Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterbrechung der Ausbildungsplatzsuche durch Erwerbstätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
- Ergibt sich aus den Gesamtumständen des Falles, dass das Kind zwar die Absicht hat, seine Ausbildung später einmal fort zu setzen, stellt es dieses Ziel aber zu Gunsten anderer Bestrebungen (vorübergehend) zurück, um eine vertraglich abgesicherte Vollerwerbstätigkeit auf zu nehmen, entfällt die Kindergeldberechtigung, weil nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass die Fortsetzung seiner Ausbildung am Fehlen eines Ausbildungsplatzes scheitert.
- Unternimmt ein Kind das auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz ist und zwischenzeitlich eine Vollerwerbstätigkeit aufgenommen hat, keine ernsthaften Bemühungen, um einen zeitnahen Ausbildungsplatz zu bekommen, lässt dies auf die Unterbrechung der Ausbildung zwecks Gelderwerb schließen.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2 Nrn. 2a, 2
Streitjahr(e)
2000
Tatbestand
Der Kläger hat einen Sohn namens Sascha, der am 16.01.1980 geboren ist. Der Sohn hat seine Schulausbildung Anfang Juni 2000 mit der Erlangung der unein-geschränkten Hochschulreife beendet. Nach den in der Kindergeldakte befindlichen Unterlagen hat er sich bereits im Jahr 1999, dann im Frühjahr 2000 und zuletzt im Juli 2000 um einen Ausbildungsplatz oder einen Studienplatz bei verschiedenen Ausbildungsbetrieben und Hochschulen beworben
(Bl. 26 - 32, 46, 48 - 50, 56 und 57 KiG-A). Auf alle Bewerbungen hat er Absagen erhalten; die letzten Absagen gingen im September 2000 bei dem Sohn ein. Der Kläger hat diese Absagen auf den Umstand zurückgeführt, dass bei Abgabe der Bewerbungen die Einberufung seines Sohnes zum Wehrdienst noch nicht abschließend geklärt gewesen sei. Nach seinen Angaben ist sein Sohn am 29.08.2000 „tauglich mit Einschränkungen” gemustert worden. Der gegen diesen Bescheid eingelegte Widerspruch sei zurückgewiesen worden. Eine Einberufung sei bisher nicht erfolgt.
Der Sohn des Klägers hat sich am 13.07.2000 bei dem Arbeitsamt in Rüsselsheim als arbeitssuchend gemeldet. Dem Kläger ist daraufhin mit Bescheid vom 17.07.2000 ab Juli 2000 erneut Kindergeld bewilligt worden; dabei kam es für Juli 2000 zu einer Doppelzahlung des Kindergeldes. Mit Schreiben vom 13.08.2000 hat der Kläger der Beklagten (der Familienkasse) mitgeteilt, dass Sascha ab dem 01.08.2000 eine Tätigkeit aufgenommen habe, die er bis zum Studien- bzw. Ausbildungsbeginn im Jahr 2001 ausüben werde. Auf den Wort-laut dieser Mitteilung vom 13.08.2000 wird Bezug genommen (Bl. 39 KiG-A). Auf weitere Nachfragen der Familienkasse hat der Kläger erklärt, sein Sohn bemühe sich auch weiterhin um einen Ausbildungs- oder Studienplatz; wegen des damals noch offenen Widerspruchsverfahrens gegen den Musterungsbescheid strebe er aber einen Studien- bzw. Ausbildungsbeginn zum zweiten Halbjahr 2001 an (Bl. 55 KiG-A).
Die Familienkasse hat aus diesen Mitteilungen geschlossen, dass der Kläger weiterhin Kindergeldberechtigt sei, weil sein Sohn im Jahr 2000 eine Berufsausbildung mangels eines Ausbildungsplatzes nicht beginnen könne. Es hat den Kläger daher aufgefordert, die Einkünfte und Bezüge mitzuteilen, die Sascha im Jahr 2000 voraussichtlich erhalten werde. Aus den eingereichten Unterlagen hat die Familienkasse einen Gesamtbetrag der Einkünfte und Bezüge des Sohnes von 18.475,-- DM errechnet und dem Kläger daraufhin mitgeteilt, dass ihm im Jahr 2000 für seinen Sohn kein Kindergeld mehr zustehe.
Außerdem hat die Familienkasse die Rückforderung des gezahlten Kindergeldes in Höhe von 2.430,-- DM angekündigt; in diesem Betrag war auch die Doppelzahlung des Kindergeldes für den Monat Juli 2000 enthalten. Der Kläger hat sich in seiner Antwort bereit erklärt, das Kindergeld für Juli und August in Höhe von 540,-- DM zurückzuzahlen; im Übrigen hat der die Forderung der Familienkasse für unbegründet gehalten.
Mit Bescheid vom 21.11.2000 hat die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2000 aufgehoben und vom Kläger Kindergeld in Höhe von 2.430,-- DM für die Monate Januar - August 2000 zurückgefordert. In diesem Betrag war auch die Doppelzahlung des Kindergeldes für den Monat Juli enthalten. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Einspruch eingelegt, mit dem er die Rückforderung des Kindergeldes für die Monate Januar - Juli 2000 beanstandet hat. Zuvor hatte er bereits die Rückzahlung des Kindergeldes für die Doppelzahlung im Juli und für August 2000 angekündigt. Der Einspruch ist mit Einspruchsentscheidung vom 18.04.2001 zurückgewiesen worden. Dagegen richtet sich die vorliegende Klage.
Zugleich mit der Klage hat der Kläger auch einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Rückforderung bei Gericht gestellt. Diesem Antrag hat das Gericht mit Beschluss vom 06.07.2001 - 3 V 2022/01 -, auf den Bezug genommen wird, entsprochen.
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, aufgrund der sich abzeichnenden Probleme bei der Ausbildungs- und Studienplatzsuche habe sein Sohn ab August 2000 eine Arbeit aufgenommen, um den Ausgang des Widerspruchsver...