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 21. April 2005 und Abänderung des Einkommensteuerbescheides vom 16. Juli 2004 weitere 1.061,-- EUR als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen und die Einkommensteuer dementsprechend herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach Ansicht des Beklagten ist die Rechtsprechung des Finanzgerichts Münster inzwischen durch die Rechtsprechung des BFH überholt. Der BFH habe in seinem Urteil vom 29. April 2003 VI R 86/99, BStBl II 2003, 749 klar zum Ausdruck gebracht, dass bei einer über einen längeren Zeitraum gehenden Fortbildungsmaßnahme von einer regelmäßigen Arbeitsstätte auszugehen sei. Auch eine Bildungseinrichtung könne eine regelmäßige Arbeitsstätte sein. Für den vorliegenden Fall bedeute dies, dass nach Ablauf von drei Monaten die Bildungseinrichtung als regelmäßige weitere Arbeitsstätte des...