rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollschuld bei Fehlen einer Bewilligung zur Inanspruchnahme eines Verfahrens der passiven Veredelung
Leitsatz (redaktionell)
Fehlt eine Bewilligung zur Inanspruchnahme eines Verfahrens der passiven Veredelung, führt dies nicht zu einer Zollschuld nach Art. 204 Abs. 1b 1. Alt. ZK für die wiedereingeführten und zum zollrechtlich freien Verkehr (Verfahrenscode 6121) angemeldeten Veredelungserzeugnisse.
Normenkette
ZK Art. 85, 1 Nr. 13; ZK-DVO Art. 500; ZK Art. 204 Abs. 1b
Streitjahr(e)
2004
Tatbestand
Die Beteiligten streiten wegen einer Nacherhebung von Minderungsbeträgen, die bei der Differenzverzollung von in Ungarn in die passive Veredelung übergeführten und vorübergehend nach China ausgeführten, dort veredelten und in Deutschland wieder in die Europäische Union (EU) eingeführten und zum freien Verkehr abgefertigten Waren gewährt wurden.
Die in Ungarn ansässige Klägerin lässt Vormaterialien in China zu Handschuhen verarbeiten. Im Hinblick auf den Beitritt Ungarns zur EU am 01.05.2004 beantragte sie im Januar 2004 bei der für sie zuständigen Zollbehörde in Stadt A/Ungarn eine Bewilligung der passiven Veredelung von Leder und Pelzen vornehmlich des Kapitals 41 des Zolltarifs in Handschuhe der Positionen 4203 und 4302. Die am 23.01.2004 erteilte Bewilligung wurde am 30.04.2004 durch eine ab dem Beitritt Ungarns geltende und sich auf die passive Veredelung durch eine Schwesterfirma in China beziehende „Tätigkeitsbewilligung” ergänzt. Diese Bewilligung wurde gestützt u.a. auf die Art. 85–87 und 145–160 des Zollkodex (ZK) sowie die Art. 549–649 der Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZK-DVO). In räumlicher Hinsicht war diese Bewilligung „landesweit gültig”, und als „Herkunft/Zielland” wurde die Ungarische Republik bestimmt. Die Bewilligung hatte die Nummer HU .
Nach Feststellungen des Beklagten ließ die Klägerin in dem Zeitraum vom 04.09.2007 bis zum 17.11.2009 68 Sendungen mit Veredelungserzeugnissen aus China in Stadt B/Deutschland in das Zollgebiet der Gemeinschaft wiedereinführen und dort zum externen Versandverfahren abfertigen. Das Versandverfahren wurde jeweils bei dem Zollamt (ZA) Stadt C/Deutschland des Beklagten beendet, wo die Sendungen anschließend wie angemeldet zum freien Verkehr nach passiver Veredelung unter Gewährung des Minderungsbetrags abgefertigt wurden (Verfahrenscode 6121). Anmelderin war jeweils die Klägerin, die durch die Warenempfängerin, die Fa. X, Stadt D/Deutschland, vertreten wurde. Mit der Zollanmeldung wurde jeweils ein von der Zollstelle in Stadt A/Ungarn ausgestelltes Informationsblatt INF 2 vorgelegt. Wie die Wiedereinfuhr nach der Veredelung erfolgte auch die vorübergehende Ausfuhr der unveredelten Waren über das Hauptzollamt (HZA) Stadt B/Deutschland-Hafen – ZA 1 als Ausgangszollstelle.
Im Herbst 2009 erhielt die Klägerin im Rahmen einer Abfertigung den Hinweis, dass eine Differenzverzollung nach passiver Veredelung bei dem ZA Stadt C/Deutschland eine sog. einzige Bewilligung voraussetze. Mit Antrag vom 17.11.2009 auf Erteilung einer solchen Bewilligung wandte sich die Klägerin daraufhin an die Zollbehörde in Stadt A/Ungarn.
Eine einzige Bewilligung ist nach Meinung des Beklagten erforderlich, wenn – wie im Fall der Klägerin – Zollstellen in verschiedenen Mitgliedstaaten an einem Verfahren der passiven Veredelung mitwirken sollen. Er beruft sich hierfür auf die Art. 500 und 501 ZK-DVO sowie auf die früher in Art. 496 Buchst. c und heute in Art. 1 Nr. 13 ZK-DVO enthaltene Definition einer einzigen Bewilligung. Mit Schreiben vom 15.03.2010 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass aufgrund des Fehlens einer einzigen Bewilligung die gewährten Minderungsbeträge nacherhoben werden müssten. Er beabsichtige aber, zunächst das Verfahren zur Erteilung einer einzigen Bewilligung abzuwarten. Da sich dieses Verfahren hinzog, entschloss sich der Beklagte jedoch im August 2010, nicht länger zu warten, und teilte der Bevollmächtigten der Klägerin mit, dass für o.g. Sendungen die Einfuhrabgabenschuld nach Art. 204 Abs. 1 Buchst. b ZK entstanden sei. Mit Bescheid vom 27.08.2010 erhob der Beklagte die Minderungbeträge (nur Zoll-Euro) für die ersten 15 noch nicht verjährten Einfuhrvorgänge nach, d.h. die Einfuhren in den Monaten September bis November 2007. Insgesamt wurden 33.292,33 € Zoll nacherhoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, es sei zum Zeitpunkt der Abgabe der Zollanmeldungen von den ungarischen Zollbehörden keine einzige Bewilligung ausgestellt worden, die unstreitig für die Abfertigung der Waren zum Zollverfahren nach passiver Veredelung unter Inanspruchnahme der Zollminderung hätte vorgelegt werden müssen. In Höhe des Zollminderungsbetrags sei daher jeweils eine Zollschuld nach Art. 204 Abs. 1 Buchst. b ZK entstanden. Von der Nacherhebung werde vorerst nicht abgesehen, da der Irrtum des ZA Stadt C/Deutschland für die Klägerin erkennbar gewesen sei (Unterstreichung im Original). Die Klägerin sei bei der Abfertigung der in Rede stehenden Handelsg...